Kleine Anfragen sollen laut § 7 der Geschäftsordnung des Rates der Stadt innerhalb von drei Wochen beantwortet werden. Wenn die Antwort auf eine Ja-Nein-Frage noch länger auf sich warten läßt, hat das seine Gründe. Von E. Noldus.

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Der Anlaß der Kleinen Anfrage.

In der Ratssitzung am 19. 6. 2023 hatte ein Förderantrag der Pseudofirma „Indie Radar Ruhr“ in Höhe von 5.000 € für eine ungewohnt lebhafte Debatte gesorgt. Der Antrag wurde gegen eine starke Minderheit, bestehend aus CDU, FDP, AfD und dem Stadtverordneten Horn mit den Stimmen von SPD, GRÜNEN, LINKEN und BOB bewilligt.

In der WAZ vom 20./21. 6. 2023 (online und Druck) mutmaßte die weiße Journalistin Nadine Gewehr, die CDU habe sich möglicherweise an der Parteizugehörigkeit des Stadtverordneten Janetzki (SPD) gestört, welcher nach eigener Darstellung die Stellung eines Creative Director bei Indie Radar Ruhr bekleidet. Zur Debatte selbst schrieb sie:

Offen ausgesprochen hat die CDU eine solche Ablehnung nicht — dafür eine andere Partei um so deutlicher, mit wilden Beleidigungen und Behauptungen, die hier nicht wiederholt werden sollen. Vergleichsweise harmlos: Für AfD-Ratsherr Erich Noldus ist Indie Radar Ruhr“ ein ,Pseudo-Verein“, an dessen Einnahmen sich Janetzki persönlich bereichere.“

In der Kleinen Anfrage K/17/3679-01 des AfD-Stadtverordneten Mumm vom 22. 6. 2023 heißt es:

„Aus der Behauptung, FDP, AfD oder der Stadtverordnete Horn („eine andere Partei“) hätten ,,wilde Beleidigungen oder Behauptungen in die Debatte eingebracht, hat sich auch eine direkte Kritik an der Sitzungsleitung durch den Oberbürgermeister ableiten. Daraus ergeben sich folgende Fragen:

  1. Hat es in der Ratssitzung des 19. 6. 2023 anläßlich der Beratung und Abstimmung über den Antrag B/17/3599-01 ,,wilde Beleidigungen“ gegeben?
  2. Wenn ja, welcher Art waren diese „wilden Beleidigungen“?
  3. Wenn ja, warum hat der Oberbürgermeister, dessen Sitzungsleitung Kenntnis der Gemeindeordnung (in dem betreffenden Tagesordnungspunkt durch den Hinweis auf § 31 der Gemeindeordnung NRW erneut unter Beweis gestellt) und der Geschäftsordnung auszeichnen, nicht von den Möglichkeiten des § 16 der Geschäftsordnung (insbesondere des Absatzes 1 Satz 2) Gebrauch gemacht?

Zunächst Belehrungen statt einer Antwort.

Der formal zuständige Oberbürgermeister ließ sich für die Beantwortung der Ja-Nein-Frage bis zum 3. 8. 2023 Zeit. Das sind 43 Tage und damit 22 Tage mehr als die Geschäftsordnung vorsieht. Die Antwort (K/17/3744-01) faßte in kreativer Form die Fragen 1 und 2 zusammen:

Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) ist der Oberbürgermeister verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung. Er leitet und verteilt die Geschäfte. Zu den Aufgaben gehört nicht die Bewertung der individuellen Wahrnehmung der Wortwahl in einer Ratssitzung durch die Lokalpresse und einer darauf beruhenden Bewertung durch diese.“

Das ist eine Antwort auf eine nicht gestellte Frage, denn es war ausdrücklich nicht nach einer Bewertung der Äußerung einer fachlich überforderten Journalistin gefragt, sondern nach Beleidigungen, welche eine Intervention nach § 16 Absatz 1 Satz 2 des Rates der Stadt durch die Sitzungsleitung – den Oberbürgermeister – nach sich hätte ziehen können.

Die Wahrheit kommt doch ans Licht.

Die Frage 3 des Stadtverordneten Mumm nennt diese Bestimmung ausdrücklich und fragt, warum bei möglicherweise erfolgten Beleidigungen der Oberbürgermeister nicht eingegriffen habe. Dieser läßt in seiner Antwort feststellen:

Unabhängig von der genannten Wortwahl leitet der Oberbürgermeister gemäß § 51 GO NRW die Verhandlungen, eröffnet und schließt die Sitzungen, handhabt die Ordnung und übt das Hausrecht aus. Als Vorsitzender des Rates hat er die Pflicht, im und für den Rat ordnungsgemäße Verfahrensabläufe sicherzustellen. Die ordnungsgemäßen Verfahrensabläufe in der Sitzung waren nachweislich sichergestellt.“

Es ist dieser letzte Satz:

„Die ordnungsgemäßen Verfahrensabläufe in der Sitzung waren nachweislich sichergestellt.“

Die Version (oder Vision?) Frau Gewehrs der vom Stadtverordneten Noldus ausgerufenen „wilden Beleidigungen“ fällt auf den Oberbürgermeister zurück, der damit in der Sitzungsleitung versagt hätte. Intelligent ist diese Darstellung nicht.

Die „wilden Beleidigungen“ ihres WAZ-Artikels vom 20./21. 6. 2023 sind also der Phantasie der Nadine Gewehr entsprungen. Man könnte dieser Journalistin vieles vorwerfen – nur nicht Sachkenntnis und Wahrheitsliebe. Sie bedient auf gleichem Niveau die faden Bedürfnisse der unbedarften und niveaulosen Figuren, die dauernd von „Faschisten“ und „Faschismus“ reden.