Im Rahmen des Stadterneuerungsprojektes „Sozialer Zusammenhalt Oberhausen Brückenschlag“ soll der Altmarkt umgestaltet werden. Darüber gab es in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vom 6. 11. 2023 eine kontroverse Debatte. Von E. Noldus.

Der Text als pdf-Datei: 20231112b_HFA_20231106_II_ges

Für und Wider des „Gastrodecks“.

Unter TOP 11 der HFA-Sitzung vom 6. 11. 2023 gab es eine längere und zum Teil sehr kontrovers geführte Debatte, die wir nicht nur wegen des Umfanges aus dem ersten Bericht herausgenommen haben. Für das Stadterneuerungsprojekt „Sozialer Zusammenhalt Oberhausen Brückenschlag“ hatte die Verwaltung einen Beschluß zur (baulichen) Umsetzung des vorliegenden Vorentwurfs zur Revitalisierung des Altmarkts in Alt-Oberhausen inklusive der Bereitstellung der notwendigen Haushaltsmittel sowie der Durchführung der weiteren, erforderlichen Planungsleistungen (B/17/4007-01) zur Beratung vorgelegt. Dazu gab es einen Änderungsantrag der GRÜNEN unter der Nummer A/17/4141-01.

Hinweis: Aus technischen Gründen sind nur in der pdf-Fassung dieses Artikels die Vorlagen B/17/4007-01 und A/17/4141-01 enthalten.

In der Debatte kritisierte Frau Opitz (GRÜNE) unter Bezugnahme auf den Änderungsantrag, daß die Weite des Altmarkt-Platzes durch das Gastrodeck optisch immens beeinträchtigt wird. Zudem sei auch dessen Zielsetzung trotz dieser Vorlage nicht klar. Das Gastrodeck habe keine Bühnenfunktion; wer könnte diese Bühne nutzen und wie würde die Gastronomie durch das Gastrodeck gestört?!

Ferner solle durch das Gastrodeck eine soziale Kontrolle bestimmter Personengruppen gewährleistet sein, indem man sie verdrängt. Das gehe nicht ohne Behandlung in den zuständigen Ausschüssen. Aus diesen Gründen habe man einen Änderungsantrag formuliert, der das Gastrodeck herausstreicht, sich aber mit dem übrigen Konzept einverstanden erklärt.

Herr Real (SPD) versuchte, aus der Erinnerung Dr. Palotz im letzten Stadtplanungs- und Mobilitätsausschuß [26. 10. 2023] zu zitieren: Man müsse keine Angst haben, daß „nächste Woche die Bagger rollen“. Es handele sich um einem Vorentwurf. Man beauftrage hier die Verwaltung, daraus einen Endentwurf zu machen, der dann durch die Ausschüsse, entsprechend den GRÜNEN, gehen würde. Daher gebe es keinen Grund, dem Änderungsantrag zuzustimmen.

Baudezernent Dr. Palotz merkte an, dem von Herrn Real gebrachten Zitat sei nichts hinzuzufügen.

Herr Hoff (FDP) erklärte daraufhin, der Themenbereich gestalte sich doch etwas diffus, denn in der Vorlage stehe: „Der Rat der Stadt beauftragt die Verwaltung den qualifizierten Vorentwurf umzusetzen.“ „Umsetzen“; man treffe doch eine Entscheidung, das habe doch eine gewisse Tragweite. Daher möchte er bis zur Ratssitzung weitere Informationen einholen und hier ohne Votum vorberaten.

Herr Karacelik (LINKE) wollte ebenfalls ohne Votum vorberaten. Frau Opitz habe vorher darauf hingewiesen, daß bestimmte Personengruppen – die Trinkerszene – diskriminiert werden. Weiter unten in der Vorlage heiße es:

Durch die Bewirtschaftung des zusätzlichen Gastronomiebereichs auf dem Platz, wird der untere Teil des Altmarkts einer sozialen Kontrolle unterworfen, wodurch sich eine unkontrollierte Inanspruchnahme des Ortes durch bestimmte Personengruppen vermeiden ließe.“

Was sei der Sinn dieses Vorgehens; hier in dieser Vorlage würden zweimal diese Personen diskriminiert und er bitte die Verwaltung, künftig von solchen Formulierungen Abstand zu nehmen.

Dezernent Dr. Palotz wies den Vorwurf der Diskriminierung – den Ausdruck werde man in der Vorlage nicht finden – zurück, denn die Darlegungen entsprächen den gemachten Erfahrungen gerade in den letzten Monaten, die bei der Umgestaltung des Platzes einfließen sollten. Man habe beim Jobcenter am Altmarkt eine Sitzgelegenheit installiert, um dort diesen Verkehrsversuch zu untermauern. Es ergaben sich massive Beschwerden, daß sich bestimmte Personenkreise dort lange aufhielten. Die Einrichtung, welche die Stadt dort aufgestellt hatte, war nicht für den längerfristigen Aufenthalt gedacht, sondern nur für den kurzfristigen. Wenn man bestimmte Aufenthaltsqualitäten anbiete, so habe man sich daher bei der Verwaltung gedacht, müsse man dafür Sorge tragen, dieser Entwicklung entgegenzutreten. Man habe mit dem Wirt des Gdanska gesprochen, daß er sicher einen Teil der Fläche für seine eigene Gastronomie nutzen werde, aber er übe über die gesamte Fläche eine soziale Kontrolle aus. Das soll den gemachten Erfahrungen der letzten Monate ein Stück weit Rechnung tragen.

Herr Bruckhoff (BOB) erklärte, in der Sitzung der Bezirksvertretung Alt-Oberhausen [25. 10. 2023] habe der Dezernent auf seine Frage nach der Bühne geantwortet, das sei noch nicht in Stein gemeißelt. Man stolpere aber über Punkt A der Vorlage, der Verwaltung den Auftrag zu geben, diesen qualifizierten Vorwurf umzusetzen; da müsse er seinem Kollegen Hoff Recht geben. Das sei doch irgendwo eine mißverständliche Formulierung, wenn der Dezernent sage, das sei alles noch offen. Die Bühne erscheine ziemlich groß geraten, wenn man die Skizze betrachte. Wie die GRÜNEN auf die Bühne verzichten, möchte er allerdings nicht: „Die Bühne finden wir gut, die Größe aber nicht.“ Darüber müsse man noch reden. Dann paßt aber dieser Punkt A nicht; nämlich den Entwurf so umzusetzen, wie er vorgeschlagen worden ist.

Dezernent Dr. Palotz berief sich auf die Wortmeldung von Herrn Real, er – Dr. Palotz – habe im Planungsausschuß in Aussicht gestellt, man werde mit dieser Vorlage noch in den Beirat für Menschen mit Behinderung und in den Sozialausschuß gehen. Die Vorlage hier sei eine erste gutachterliche Vorentwurfsplanung, den man weiter qualifizieren werde, man werde über die Einzelheiten (wie die Größe und Ausstattung des Podestes usw.) Informationen sammeln und gerne den Ausschuß damit noch beschäftigen.

Frau Opitz (GRÜNE) fragte nach, warum dann nicht in der Vorlage stehe, daß diese noch in den Beirat für Menschen mit Behinderung und in den Sozialausschuß geht.

Dr. Palotz begründete das damit, das sei ursprünglich nicht geplant gewesen, aber erst von den GRÜNEN im Planungsausschuß so vorgeschlagen worden. Diesen Hinweis nehme man natürlich auf.

Herr Kempkes (AfD) stellte die grundsätzliche Frage, wohin – Bühne oder nicht – die Reise gehe. Der Marktplatz sei einst als Wirtschaftsstandort gewesen, der aber aus allgemein bekannten Gründen so nicht mehr funktioniere. Nun wolle man den Wirtschaftsstandort aufgeben und in den Bereich Freizeit und Entertainment übergehen. Damit werde man den Wirtschaftsstandort Alt-Oberhausen schwächen.

Ein weiterer Aspekt wäre, ob man das Gdanska subventionieren wolle. Es sei offensichtlich, daß man dem Gdanska eine schöne Showbühne hinstelle, damit dort noch mehr Events stattfinden könnten. Es könne nicht die Aufgabe einer Kommune sein, einen Betrieb zu fördern . Er wisse, die Sympathien des Stadtkämmerers für das Gdanska seien „sehr sehr groß und ausgeprägt“. Das Gdanska erhalte nicht zum ersten Mal eine Förderung – genannt seien nur die Zelttischgarnituren, die man dort ausleihen könne.

Habe sich das Gdanska zu einem VEB Kombinat Gastro entwickelt, daß man hier fördern wolle; und wo solle das hingehen? Es sei offensichtlich, daß man mit einer Bühne vor diesem Unternehmen die Chancen anderer Gastronomen auf diesem Markt schwäche.

Dezernent Tsalastras wollte darauf hinweisen, daß er es langsam leid sei, Dinge zu hören, die in der Realität nicht stimmen. Das Gdanska werde wie alle Kultureinrichtungen und Veranstalter, wenn es Förderanträge stelle, behandelt; nicht bevorzugt und nicht benachteiligt. Weiter: Die Biertischgarnituren, die das Gdanska anderen zur Verfügung stelle, damit habe man (als Stadt) nichts zu tun; die gehörten der Stadt nicht. Er verstehe den Zusammenhang nicht, der hier hergestellt werde. Wenn das Gdanska eigene Biertischgarnituren zur Verfügung stelle, sei das eine Angelegenheit des Gdanska. Was habe das mit den Förderungen der Stadt zu tun?! Hier werde ein Zusammenhang hergestellt, den finde er, ehrlich gesagt, schwierig, um freundlich das zu formulieren. Und es werde ein Eindruck erweckt, der in der Realität nicht stimme, und das weise er von sich. Überhaupt – er wisse gar nicht, wann er das letzte Mal dagewesen sei; das sei schon lange her.

Dr. Palotz bezeichnete sich als „unverdächtig“, dem Gdanska irgendwelche Vergünstigungen zukommen zu lassen. Was aber niemand bestreiten könne: das Gdanska sei der Frequenzbringer für den Altmarkt, und andere gastronomische Angebote dort seien ihm nicht bekannt, die geschwächt werden könnten, wenn man dem guten gastronomischen Angebot des Gdanska einen guten Sockel, eine gute ökonomische Basis verschaffe.

Der Altmarkt, wie er ihn beobachte, immerhin schon zwei Jahre, sei eigentlich nicht als Wirtschaftsstandort anzusprechen. Beim Wochenmarkt gebe es nicht mehr als zwei oder vier Stände. Das als Wirtschaftsstandort zu bezeichnen, das mag in der Vergangenheit so gewesen sein, aber heute nicht mehr. Also müsse man neue Konzepte entwickeln. Das Konzept, welches der Vorlage hier zugrunde liegt, sei, das zu stärken, was da ist. Dazu gehöre, die Außengastronomie von dem Verkehr an der Platzkante herauszunehmen und die Außengasgastronomie zu stärken und auszubauen. Das mit öffentlichen Aspekten zu bereichern, sei ein total nachvollziehbarer und guter Ansatz. Die Mittel, die man hier anwende, zum größten Teil auch Fördergelder, seien vor dem Hintergrund dieses Aspektes vertretbar. Wirtschaftsstandort Altmarkt, schön wäre es, wenn es wieder so werde, den sehe er mit Blick auf den Wochenmarkt im Augenblick nicht.

Damit endete die Debatte zu diesem Punkt der Tagesordnung, eine Abstimmung in der Vorberatung fand nicht statt.



Anlagen:

  1. TOP 11: Stadterneuerungsprojekt „Sozialer Zusammenhalt Oberhausen Brückenschlag.“ Hier: Revitalisierung Altmarkt Beschluss zur (baulichen) Umsetzung des vorliegenden Vorentwurfs zur Revitalisierung des Altmarkts in Alt-Oberhausen inklusive der Bereitstellung der notwendigen Haushaltsmittel sowie der Durchführung der weiteren, erforderlichen Planungsleistungen (B/17/4007-01).

  2. TOP 11.1 Änderungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN gemäß § 4 der Geschäftsordnung für den Rat der Stadt zur Drucksache (B/17/4007-01): „Sozialer Zusammenhalt Oberhausen Brückenschlag.“ Hier: Revitalisierung Altmarkt Beschluss zur (baulichen) Umsetzung des vorliegenden Vorentwurfs zur Revitalisierung des Altmarkts in Alt-Oberhausen inklusive der Bereitstellung der notwendigen Haushaltsmittel sowie der Durchführung der weiteren, erforderlichen Planungsleistungen (A/17/4141-01).