Abwechslungsreiche Debatten prägten die Sitzung des Umweltausschusses am 6. 3. 2024. Aufschlußreich für die herrschenden Machtverhältnisse war die unterschiedliche Behandlung von zwei Anträgen. Von E. Noldus.

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Lärmsanierung der DB in Oberhausen.

Ein Vertreter der Deutschen Bahn hielt einen Vortrag über den Sachstand der Lärmsanierungsmaßnahmen im Rahmen der Umsetzung eines Bundesprogramms für Maßnahmen zur Lärmsanierung an Eisenbahnstrecken. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Lärmsanierung und Lärmvorsorge. Bei „Lärmsanierung“ handelt es sich um freiwillige Leistungen des Bundes, bei der „Lärmvorsorge“ seien es gesetzlich verpflichtende. Es handelt sich also nicht um Unterscheidungen bei praktischen Maßnahmen, sondern bei der Finanzierung.

Ein weitere Unterscheidung sei die zwischen passiven und aktiven Maßnahmen. Aktive Maßnahmen seien sofort zu erkennen; wie z. B. Lärmschutzwände. Passiv seien beispielsweise an anliegenden Wohnhäusern Lärmschutzfenster oder Belüftungen. Für Oberhausen gebe es aktuell drei Projekte, von denen bereits zwei an Baufirmen vergeben wurden, mit einer Gesamtlänge von 14 Kilometern an Lärmschutzwänden. 2029 sei mit der Fertigstellung zu rechnen.

Besonders gefragt waren Einzelheiten der Lärmsanierung in Borbeck, bis der Ausschußvorsitzende mit der Bemerkung abbrach, man müsse nicht bis in die Details gehen. Grundsätzlich, so auf Nachfrage des CDU-Vertreters Ingendoh, erfolge im Rahmen begleitender Maßnahmen der Einbau von Lärmschutzfenstern bei den betroffenen Anwohnern; und zwar im Nachgang der Lärmsanierung.

Im Bereich Grafenbusch ist die Sanierung aufgrund einer Höhenlage absehbar besonders teuer. Bei der Finanzierung der Maßnahmen spielen jeweils die konkreten Förderrichtlinien eine Rolle, die u.a. auch einen Kosten-Nutzen-Faktor beinhalten.

Herr Lenz CDU) warf die Frage auf, ob die Lärmsanierung eventuell mit bestehenden Radschnellwegen entlang der geplanten Lärmschutzwände nicht vereinbar sei. Die Wände verlaufen laut Planungen in einem Abstand von 3,8 Metern neben der Radstrecke, wodurch eine Gefährdung ausgeschlossen sei. Sollte dies der Fall sein, wären die Radschnellwege ohnehin zu nahe an der Strecke.

Alternative Kraftstoffe – HVO-100.

Zur „Betankung städtischer Fahrzeuge mit alternativen Kraftstoffen (wie zum Beispiel HVO-100 – „Hydrotreated Vegetable Oil“)“ legte die Verwaltung einen interessanten Bericht (M/17/4549-01) vor. In der Debatte standen allgemeine Fragen zur Infrastruktur im Vordergrund. Aus den Erläuterungen des Dezernenten Jehn geht hervor, daß die WBO über eine eigene Tankstelle mit einem Depot verfügt und daß Rettungsfahrzeuge im Katastrophenfall Kraftstoffe aus den Depots der Stadt beziehen können. Interessant ist die Feststellung des Dezernenten, daß die Einsatzfähigkeit der Fahrzeuge im Mittelpunkt stehen müsse und im Bereich E-Mobilität negative Erfahrungen gemacht worden seien.

Herr Bandel (CDU) sah Erfolge bei der Verwendung des alternativen Kraftstoffes, denn es werde 90% CO2 eingespart und man könne die Fahrzeuge bei Knappheit wieder mit Diesel betanken. Es sei wichtig, beim Nutzenfaktor nicht nur zwischen Diesel und HVO-100, sondern auch mit E-Mobilität zu vergleichen.

Die letzte Anmerkung bezieht sich offenbar auf der Feststellung in der M-Vorlage, daß HVO-100 im Vergleich zu Diesel wesentlich teurer sei: Die Preisdifferenz zwischen HVO-Treibstoffen und dem Diesel-Preis lag zum Jahresende 2023 bei ca. 27,37% (1,319 €/l Diesel netto zu 1,68 €/l HVO netto). Tendenziell sei von einer weiter steigenden Preisdifferenz (!) auszugehen.

Das Argument der CO2-Einsparung veranlaßte Herrn Rudi (LINKE) zu der berechtigten Frage, ob bei der CO2-Bilanz auch der CO2-Ausstoß, welcher durch den Import aus Südamerika entsteht, berücksichtigt sei.

Wir können an dieser Stelle nicht näher auf diese Fragen eingehen, aber es ist deutlich, daß die CO2-Bilanz immer stark von den Voraussetzungen, die der Berechnung zugrunde liegen, beeinflußt wird. Man sollte sich stattdessen an betriebswirtschaftliche Kalkulationen halten und die Treibstoffart wählen, die am billigsten ist.

Kenntnisnahmen der Berichte.

Der Ergebnisbericht im Rahmen der Bürgerbefragung zum Thema „Sport und Freizeit“ (M/17/4455-01) basierte auf Daten, die von Januar bis Mai 2023 erhoben worden waren. Herr Bandel (CDU) stellte angesichts der Rücklaufquote (Beteiligung an der Umfrage) von 0,4 Prozent die Frage nach dem Sinn des Berichtes, der zudem keine Handlungsgrundlage bilden könne. Im Sozialausschuß habe es keine Wortbeiträge zu diesem Bericht gegeben. Sprachlich gewandt, erklärte der Dezernent Jehn, eine höhere Datendichte sei wünschenswert.

Ein weiterer Bericht (M/17/4454-01) betraf den Vollzug der Baumschutzsatzung auf Privatgrundstücken für das Jahr 2023. Die GRÜNEN-Vertreterin Dresen fragte nach, ob es eine Dunkelziffernerhebung gebe. Auch mit dem Wegfallen der Genehmigungspflicht zur Fällung nicht geschützter Bäume müßten diese erhalten bleiben. Herr Bandel (CDU) merkte dazu an, die Änderung der Baumschutzsatzung diente einer Entlastung der Verwaltung.

Dezernent Jehn erklärte, man stünde in Gesprächen mit Betroffenen; und diese Gespräche dienten auch dem Erhalt der Bäume, woraufhin Frau Dresen eine Erfassung der Gespräche wünschte.

Nicht beantwortet wurden Fragen, wie viele Ersatzpflanzungen vorgenommen würden (Herr Rudi – LINKE) bzw. wie viel Geld für Ersatzpflanzungen zur Verfügung stünde (Herr Flore – SPD).

Anläßlich der Vorstellung des Berichts „Super Sauber Oberhausen Frühjahrsputz 2024“(M/17/4543-01) wünschte sich der Ausschußvorsitzende Dr. Schröer-Tebbe, daß am 13 März möglich viele Mitglieder des Umweltausschuß bei der Eröffnung des Frühjahrsputzes anwesend seien. Der Ausschuß nahm die Vorlage ohne weitere Wortmeldungen zur Kenntnis.

Der Bericht über die „Sicherheitsmaßnahmen nach dem Fund einer Weltkriegsbombe im Bereich des Sterkrader Bahnhofs vor deren Entschärfung“ (A/17/4589-01) kam formal als Beantwortung eines SPD-Antrages vom 21. 2. 2024 daher. Neben dem allgemeinen Lob des Ausschusses für die Einsatzkräfte gab es einen Bericht des Dezernenten Jehn, der die gute Zusammenarbeit mit der Presse lobte. 570 Einsatzkräfte mit 159 Fahrzeugen seien vor Ort gewesen. Der Dezernent erläuterte auch den Unterschied der Maßnahmen bei 5-Zentner- und 10-Zentner-Bomben. Bei einer 5-Zentner-Bombe betrage der Evakuierungsradius 500 Meter bzw. in bezug auf den Fundort 1.000 Personen, bei einer 10-Zentner-Bombe 1.000 Meter und 4.000 Personen. Hier hätte man das Glück gehabt, nur eine 5-Zentner-Bombe gefunden zu haben, da andernfalls die Maßnahmen viel umfangreicher gewesen wären.

Technisches zu zwei Anträgen.

Zu Beginn der Sitzung gab es eine Debatte, ob der Antrag der LINKEN „Kein Verkauf vom Sterkrader Wald“ (A/17/4609-01) überhaupt auf der Tagesordnung verbleiben solle. Wegen technischer Probleme war der Zugriff auf das elektronische Ratsinformationssystem zeitweise ausgefallen, weshalb eine Mehrheit des Ausschusses behauptete, die Vorbereitung auf diesen Antrag sei nicht gewährleistet gewesen und dessen Herausnahme bestimmte.

LINKEN-Vertreter Rudi wehrte sich vergebens gegen diesen Eingriff in seine (bzw. der Fraktion) Rechte. Wir können bestätigen, daß – wie schon der FDP-Vertreter Baum in der Sitzung festgestellt hatte, der Antrag am 1. März der AfD und damit wohl auch den anderen Fraktionen zugegangen ist. Fristwahrend ist die Freigabe im Ratsinformationssystem; und es besteht kein Grund, an der Richtigkeit des Antragsdatums – 27. 2. 2024 – zu zweifeln.

Keine Einwände hingegen gab es bei dem SPD-Antrag A/17/460-01 mit seiner Auflistung von Fragen „zum Thema Ruhrdeich anläßlich der jüngsten Hochwasserereignisse und geplanter Sanierungen“. Im „Beschlußvorschlag“ bat der Antragsteller „um Beantwortung des hier vorgelegten Fragenkatalogs“.

In der Debatte hatte der CDU-Vertreter Bandel erklärt, die Fragen seien gut und berechtigt. Die Frage „Kann das Risiko für die Bürger solange akzeptiert werden oder sind Sofortmaßnahmen nötig?“ deute eine permanente Bedrohungslage an. Die CDU werde dem Antrag nur nach deren Streichung zustimmen. Herr Flore (SPD) erklärte sich zur Herausnahme bereit, wenn die Frage in der aktuellen Sitzung beantwortet werde. Dr. Palotz erklärte, es seien keine Sofortmaßnahmen nötig. Danach stimmte der Ausschuß dem Antrag einstimmig zu.

Interessant sind die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Rates in § 4 Anträge zur Sache“:

(1) Jede Fraktion, jede Gruppe und jede/r Stadtverordnete ist berechtigt, zu jedem Punkt der Tagesordnung Anträge zu stellen, um eine Entscheidung des Rates in der Sache herbeizuführen (Anträge zur Sache). Anträge zur Sache sind

  1. Anträge auf Beschlußfassung durch den Rat sowie
  2. Änderungsanträge zu Tagesordnungspunkten oder zu den in Nr. 1 genannten Anträgen.

(2) Anträge nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 können sich auf Beratungsgegenstände ohne Beschlußvorschlag beziehen und z. B. Prüfaufträge, Maßgaben, Anregungen etc. enthalten. Sie können bis spätestens sieben Tage vor dem Sitzungstermin bei der Oberbürgermeisterin/ dem Oberbürgermeister schriftlich eingebracht werden. Die Anträge müssen einen Beschlußvorschlag enthalten.

Wir halten es zumindest für diskussionswürdig, ob dieser SPD-Antrag wegen des fehlenden Beschlußvorschlages den formalen Anforderungen genügt. Umgekehrt hat die Ausschußmehrheit dem Antragsteller der LINKEN technische Probleme des Ratsinformationssystems zur Last gelegt und unter mehr als fadenscheinigen Gründen deren Antrag von der Tagesordnung genommen.

Wir erinnern an die Feststellung, die der CDU-Politiker Lammert in der Veranstaltung „Eine Frage des Vertrauens“ am 5. März im Ratssaal gegen Ende seines Vortrages getroffen hatte:

Als ein wesentlicher Aspekt der Grundhaltung von Demokraten gelte die Bereitschaft, die selbst gesetzten Regeln für wichtiger zu nehmen als die Verfolgung der eigenen machtpolitischen Ziele.