Im letzten Teil berichten wir nur über die Anträge der Fraktionen in der Ratssitzung vom 23. September. Abgesehen von Umbesetzungen, gab es nur zwei, von denen einer eine umfangreiche Debatte auslöste.

Der Text als pdf-Datei: 20241023b_Rat_20240923_6

Toiletten machen Schule.

Unter Punkt 36 der Tagesordnung waren die Anträge der Fraktionen zusammengefaßt. Zuerst wurde der SPD-Antrag A/17/5478 zur „ Erarbeitung eines Konzepts für saubere Schultoiletten“ aufgerufen.

Das Problem ist allseits bekannt: An vielen Oberhausener Schulen sind die Toilettenanlagen in einem derart schlechten Zustand, daß die Schüler nach Möglichkeit jeden Gang dorthin vermeiden. Über die Ursachen gehen die Meinungen auseinander: Sind es die zu großen Reinigungsintervalle, dann wäre es an der Stadtverwaltung, durch entsprechende finanzielle Mittel kürzere Intervalle zu ermöglichen. Liegt es an fehlendem Sozialverhalten, kann man die Eltern oder die Schulleitung in die Verantwortung nehmen; oder man nimmt es achselzuckend als „Zeitgeist“ zur Kenntnis. Polemisch wird es, wenn man in diesem Zusammenhang nach den Gewohnheiten von Menschen aus anderen Kulturkreisen fragt…

Der SPD-Antrag läuft darauf hinaus die German Toilet Organization (GTO) gewissermaßen als Beraterin der Stadtverwaltung für den Bereich der Hygiene von Schultoiletten zu engagieren. Während der Antragsteller sich Impulse für neue Ideen erhofft, kritisieren die LINKEN, daß man eine „Aufgabe der Daseinsvorsorge“ dem kapitalistischen System überlasse.

Wir entnehmen der GTO-Internetseite folgende Selbstbeschreibung:

Die Idee für die Gründung der German Toilet Organization e. V. (GTO) entsprang in 2004, während Arbeiten zum Wiederaufbau nach dem verheerenden Tsunami in Südostasien. Den meisten Organisationen vor Ort fehlte das notwendige Fachwissen zur Implementierung von nachhaltigen Sanitärlösungen, viele beschäftigten sich gar nicht damit. Die Idee einen Verein zu gründen, der sich auf dieses Thema spezialisiert, war geboren. Am 31. Oktober 2005 erblickte die GTO das Licht der Welt.

Alle Menschen haben menschenrechtskonformen Zugang zu einer nachhaltigen und sicheren Sanitär- und Wasserversorgung und praktizieren eigenverantwortlich grundlegende Prinzipien der Hygiene.

Die German Toilet Organization ist in den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Humanitäre Hilfe, Gesundheit und Umweltschutz als gemeinnütziger Verein aktiv.“

In der Ratssitzung gab der Oberbürgermeister die in der Vorberatung durch den Schulausschuß vorgenommene Änderung bekannt. Nach dem Satz im Beschlußvorschlag

Nachfolgend soll für eine Schule in Oberhausen, gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern, ein vor Ort umsetzbares Konzept entwickelt und umgesetzt werden.“

soll folgen:

Das Projekt ist nach einem Jahr zu evaluieren und den zuständigen Gremien vorzulegen.“

Herr Karacelik (LINKE) eröffnet die Debatte mit der süffisanten Anmerkung, er denke, die Antragsteller würden ihren Antrag begründen. Auf den Zwischenruf „Fachausschuß“ führt er aus, daß in den Ausschüssen die Öffentlichkeit nicht dabei wäre; im Rat sei das eine andere Situation.

Die Öffentlichkeit habe ein Recht, zu erfahren, warum die Stadt ihre Aufgabe der Daseinsvorsorge nicht erfülle. Dazu gehören das Sauber- und Instandhalten von Schultoiletten als eine elementare Aufgabe. Hier werde von der SPD ein Privatunternehmen, gesponsert von Roche und Domestos, vorgeschlagen, um die Toiletten zu reinigen. Das sei ein Armutszeugnis für die Stadt Oberhausen.

Der Oberbürgermeister fragt, was der Redebeitrag in formaler Hinsicht gewesen sei. Sei das ein Antrag zur Geschäftsordnung, daß die SPD etwas zu den Vorstellungen der LINKEN zur Stadtentwicklung sagen solle?!

Frau Horn (SPD) erklärt, man habe das eigentlich im Fachausschuß bereits besprochen und wolle das mit Blick auf die Tagesordnung nicht weiter ausführen, aber sie folge der Aufforderung gerne.

Das Thema möge auf den ersten Blick als banal erscheinen, stelle aber für die Schüler eine tägliche Herausforderung dar. Deren Zustand sei ein seit Jahrzehnten wiederkehrendes Problem, welches aber trotz den Bemühungen aller Beteiligter noch nicht nachhaltig gelöst worden sei. Die SPD habe daher die Verwaltung aufgefordert, Ideen für saubere Toiletten zu erarbeiten und sich an Beispielen aus dem in der Vorlage genannten Wettbewerb zu orientieren. Dieser habe verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, die Situation nachhaltig zu verbessern und die Schülerinteressen in den Mittelpunkt zu stellen; nicht die von privaten Unternehmen. Mit diesem Antrag wolle man sowohl kurzfristige wie auch dauerhafte Verbesserungen entwickeln, welche wenig Geld kosten und Schüler sowie Schulen einbeziehen. Saubere Toiletten seien kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit; daher bitte man um Unterstützung für den vorliegenden Antrag.

Herr Lange (AfD) stellt die Frage, wer die Toiletten schmutzig mache; etwa Leute von außerhalb oder die Schüler selber. Es gebe Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen, die sich schon mal auf die Toilettenbrille stellen und ihr „Geschäft in der Hocke verrichten“.

Zwischenrufe des Herrn Karacelik: „Rassist!“ und „Rassistisch!“.

Herr Lange (AfD) beharrt darauf, das sei tatsächlich so. Lauter Zwischenruf „Purer Rassismus!“, dem sich ein kurzes Wortgefecht und die Aufforderung des AfD-Vertreters anschließt, ihn ausreden zu lassen. Er fährt fort, man könne Spielgel anbringen mit dem Hinweis: „Für die Sauberkeit der Toilette bist du verantwortlich!“. Dann würden sich die Schüler vielleicht hinterfragen, warum sie die Toiletten „so zurücklassen“ und schmutzig machten; da müsse man einhaken.

Der Oberbürgermeister stellt fest, daß er über den im Schulausschuß verabschiedeten Beschlußvorschlag abstimmen lasse. Der Text würde ab der sechsten Zeile des Beschlußvorschlages lauten:

Um sich ein Bild von der Umsetzbarkeit vor Ort zu machen, wird die Verwaltung außerdem gebeten, sich mit einem der Wettbewerbsgewinner in Verbindung zu setzen. Nachfolgend soll für eine Pilotschule in Oberhausen gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern ein vor Ort umsetzbares Konzept entwickelt und umgesetzt werden. Das Projekt ist nach einem Jahr zu evaluieren und den zuständigen Gremien vorzulegen.“

Der Rat beschließt die Vorlage gegen die Stimmen von AfD und LINKEN.

Debatten um die „Verkehrswende“.

Der LINKEN-Antrag „StVO-Novelle nutzen. Verkehrswende voranbringen (A/17/5624)“ war zusammen mit einem SPD-Änderungsantrag in der Vorwoche im Haupt- und Finanzausschuß debattiert und ohne Votum vorberaten worden.

Herr Karacelik (LINKE) hatte dort erklärt, durch eine Novelle der Bundesregierung vom Juni 2024 hätten die Kommunen einen Spielraum bei der Gestaltung oder Ausweitung von Tempo-30-Zonen erhalten. Das nutze man durch diesen Antrag aus. Es sei bedauerlich, daß die SPD-Fraktion in diesem Falle der eigenen Bundesregierung nicht folge.

Herr Real (SPD) antwortete seinerzeit, man habe das im Stadtplanungs- und Mobilitätsausschuß ausführlich diskutiert. Es gebe immer Möglichkeiten für die einzelne Stadt. Aber man müsse das jeweils konkret sehen. Beispielsweise Busspuren: Oberhausen verfüge über relativ wenige vierspurige Straßen, die jetzt schon stark beansprucht seien. Dort eine Busspur einzurichten, würde die Verkehrssituation verschärfen; das gehe also nicht.

Da die Ratsdebatte ohne den genauen Wortlaut der Anträge nicht nachzuvollziehen ist, bringen wir diesen vorab:

Der Antrag der LINKEN im Wortlaut:

1. Die Verwaltung setzt Tempo-30-Zonen dort als Lückenschluß zwischen zwei Geschwindigkeitsbegrenzungen ein, wo dies bisher nicht möglich gewesen ist. Dies sollte Lücken zwischen 300 und 500 Meter betreffen.

2. Die Stadtverwaltung prüft, wo durch die neue StVO weitere Geschwindigkeitsbegrenzungen möglich und sinnvoll sind, und legt dem Rat zeitnah eine Liste vor.

3. Die Stadtverwaltung prüft, wo neue Flächen für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr genutzt werden können, die bisher dem Autoverkehr vorbehalten waren.

4. An viel befahrenen mehrspurigen Straßen werden Bussonderfahrstreifen eingerichtet. Es wird eine Evaluation durchgeführt, bei der geprüft wird, ob sich bei den betroffenen Linien Verspätungen vermeiden lassen.

5. Auf der Website der Stadt Oberhausen wird eine Möglichkeit für Bürger:innen eingerichtet, um Straßen / Stellen zu melden, an denen ein neuer Fußgängerüberweg zur Verbesserung der Mobilität und Sicherheit beitragen können.

Der Änderungsantrag der SPD.

Hinweis: Ergänzungen in eckigen [] Klammern bezeichnen die Zusätze der zweiten Änderung 5624-02.

1. Die Verwaltung prüft, wo Tempo-30-Abschnitte als Lückenschluß zwischen zwei Geschwindigkeitsbegrenzungen möglich sind und legt dem Rat bis zum Jahresende eine Liste vor. Dies soll Lücken bis zu 500 m betreffen.

2. gestrichen.

3. Die Stadtverwaltung prüft, wo neue Flächen für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr genutzt werden können, die bisher dem Autoverkehr vorbehalten waren und legt dem Rat bis zum Jahresende eine Liste vor.

4. gestrichen.

5. In der OberhausenApp wird eine Möglichkeit für Bürger:innen eingerichtet, um Straßen oder Stellen zu melden, an denen [02: aus eigener Wahrnehmung] ein neuer Fußgängerüberweg und/oder eine Querungshilfe für Menschen mit Handicap zur Verbesserung der Mobilität und Sicherheit beitragen kann.

Einmal im Jahr werden die [02: mehrfach] genannten Straßen oder Stellen den Bezirksvertretungen zur Kenntnis vorgelegt. Weitere Beschlüsse können durch die Bezirksvertretungen eingeleitet werden.

Anläßlich der Verwaltungsvorlage „„ÖPNV-Anbindung Stadion Niederrhein“ (B/17/5595)“ in Punkt 33 der Tagesordnung hatte die LINKEN-Vertreterin Hansen programmatisch erklärt:

Wir stehen für eine radikale verkehrspolitische Wende, in welcher der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), das Fahrrad und der Fußgängerinnenverkehr das Auto als wichtigstes Verkehrsmittel in der Stadt ersetzen.“

Diese Grundhaltung spiegelte sich auch in ihrer Rede bei der gemeinsamen Beratung der „Verkehrswende-Anträge“ wieder. Die Debatte:

Frau Hansen (LINKE) weist einleitend auf die neue Straßenverkehrsordnung hin, die den Kommunen neue Handlungsspielräume in Richtung klimafreundliche und sichere Mobilität verschaffe. Nach der Aufzählung der „alarmierenden Werte“ der 2023 bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommenen Radfahrern und Fußgängern befürwortet sie Geschwindigkeitsbegrenzungen, um die Sicherheit dieses Personenkreises zu erhöhen und zugleich Emissionen zu verringern. Daher müsse man im Stadtgebiet neue Tempo-30-Zonen schaffen und danach trachten, bereits bestehende durch Lückenschließungen zu verbinden; letzteres sei zu prüfen.

Die LINKEN wollen den Menschen die Straße für verschiedene Aktivitäten wieder zurückgeben und erreichen, daß sich die Menschen unserer Stadt in Zukunft wieder gerne auf ihren Straßen und Plätzen aufhalten, sicher mit dem Rad unterwegs sein können und wieder ausreichend Raum für das Spiel von Kindern vorhanden sei.

Nach einer Aufzählung der aus ihrer Sicht bestehenden Mängel des ÖPNV in Oberhausen betont sie, daß die Schaffung eigener Busspuren dessen Attraktivität steigern würde. Überhaupt müsse sich die gesamte Verkehrsplanung von ihrer Konzentration auf den motorisierten Individualverkehr abwenden.

Ein Gefahrenstellenmeldeportal im Internet würde der Verwaltung eine Übersicht über Gefahrenstellen und über den Zustand der Straßen insgesamt verschaffen und zugleich die Sicherheit für die Menschen erhöhen.

Herr Real (SPD) erklärt vom Platz aus, die SPD sei sicherlich dabei, Handlungsspielräume zu nutzen, doch müsse man die nutzen, die auch tatsächlich zu nutzen seien. So sei eine Busspur auf einer vierspurigen Straße nicht nutzbar. Das würde bedeuten, daß die mehr oder weniger stehenden Verkehre um 100 Prozent länger in der Schlange werden.

Daher habe die SPD ihren Änderungsantrag eingebracht und als Ergebnis der stattgefundenen Diskussionen habe man den eigenen Änderungsantrag modifiziert. Man könne das unter Punkt 5 nachsehen, wo man die eingeführten Änderungen kenntlich gemacht habe und bitte um Unterstützung des Antrages.

Herr Dobnik (GRÜNE) erklärt, ähnlich wie beim Antrag zur ÖPNV-Anbindung werde man den Antrag der LINKEN unterstützen, während im SPD-Antrag leider zwei Punkte gestrichen würden. Nach dem Sprichwort „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach!“ unterstütze man hier – beim SPD-Antrag – die Punkte, die nicht gestrichen werden. Zur klaren Darstellung der Haltung seiner Fraktion bitte er um eine Einzelabstimmung aller Punkte. Im Änderungsantrag ebenfalls, weil man dort die Streichung der Punkte 2 und 4 nicht unterstütze.

Den Punkt 2 habe man im Stadtplanungs- und Mobilitätsausschuß diskutiert. Im LINKE-Antrag sei dieser als Prüfung formuliert. Warum man diesen Teil streiche und als Rat oder Bezirksvertretung nicht in einer Liste aufgezeigt bekomme, wo Geschwindigkeitsreduzierungen möglich seien, beschlossen werde ja nichts, sei den GRÜNEN unverständlich.

Bei der Streichung der Busspuren (Punkt 4) sei es klar, daß Busspuren mit der SPD nicht machbar seien. Seine Fraktion werde allerdings Vorschläge ausarbeiten, um aufzuzeigen, daß die Argumente der SPD nicht haltbar seien.

Herr Osmann (CDU) betont, man habe bereits mehrfach gegen die Ausweitung von Tempo-30-Zonen argumentiert. Sicherlich gebe es sinnvolle Bereiche wie Schulen, Kindergärten oder Altersheime, aber man sei der Auffassung, Oberhausen habe bereits Tempo-30-Zonen überall dort, wo es notwendig sei.

In Einzelfällen könne man dort nachschauen, wo das nicht der Fall sei, aber einer pauschalen Überprüfung, wie in den beiden vorliegenden Anträgen gefordert, könne man nicht zustimmen. Ferner möchte er die Äußerung des Kollegen Real unterstreichen, wonach es Ideen gebe, die für Oberhausen nicht praktikabel seien; siehe die Busspur.

Ferner müsse man der Verwaltung zugute halten, daß dort, wo Verbesserungen für den ÖPNV oder Radverkehr möglich seien, diese bereits umgesetzt worden sind. Er verweise auf Fahrrad- und Schutzstreifen auf der Teutoburger Straße. Dort sei dafür Platz vorhanden, was aber nicht überall der Fall sei.

Zu Punkt 5: Die von der SPD gemachten Änderungen habe man zur Kenntnis genommen, sehe den Punkt aber weiterhin kritisch. Die CDU glaube, daß die Vorschläge überhand nehmen würden, weil dann jeder vor seiner Haustür eine entsprechende Einrichtung haben wolle. Abschließend stellt er fest, seine Fraktion werde keinem der Anträge zustimmen.

Herr Axt (GRÜNE, fraktionslos) beginnt, er habe lange überlegt, sich zu äußern. Die neue Straßenverkehrsordnung biete Möglichkeiten, die von der Stadt ausgenutzt werden sollten. Daher sollte die CDU ihr „Nein“ nochmals überlegen.

Die SPD begebe sich mit der Streichung des Punktes 2 genau der Möglichkeiten, die sein Kollege Dobnik soeben angeführt habe. Es sei ein Prüfauftrag; und es gebe mit Sicherheit irgendwelche Straßen, wo die Anwohner durchaus für Tempo 30 wären. Wenn das nach der neuen Straßenverkehrsordnung möglich sei, dann sollte man das auch prüfen und als Liste vorlegen.

Herr Lange (AfD) begründet in seiner Rede die ablehnende Haltung seiner Fraktion. Er weist einleitend darauf hin, daß die Stadt bereits über viele gut ausgebaute Radwege (HOAG-Trasse, Grüner Pfad) verfüge. Die Sperrung von Fahrspuren für Autos und flächendeckende Tempo-30-Zonen würden nur die Staubildung fördern und die Emissionsbelastungen erhöhen. Auch die STOAG habe in der Vergangenheit aus sachlichen Gründen mehr Tempo-30-Zonen abgelehnt. Diese seien an Kindergärten, Altenheimen, Schulen usw. sinnvoll, aber die vorliegenden Anträge schadeten den Verkehrsteilnehmern; primär den Autofahrern.

Hinweis: Zur Rede des Stadtverordneten Lange (AfD) siehe Anlage 1.

Herr Hoff (FDP) nimmt für die FDP Stellung. Zunächst zu Frau Hansen gewandt: Wenn er den Antrag richtig verstanden habe, dann gehe es darum, den ÖPNV zu stärken. Das beziehe sich wohl auf die Busspuren, denn bei Tempo 30 müßten ja auch die Busse langsamer fahren. Tempo-30-Zonen seien dort, wo es sie gibt, sinnvoll, denn sonst wären sie ja nicht beschlossen worden. Wenn es zwischen zwei 30er-Zonen eine Zone mit 50 km/h gebe, dann sei es offenbar nicht sinnvoll gewesen, dort ebenfalls Tempo 30 festzulegen. Einen „Lückenschluß“ vorzugeben, sei nichts anderes als Willkür. Der Antrag bedeute letztlich nichts anderes als ein „madig machen des Individualverkehrs“; da könne die FDP nicht mitgehen.

Punkt 5 des SPD-Änderungsantrages wäre bei etwas besserer Formulierung für sich zustimmungsfähig. Er passe allerdings nicht in den Kontext, denn der sei, man wolle „mehr Tempo 30, mehr Busspuren, weniger Autos“; und dem könne die FDP nicht zustimmen.

Herr Real (SPD) möchte Herrn Hoff daran erinnern, daß es durchaus folgende Situation gegeben habe: An einer Schule war Tempo 30, 200 Meter weiter bei einem Kindergarten ebenfalls; und dazwischen war Tempo 50. Die Autofahrer hätten zunächst Gas gegeben, um dann wieder vor der zweiten 30er-Zone abzubremsen. Für die Anwohner bedeutete das eine Lärmbelästigung und für Fußgänger eine gefährliche Situation, da die Autos schneller unterwegs waren, als die Fußgänger eigentlich erwartet hätten. Aus genau diesem Grunde habe man den Punkt 1 in den Änderungsantrag aufgenommen.

Frau Opitz (GRÜNE) findet den breiten Aufbau von Rechts bis Links für den Indvidualverkehr recht erschreckend. Denn es gebe viele Oberhausener, die auf den Individualverkehr nicht angewiesen seien, weil sie gar kein Auto hätten oder fahren möchten oder noch minderjährig seien.

Gehe man mit offenen Augen durch die Stadt, sehe man ganz viele Menschen, die mit dem ÖPNV, mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs seien. Sie möchte als GRÜNE feststellen, daß auch diese Menschen eine Stimme brauchten und diese Stimme wollten die GRÜNEN diesen Menschen geben.

Der Rat beschließt zunächst über den Änderungsantrag in der Fassung 02 und wegen des Wunsches der GRÜNEN einzeln Punkt für Punkt. Es stimmen bei

  • Punkt 1 SPD, GRÜNE, LINKE, BOB und der Stadtv. Axt dafür, CDU,AfD, FDP dagegen;

  • Punkt 2 für dessen Streichung SPD, CDU, AfD, FDP dafür, GRÜNE, LINKE, BOB und der Stadtv. Axt dagegen.

  • Punkt 3 SPD, GRÜNE, LINKE, BOB und der Stadtv. Axt dafür, CDU,AfD, FDP dagegen;

  • Punkt 4 für dessen Streichung SPD, CDU, AfD, FDP, BOB dafür, GRÜNE, LINKE und der Stadtv. Axt dagegen.

  • Punkt 5 SPD, GRÜNE, LINKE, BOB und der Stadtv. Axt dafür, CDU,AfD, FDP dagegen.

Damit hat der Rat den Änderungsantrag A/17/5642-02 der SPD in vollem Umfange angenommen, so daß der Antrag der LINKEN nicht mehr zur Abstimmung gelangt.

Umbesetzungen in Fachausschüssen.

Es lagen zwei Umbesetzungsanträge der AfD, zwei der FDP, einer der SPD und zwei der GRÜNEN für ihre Ausschußvertretungen vor. Wir haben dazu in der ersten Folge einige Hintergrundinformationen angemerkt. Hier nur die folgende Ergänzung:

Bekanntlich muß eine Fraktion im Rat aus mindestens drei Stadtverordneten bestehen (in den Bezirksvertretungen stehen bereits zwei Bezirksvertretern Fraktionsrechte zu). Gruppen und Einzelvertreter dürfen keine eigenen Anträge stellen (die Privilegien des Integrationsrates aufgrund der als „Migrationshintergrund“ bezeichneten Abstammung – „Rasse“ im Sinne des Grundgesetzes – seiner Vertreter nach § 27 Abs. 8 lassen wir außen vor). Da auch den Gruppen prinzipiell das Recht zusteht, in die Ausschüsse einen stimmberechtigten Vertreter zu entsenden, dürfen sie ohne weiteres Umbesetzungsanträge einreichen.

Da die Bezirksregierung Düsseldorf in der Vergangenheit mehrfach auch den AfD-Kommunalvertretern das Recht auf uneingeschränkte Selbstorganisation zugestanden hat, werden deren Umbesetzungsanträge, wenn auch mit Schmerzen bei den selbsternannten „Demokraten“, gebilligt.


Anlage 1:

Rede des Stadtverordneten Lange (AfD) zu Punkt 36.2 der Tagesordnung „Antrag der Die Linke. Liste Fraktion im Rat gem. § 4 der Geschäftsordnung für den Rat der Stadt hier: StVO-Novelle nutzen. Verkehrswende voranbringen (A/17/5624) und zum Änderungsantrag A/17/5624-02 der SPD unter Punkt 36.2.1.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!

Wieder einmal möchte man den Individualverkehr in Oberhausen unattraktiver machen.

Aber gerade in Oberhausen haben wir dank der ÖPNV-Trasse und vielen gut ausgebauten Fahrradwegen, wie die HOAG-Trasse oder den Grünen Pfad, welche zu einer der ersten Bahntrassenradwege im Ruhrgebiet zählte, schon heute gute Alternativen zum Individualverkehr und eine qualitative Verbesserung dieser Wege sollte Priorität genießen.

Ganze Fahrspuren für den Autoverkehr zu sperren und flächendeckend Tempo 30 einzuführen, sollte aber klar abgelehnt werden.

Diese Maßnahmen fördern Stau und, damit einhergehend, höhere Emissionsbelastungen, sowie Konflikte zwischen Auto- und Radfahrern sowie auch den Fußgängern. Dies können wir heute schon tagtäglich miterleben.

Gerade ältere oder berufstätige Mitbürger sind auf den Individualverkehr angewiesen, was man auch klar erkennen kann nach den Statistiken.

Auch die STOAG hat in der Vergangenheit schon von übermäßigen Tempo-30-Zonen abgeraten. Als Beispiel kann ich hier auf einen Antrag der GRÜNEN in der Bezirksvertretung Sterkrade hinweisen, welcher auch das Ziel hatte, auf der Emmericher Straße Tempo 30 einzuführen.

Die STOAG, welche einen eng getakteten Fahrplan hat, wies hier auf die längeren Fahrzeiten hin, welche auch den öffentlichen Personennahverkehr für die Nutzer unattraktiver machen würde. Fahrpläne und Lenk- und Ruhezeiten wären demnach kaum mehr einzuhalten.

Zur Wahrheit gehört natürlich aber auch:

Tempo 30 ist da sinnvoll, wo Kindergärten, Altenheime, Schulen, Pflegeeinrichtungen sowie Krankenhäuser sind; ansonsten überwiegen leider die Nachteile.

Demnach, so zeigen es Ihre Anträge, liebe SPD und liebe LINKE LISTE, möchte Ihre linke Politik nicht irgendwelchen Verkehrsteilnehmern Nutzen bringen, sondern Verkehrsteilnehmern schaden; primär natürlich den Autofahrern.

Diese finanzieren mit ihren Steuern aber auch die Rad- und Fußwege, die Sie so gerne fördern wollen. Und dies wird leider von Ihnen nicht mitbedacht.

Daher raten wir ganz klar, diese Anträge abzulehnen.