Die HFA-Sitzung vom 13. März war durch lebhafte Debatten über ein nebensächliches Thema geprägt. Dazu die üblichen Beschwerden über die Kosten beim Umbau des Ratssaales. Von E. Noldus.

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Was passiert mit dem Möbelhaus Finke?

Das vormalige Möbelhaus Finke in Sterkrade steht seit Jahren leer. Um Bewegung in die Sache zu bringen, reiste die Stadtspitze nach Parsdorf bei München, um mit dem Eigentümer Stegmüller über dessen Pläne zu sprechen. Der Oberbürgermeister berichtete, man habe konstruktive Gespräche geführt und ermittelt, daß der Eigentümer eine Wohnbebauung plant. Im Sommer 2023 möchte man sich erneut treffen, um die bis dahin erfolgten Planungen zu besprechen. Herr Real (SPD) drängte, daß die Stadt eine geeignete Bebauung „sicherstellt“. Frau Stehr (CDU) war „aus politischer Sicht“ froh darüber, daß nachgefaßt wurde. Sie dankte der Verwaltung, daß die Gespräche „zu einem solchen Ergebnis geführt haben.“ Nun müsse man abwarten, welche Planungen im Sommer vorgelegt werden.

Die Reise hat also lediglich das Ergebnis gebracht, daß der Eigentümer eine Wohnbebauung plant und voraussichtlich im Sommer 2023 einen Entwurf vorlegt. Definitive Zusagen hat es allerdings nicht gegeben und es ist fraglich, wie sehr die Wünsche der Stadt berücksichtigt werden.

Die Decathlon-Ansiedlung.

Baudezernent Dr. Palotz berichtete von einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster vom 27. 2. 2023. Es seien folgende Ergebnisse festzustellen:

Das von der Stadt Bottrop angestrengte Normenkontrollverfahren hat dazu geführt, daß der Bebauungsplan 27 für unwirksam erklärt wurde. Der Sportfachmarkt sei ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb mit zentrenrelevantem Kernsortiment. Das OVG hat festgestellt, daß solche „Sondergebiete“ nur in (!) bestehenden oder neu geplanten zentralen Versorgungsbereichen ausgewiesen werden dürfen. Hier handele es sich um eine Erweiterung des „Hauptzentrums Neue Mitte“, die einer Neuplanung gleich käme. Das OVG hat erläutert, warum die baurechtlichen Voraussetzungen für eine solche Neuplanung nicht vorliegen.

Die Stadt Bottrop hat negative Auswirkungen auf die eigenen Sportfachgeschäfte befürchtet. Demgegenüber hat das OVG nun festgestellt, daß durch die Ansiedlung des Sortiments keine Auswirkungen auf den Bottroper Einzelhandel zu sehen seien.

Weiterhin stellte der Baudezernent fest, das Stahlwerksareal sei nach § 34 Baugesetzbuch zu beurteilen, wobei dieser Bereich durch einem Bebauungsplan erschlossen wird. Für den Rest des Geländes ist der Masterplan Neue Mitte mit neuen Bauleitplanungen vorgesehen.

Dr. Palotz stellte abschließend fest, daß sich durch das Urteil keine Änderungen im zeitlichen Ablauf ergeben. Tatsächlich hat das OVG die Revision jeweils nicht zugelassen, jedoch kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.1 Nach § 133 der Verwaltungsgerichtsordnung hat die Nichtzulassungsbeschwerde allerdings aufschiebende Wirkung; sie „hemmt die Rechtskraft des Urteils“.

Spiegelfechtereien über die Zuständigkeitsordnung.

Anläßlich der Vorlage B/17/2809-01 zu „Änderungen der Zuständigkeitsordnung für die Ausschüsse des Rates“ entzündete sich eine schwer nachzuvollziehende Debatte, da die Hauptbeteiligten das Thema offenbar intern ausdiskutiert hatten. Im Jahre 2022 war es einige Male vorgekommen, daß Fachausschüssen erst nach der erfolgten Beschlußfassung im Rat die Vorlagen zur Begutachtung vorgelegt worden waren. Damit wird das Ausschußsystem, welches ja konzeptionell die Ratsentscheidungen durch fachliche Stellungnahmen vorbereiten soll, ad absurdum geführt.

Aus diesem Grunde hatte die SPD Änderungen der Zuständigkeitsordnung vorgeschlagen, die in Form einer Vorlage im Stadtplanungs- und Mobilitätsausschuß und in den Bezirksvertretungen vorberaten bzw. angehört worden war. Plötzlich entdeckte der Antragsteller, daß die Änderungen die Bezirksvertretungen möglicherweise benachteiligten: Sollten diese erste nach dem Stadtplanungs- und Mobilitätsausschuß tagen, würden sie keine Gelegenheit mehr haben, ihre aus bezirklicher Sicht anzubringenden Stellungnahmen und Vorschläge vor der Entscheidungsfindung vorzutragen.

Wir können, offen gesagt, diese technischen Details nicht vollständig nachvollziehen, zumal ja der Initiator, die SPD, damit offensichtlich auch überfordert war. Die CDU hatte ihrerseits bereits Zustimmung signalisiert und stellte plötzlich fest, daß diese Zustimmung als ein Übergehen der Interessen der Bezirksvertretungen aufgefaßt wurde. Die Debatte verlief daher hitzig, obwohl die Sache selbst eine trockene Materie darstellt, wo man sich in vergleichbaren Fällen auf die Skizzierung von Rahmenbedingungen beschränkt und im übrigen der Fachverwaltung die Umsetzung in Form einer Beschlußvorlage überläßt. Als erstes trat der Anwalt der Bezirksvertretungen – so jedenfalls war der Eindruck – auf den Plan.

Herr Real (SPD) betonte, als Bezirksvertreter zu sprechen. Er legte dar, daß die Tagesordnungen der Bezirksvertretungen zu etwa 50 Prozent aus Anhörungen bestehen. In den einzelnen Fachausschüssen werde dann über die dabei vorgebrachten Anregungen beraten. Wenn, wie in der Vorlage geplant, die Bezirksvertretungen hinter die Ausschüsse eingesetzt werden, beraubt man jene ihrer Wirkungsmöglichkeiten und braucht dann eigentlich keine selbständig gewählten Bezirksvertretungen. Er als Bezirksbürgermeister weise darauf hin, daß die von den Bürgern selbständig gewählten Bezirksvertretungen keine Fachausschüsse des Rates seien, sondern eigenständig. Während die Punkte 7 bis 11 der Vorlage normale redaktionelle Änderungen beträfen, stellten die Änderungen unter 2.4 und 2.2 aus der Sicht der SPD ein grundsätzliches Problem dar.

Frau Stehr (CDU) erklärte ausführlich, warum sie sich aufregte. Es handelte sich schließlich um einen SPD-Vorschlag, den man unterstützt habe; und plötzlich heiße es, „Ihr seid dagegen!“ Es habe über die Bearbeitung des Sitzungskalenders zwei Abstimmungen im Ältestenrat gegeben, weshalb sie die Haltung der SPD nicht nachvollziehen könne.

Herr Real (SPD) stellte fest, er vertrete die Bezirksvertretungen und für ihn sei der Ältestenrat für dieses Thema nicht relevant. Die Bezirksvertretung habe das Recht, eigenständig zu sein.

Frau Stehr (CDU) legte nochmals eingehend dar, daß der neue Sitzungskalender und die Vorlage jeweils zwei Mal ohne Gegenrede zur Kenntnis genommen worden sind.

Frau Bongers (SPD) wies einige der in diesem Zusammenhang getätigten Anmerkungen Frau Stehrs zurück und betonte, man habe im Ältestenrat den Wunsch geäußert, daß die Fachausschüsse vorberaten und nicht nach der Ratssitzung lediglich „zur Kenntnis nehmen“. Das sei das Ziel des SPD-Antrages gewesen, aber man habe erst vor zwei Wochen bei einer genaueren Prüfung die nachteiligen Konsequenzen für die Bezirksvertretungen erkannt.

Herr Hoff (FDP) bemerkte, daß beide Seiten jeweils „valide Punkte“ vorgebracht hätten. Das Argument „zuerst die Bezirksvertretung, dann die Ausschüsse“ sei valide. Das Argument, man habe zweimal auf die Vorlage schauen können, sei ebenfalls valide.

Herr Kempkes (AfD) stellte fest, daß hier die Auffassungen sich stark gegenüberstünden und eine Annäherung nicht zu erwarten sei. Er meldete Beratungsbedarf an. Damit wird nach allgemeiner Auskunft eine Abstimmung über die Vorlage ausgesetzt.

Der Oberbürgermeister versuchte, ein Zwischenergebnis der Debatte festzuhalten: Die Änderungen in den Zuständigkeiten des Stadtplanungs- und Mobilitätsausschusses seien Konsens. Die Reihenfolge der Sitzungen von Ausschüssen und Bezirksvertretungen sei nicht Konsens. Für die Reihenfolge gebe es zwei Möglichkeiten:

Entweder setze man den Planungsausschuß auf den Freitag vor die Sitzungswoche der Bezirksvertretungen. Oder man setze die Bezirksvertretungen vor den Planungsausschuß.

Man könne das Thema nochmals in der Sitzung des Ältestenrates unmittelbar im Anschluß an diese Sitzung erörtern. Dieses Jahr werde man eventuell den Sitzungskalender nicht mehr ändern.

Frau Stehr (CDU) machte dazu einige Anmerkungen, woraufhin Frau Bongers (SPD) erneut feststellte, die Rechte der Bezirksvertretungen würden durch die neue Reihenfolge beschnitten. „Das haben wir nicht gesehen.“ Der Oberbürgermeister erklärte, daß man im Ältestenrat weiterdiskutieren werde.

Außerplanmäßige Auszahlungen einstimmig vorberaten.

Mehrere überplanmäßige Auszahlungen oder Mittelbereitstellungen wurden jeweils ohne Wortmeldungen einstimmig vorberaten. Es waren dies:

  • Erzieherische Hilfen im Haushaltsjahr 2023 (B/17/3089-01).

  • Neubau eines Erweiterungsanbaus inklusive einer Mensa an der Falkensteinschule (B/17/3152-01).

  • Neubau einer Mensa an der Rolandschule (B/17/3129-01).

  • Neubau einer Mensa an der Jacobischule (B/17/3147-01).

  • Verlagerung der Verwaltung an der Gesamtschule Osterfeld (B/17/3146-01).

  • Fertigstellung der Rettungswache Nord (B/17/3196-01).

Von den weiteren Vorlagen war nur noch die Nummer B/17/3233-01 interessant. Sie betrifft die Einrichtung einer halben Stelle im Fachbereich Statistik „zur wissenschaftlichen Begleitung aller Umfrageprojekte“. Diese Vorlage wurde nur von der AfD abgelehnt.

Ein teures Fenster.

Die Erneuerung des Fensters im Ratssaal kommt den Steuerzahler mit 370.000 € teuer zu stehen. Die Einzelheiten stehen in der Vorlage B/17/3222-01 und besagen, daß die Vorgaben der Unteren Denkmalbehörde die Kosten in die Höhe getrieben haben:

„Seitens der Unteren Denkmalbehörde wurden konkrete Vorgaben hinsichtlich der Gestaltung der Bleiverglasung gemacht, so dass im weiteren Entstehungsprozess eine enge Zusammenarbeit zwischen der [mit der künstlerischen Gestaltung der Bleiverglasung beauftragten] Professorin und der ausführenden Glasmalerei aus Paderborn zwingend erforderlich war. Die hierbei notwendigen Abstimmungsprozesse und Bemusterungen waren sehr zeitintensiv.

Die im Rahmen der Bemusterung favorisierte Verglasung ist nur mittels einer speziellen Veredelungstechnik herstellbar, die als Patent nur durch die bereits erwähnte Firma aus Paderborn ausgeführt werden kann. Der Auftrag hierzu konnte im Dezember 2021 vergeben werden.“

Herr Hoff (FDP) erklärte, der Rat habe 2017 einstimmig beschlossen, den Ratssaal barrierefrei zu gestalten; damals seien 0,5 Mio. € dafür angesetzt worden. Danach habe man „Pfusch am Bau“ festgestellt mit den bekannten Folgen. Aktuell sei man bei 6,9 Mio. €. Jetzt kommen laut dieser Vorlage 0,37 Mio. € für ein bleiverglastes Fenster hinzu. Die Kosten seien nicht wegen der von der Politik gewünschten „Schiebesitze und Bequemlichkeiten“ explodiert. Man müsse sich mit allen – Architekt, Baufirmen, Stadtverwaltung – zusammensetzen, um die Gesamtkosten zu ermitteln. So habe man das Gefühl, es komme immer wieder etwas nach. „Wir sind nur Passagier.“ Daher werde die FDP zustimmen.

Herr Real (SPD) wies darauf hin, daß in der Vorlage immer wieder die Untere Denkmalbehörde erwähnt wird, die irgendwelche Vorgaben mache. Man müsse die Frage stellen, ob der Rat das Sagen habe oder die Verwaltung oder die Mitarbeiter der Unteren Denkmalbehörde. „Wir müssen das abnicken.“ Man stecke gewissermaßen in einer Zwangslage.

Der Oberbürgermeister erklärte, daß es nicht nur um Barrierefreiheit und 0,5 Mio. € gehe. Er erinnerte daran, daß der Umbau „in Verabredung mit der Politik“ erfolgt sei und man habe „die Politik“ fortlaufend genau informiert. Man habe der Rekonstruktion des Zustandes von 1929 zugestimmt und alle Maßnahmen seien in einem „aufwendigen Beteiligungsverfahren aller hier vertretenen Fraktionen“ beschlossen worden. Auch über die Änderungen, welche infolge des festgestellten „Pfusch am Bau“ notwendig geworden waren, sei vollumfänglich informiert worden.

Dezernent Jehn hielt eine lange Rede über Denkmalschutz und Ratssaal, ohne inhaltlich etwas wesentliches zur Debatte beizutragen.

Herr Kempkes (AfD) wies darauf hin, daß die AfD nicht beteiligt gewesen sei. Er prophezeie, daß weitere Kosten auf die Stadt zukommen werden. Die ganzen Vorgänge seien ein starker Indikator dafür, daß das gesamte Baumanagement völlig überfordert sei. Der ganze Umbau sei ein Faß ohne Boden. Man werde der Vorlage nicht zustimmen.

Frau Stehr (CDU) fragte, ob sich die Verwaltung der Unteren Denkmalbehörde entziehen könne. Und wenn ja, was wäre der Unterschied gewesen?

Herr Real (SPD) erwähnte, ohne nähere Angaben zu machen, auf „den Vortrag von Herrn Gerian [?!] in der Bezirksvertretung“ hin. Dort sei über einen Paradigmenwechsel im Bereich des Denkmalschutzes gesprochen worden; genauer über die Relation von Originalgetreue und Kosten. Ermessensspielräume habe man hier beim Umbau des Ratssaales offenbar nicht ausgenutzt, sondern man habe sich dem Diktat der Unteren Denkmalbehörde unterworfen.

Herr Kempkes (AfD) betonte den Aspekt der Wirtschaftlichkeit und verwies auf den hohen Schuldenstand der Stadt. Die Untere Denkmalbehörde könne derartig kostspielige Renovierungen nicht erzwingen.

Der Ausschuß beriet die Vorlage gegen die Stimme der AfD positiv vor.

Verwaltungsberichte.

Die Berichte der Verwaltung werden in der Regel ohne Wortmeldungen zur Kenntnis genommen, jedenfalls dann, wenn es sich um abgeschlossene Sachverhalte handelt. Zum Bericht M/17/3240-01 zu überplanmäßigen Aufwendungen fragte Herr Hoff (FDP) nach der laufenden Nummer 16 der Vorlage. Es handelte sich um die Teeküche am Lehrerzimmer des Hans-Böckler-Berufskollegs. Die Kosten betrugen ursprünglich 20.000 € und stiegen dann auf 60.000 €.

Dezernent Schmidt erklärt, er habe sich die Arbeiten vor Ort angesehen. Man habe während der Umbauten festgestellt, daß eine Mauer versetzt werden mußte; dazu auch die Leitungen. Das sei vor Beginn der Arbeiten nicht absehbar gewesen.

Ohne Wortmeldungen nahm der Ausschuß die Berichte M/17/3239-01 „Erträge und Aufwendungen im Zusammenhang mit der Aufnahme und Unterbringung von anläßlich des Krieges in der Ukraine eingereisten Personen mit Stand zum 31.12.2022“ und M/17/3095-01 „Familienfreundlicher Arbeitgeber Stadtverwaltung Oberhausen“ zur Kenntnis.

Ein gemeinsamer Antrag von CDU, SPD und GRÜNEN.

Den Abschluß der öffentlichen Tagesordnung bildete ein gemeinsamer Antrag von CDU, SPD und GRÜNEN (A/17/2948-02). Es geht darin um die Erstellung einer zentralen Datensammlung aller erfaßten Gewalttaten an Frauen und Mädchen in Oberhausen.

Frau Georgi Schmidt (CDU) erklärte, es gebe dezentrale Datensammlungen bei der Polizei und beim Frauenhaus. Eine zentrale Zusammenfassung wäre wichtig und sie bitte daher um Zustimmung zu dem Antrag.

Herr Hoff (FDP) stellte fest, es seien seine Fragen an den Antragsteller beantwortet worden. Er werde einen Änderungsantrag einbringen, um daraus einen Prüfauftrag zu machen. Er möchte „ohne Votum vorberaten“.

Herr Kempkes (AfD) fragte: „Eine Datensammlung wozu? Es fehlt der Mut, Roß und Reiter zu nennen. Was nützen Daten, wenn Sie das Grundproblem nicht anfassen, nämlich das Problem der importierten Gewalt.“

Eine vorberatende Abstimmung über den Antrag fand auf Wunsch des FDP-Vertreters Hoff nicht statt.

1Zum Urteil siehe die Pressemitteilung des OVG Münster: https://www.ovg.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/12_230227/index.php