Während Oberhausen auf der Immobilienmesse EXPO REAL in München glänzen will, bleiben die Schattenseiten des Strukturwandels deutlich sichtbar – von der Gefahrgutstrecke Betuwe-Linie bis zu den Altlasten der Zeche Sterkrade. Von J. Lange.
Der Text als pdf-Datei: 20251019b_Oberhausen_Risiko_Altlasten_
1. Betuwe-Bahnlinie – Risiko auf Schienen.
Die sogenannte Betuwe-Linie zwischen Rotterdam und dem Ruhrgebiet gilt als zentrale Güterverkehrsachse Europas. Doch was in Brüssel und Berlin als Infrastrukturfortschritt verkauft wird, bedeutet für die Anwohner entlang der Trasse vor allem eines: mehr Lärm, mehr Gefahrgut und mehr Risiko.
Laut einer Stellungnahme der Stadt Emmerich am Rhein besteht auf dem deutschen Abschnitt von der Grenze bis Oberhausen ein Anteil von etwa 17 Prozent Gefahrgutverkehr. Wie viele Wagen das konkret sind, bleibt unklar – die Datenlage ist lückenhaft, aktuelle deutsche Zahlen werden nicht veröffentlicht.
Daß der Bund für die deutsche Seite einfach niederländische Zahlen übernimmt, zeigt, wie wenig Transparenz und Kontrolle tatsächlich existieren.
Während Anwohner um Sicherheit, Lärmschutz und Notfallkonzepte ringen, wird an anderer Stelle der Hochglanzprospekt des „grünen Güterverkehrs“ gepflegt.
2. Zeche Sterkrade – saniert, aber nicht vergessen.
Auch auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Sterkrade in Oberhausen sieht die Wirklichkeit nüchterner aus, als die städtischen Werbebilder suggerieren.
Hier wurde zwischen 1999 und 2004 eine umfassende Bodensanierung durchgeführt: belastete Auffüllungen und kontaminierte Erdschichten wurden entfernt, gesichert und in ein Landschaftsbauwerk umgelagert. Anschließend brachte man „saubere“, für den Wohnungsbau geeignete Böden auf. Zudem mußte der Kampfmittelräumdienst anrücken – das Gelände gilt seither als „kampfmittelfrei“.
Daß solche Sanierungen notwendig waren, zeigt, wie tief die Altlasten der Montanzeit im Boden stecken. (Quelle RVR)
Doch damit ist das Kapitel nicht abgeschlossen.
Am Schacht 2 betreibt die Firma Mingas Power eine Anlage zur Gewinnung und Verwertung von Grubengas.
Die Stadt Oberhausen genehmigte die Gasverwertung zunächst bis 15. August 2021; später wurde die Genehmigung um weitere drei Jahre verlängert.
Das bedeutet: Auch Jahrzehnte nach der Stillegung entweichen im Untergrund weiterhin Grubengase – kontrolliert, aber eben noch vorhanden.
Ob das Gelände wirklich überall gefahrlos bebaut werden kann, wird die Zukunft zeigen. (Quelle RVR)
3. EXPO REAL – Hochglanz vor Realität.
Während vor Ort über Altlasten und Emissionen diskutiert wird, wirbt Oberhausen auf der EXPO REAL in München um Investoren.
Zusammen mit anderen Ruhrgebietsstädten präsentiert man sich auf dem Gemeinschaftsstand Halle B1 / 230 der Metropole Ruhr – mit wohlklingenden Phrasen über „erstklassige Wohnlagen, innovative Stadtquartiere und moderne Gewerbeflächen“.
Auch die Zeche Sterkrade und das ehemalige MAN-Werk II werden als Zukunftsflächen angepriesen – Flächen also, die einst Industrie und Energieproduktion prägten und nun zum „neuen Leben“ erweckt werden sollen.
Die Liste der Partner klingt beeindruckend: Stadtverwaltung, OWT GmbH, Stadtsparkasse, Immobilienentwickler und Projektgesellschaften.
Doch wer genauer hinschaut, erkennt: Hier wird Vermarktung betrieben, während die tatsächlichen Probleme noch gar nicht gelöst sind.
Die Infrastruktur ächzt, Altlasten lauern, Grubengas entweicht – aber auf der Messe glänzt die Stadt mit Hochglanzbroschüren und Modellbildern vom „neuen Oberhausen“.
4. Fazit.
Oberhausen präsentiert sich gern als Stadt im Aufbruch – modern, investorenfreundlich, zukunftsorientiert.
Doch hinter der Fassade liegen ungelöste Altlasten, unklare Umweltfragen und infrastrukturelle Risiken.
Die Betuwe-Linie bringt Gefahrgut bis vor die Haustür, die Zeche Sterkrade entgast weiter, und gleichzeitig werden die Flächen auf der EXPO REAL als Musterbeispiele für Nachhaltigkeit und Stadtentwicklung vermarktet.
Was bleibt, ist der Eindruck einer Stadt, die ihre Probleme lieber hinter Messewänden versteckt, statt sie offen anzusprechen.
Eine Collage.