Wer Fragen zur Arbeit der Kulturverwaltung Oberhausens stellt, ist wahrscheinlich selber schuld, wenn er ausweichende Antworten erhält. Tatsächlich sind die Gründe diffiziler. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20230814b_Kulturbuero_Anfrage
Anlaß der Kleinen Anfrage.
Die Kleine Nachfrage K/17/3604-01 des Stadtverordneten Noldus vom 31. 5. 2023 ist mit gehöriger Verspätung offiziell am 2. 8. 2023 durch den Kulturdezernenten Tsalastras (SPD) als K/17/3752-01 beantwortet worden. Laut Geschäftsordnung des Rates hätte die Antwort bis zum 21. 6. 2023 erfolgen müssen, aber: Gut Ding will Weile haben.
Äußerer Anlaß der Kleinen Anfrage war die Sitzung des Kulturausschusses vom 20. 4. 2023, über die wir seinerzeit ausführlich berichtet haben. Nach der Dokumentation werden wir kurz auf einige Aspekte eingehen.
Text der Anfrage und der Antwort.
Die Antworten selbst haben wir in Kursivschrift unter unsere Fragen gesetzt.
- In der öffentlichen Niederschrift der Sitzung des Kulturausschusses vom 20. 4. 2023 heißt es zu Punkt 5 der Tagesordnung anläßlich der stattgefundenen Debatte um den Zuschußantrag „Schmetterlingseffekt“:„Frau Prof. Dr. Domkowsky weist darauf hin, dass sehr viel Wert auf einen niedrigschwelligen Zugang gelegt wird. Daher können Anträge sogar mündlich gestellt werden.“Wie vereinbart sich diese Darstellung mit den am 22. 11. 2022 verabschiedeten „Richtlinien zur Förderung freier Kulturarbeit“, wo es unter Punkt 3.1 heißt:
„Die Zuschüsse zur Förderung freier kultureller Aktivitäten werden auf formlosen schriftlichen Antrag gewährt. Der Antrag kann auf Deutsch oder Englisch gestellt werden.“
Frau Prof. Dr. Domkowsky äußerte sich entgegen der Protokollierung in der Sitzung des Kulturausschusses vom 20. April 2023 wie folgt:
„Es wäre sogar wünschenswert, wenn Anträge mündlich gestellt werden könnten.“
- Nach Artikel 3 GG hat jeder Bürger ein Recht darauf, daß die Behörde in seinem Fall nicht grundlos von der bisherigen Verwaltungspraxis abweicht. Damit ist die Behörde dem Bürger gegenüber zur Gleichbehandlung entsprechend ihren Verwaltungsvorschriften verpflichtet. Nach den neuen „Richtlinien“ kann ein Antrag auch auf Englisch gestellt werden.Wie begründet sich die durch die Abweichung von der bisherigen Verwaltungspraxis entstehende Folge, daß des Deutschen unkundige englische Muttersprachler gegenüber denjenigen des Deutschen unkundigen Muttersprachlern, die eine andere Sprache denn Englisch als Muttersprache haben, bevorzugt behandelt werden, indem z. B. ein zu leistender Aufwand für die Übertragung eines Antrages ins Deutsche entfällt?Gar nicht.
- Wann hat der Kulturausschuß vor der Sitzung des 20. 4. 2023 letztmalig welchen Förderantrag abgelehnt, der vom Kulturbüro dem Ausschuß zur Annahme empfohlen worden ist?Das kann den Protokollen entnommen werden.
- Wann hat der Kulturausschuß vor der Sitzung des 20. 4. 2023 letztmalig von einem Antragsteller anteilig Gelder zurückgefordert, weil die beantragte Veranstaltung zwar stattgefunden hat, aber nicht in dem Umfange, wie in dem bewilligten Förderantrag dargestellt?Hinweis: Mit „Förderantrag“ sind keine Anträge von Fraktionen oder Gruppen gemeint, sondern Anträge auf Förderung durch die dem Kulturausschuß vom Rat bewilligten Mittel „freie kulturelle Aktivitäten“ gemäß der Vorlage M/17/3313-01 und früher. Rückforderungen werden nicht vom Kulturausschuss, sondern von der Kulturverwaltung veranlasst. Letztmalig wurden Mittel am 3. August 2022 zurückgefordert, weil diese nicht verausgabt wurden.
Ein fragwürdiger Charakterzug.
In der Sitzung des Kulturausschusses am 20. 4. 2023 wurde kontrovers, aber sachlich über den Zuschußantrag „Schmetterlingseffekt: Mobiles Theater (B/17/3230-01)“ diskutiert. Die Kritik der Ausschußmitglieder Hoff (FDP) und Wolter (CDU) entzündete sich an fehlenden Angaben im Förderantrag. Beide sprachen in ihren Wortbeiträgen von der Notwendigkeit der Einhaltung bestimmter Standards. In diesem Zusammenhang erklärte Frau Prof. Domkowsky für das Kulturbüro:
Die Antragstellung könne sehr kompliziert sein. Daher sei es notwendig, ein niedrigschwelliges Verfahren zu wählen, um den Antragstellern entgegenzukommen. Theoretisch sei sogar eine mündliche (!) Antragstellung möglich.
In der nachfolgenden Debatte befürwortete Herr Gadde (GRÜNE) den Antrag und sprach von der Idee, daß die geförderten Veranstaltungen niedrigschwellig beantragbar sein sollten. Nach seiner Auffassung sei es richtig, daß ein Antrag auch mündlich gestellt werden könne. Frau Gödderz (GRÜNE) sprach kurz darauf von einem „niedrigschwelligen Theater“, welches darum besonders förderungswürdig sei.
Der Kulturdezernent behauptet in seiner Antwort auf unsere Kleine Anfrage, Frau Prof. Domkowsky hätte gesagt: „Es wäre sogar wünschenswert, wenn Anträge mündlich gestellt werden könnten.“
Es äußert sich u. E. hier ein fragwürdiger Charakterzug des Dezernenten, da er der Schriftführerin einen Mangel in der Protokollführung unterstellt. Er hätte die Äußerung Frau Prof. Domkowskys richtig stellen können, unterließ es aber aus einem taktischen Kalkül.
Nach unserer Auffassung ging es Frau Prof. Domkowsky vielmehr darum, die Debatte mit einer Fehlinformation in Richtung Billigung des Antrages zu lenken, da mindestens CDU und FDP Kritik geäußert hatten und bei der aktuellen Besetzung (CDU 7, SPD 7, GRÜNE 3, AfD, FDP, BOB je 1) eine Ablehnung mit 10:10 Stimmen möglich war.
Diskriminierung läßt sich nicht rechtfertigen!
Frage 2 betrifft einen interessanten Aspekt, der das ideologische Denken der linksgrünen Kulturschickeria bloßlegt. Nach den neuen Förderrichtlinien dürfen Anträge auch auf Englisch gestellt werden. Eine sachliche Notwendigkeit ergibt sich nicht, aber diese Regelung ist eben Ausdruck eines ideologischen Denkens, welches mit dem Begriff „Interkultur“ eine Art von Apartheid im Kulturbetrieb etabliert.
Warum bei Antragstellern mit mangelhaften Deutschkenntnissen englische Muttersprachler bevorzugt werden, läßt sich nicht begründen. Die Antwort „gar nicht“ ist also durchaus folgerichtig.
Kritiklose Bewilligungen.
Die Sitzung des Kulturausschusses am 20. 4. 2023 war insofern außergewöhnlich, als Anträge nicht mehr, wie sonst üblich, einfach nur abgenickt, sondern kritisch begutachtet wurden. Nachdem der Ausschuß mit seinen Mitteln für „freie kulturelle Aktivitäten“ etwas zu freigiebig umgegangen war, sah ein SPD-Antrag vor, den Rat um zusätzliche 25.000 € zu bitten. In der Debatte hatte das Ausschußmitglied Noldus eine moderate Kritik an der Bewilligungspraxis geübt und auf zwei Beispiele in der vorangegangenen Sitzung verwiesen. Er habe den Eindruck, daß der Ausschuß bei der Prüfung der Anträge etwas leichtfertig vorgegangen sei. Auch sei ihm seit 2020 kein Fall bekannt, wo ein vom Kulturbüro empfohlener Antrag abgelehnt worden sei.
Dieses bewog den Ausschußvorsitzenden Flore (SPD) zu der Replik, Herr Noldus sei noch nicht lange genug dabei; er könne im Ratsinformationssystem die Jahre durchsehen und dabei feststellen, daß der Kulturausschuß sehr wohl Anträge abgelehnt habe. Auch unterließ er nicht den Hinweis, daß „alle demokratischen Parteien“ gut zusammenarbeiten würden usw.
Die Frage 3 zielt genau auf diese Behauptung. Wir sind der Empfehlung des Kulturdezernenten gefolgt und stellen fest, daß seit Januar 2015 der Kulturausschuß in keinem einzigen Fall einen Förderantrag abgelehnt hat, der vom Kulturbüro bewilligt worden ist. Bei diesem Datum haben wir die Prüfung der noch weiter zurückliegenden Sitzung abgebrochen.
Es ist also durchaus gerechtfertigt, von einer kritiklosen Billigung von Förderanträgen mindestens in der Vergangenheit durch den Kulturausschuß zu sprechen.
Allein der Antrag B/16/4476-01 „Prozession der Moderne“ über 2.000 € der Künstlerin Pia Janssen wurde in der Sitzung vom 19. 3. 2019 wegen ungeklärter Fragen im Zusammenhang mit dem Projekt zurückgestellt. Als „Änderungsantrag“ B/16/4654-01 wurde er in der nächsten Sitzung am 7. 5. 2019 in voller Höhe gebilligt.
Bei der einzigen vom Kulturausschuß ausgesprochenen Ablehnung – Antrag B/17/3094-01 in der Sitzung vom 23. 2. 2023 über die Anschaffung von Kesselpauken der Bläsersymphonie der Abtei Hamborn – folgte der Ausschuß einer Empfehlung des Kulturdezernenten: „Es handelt sich um die investive Anschaffung von Sachmitteln und demnach um eine Förderung, welche nicht den formalen Förderkriterien entspricht“ (aus dem Protokoll).
Interessant ist in diesem Zusammenhang der Förderantrag B/17/3322-01 der Alevitischen Gemeinde in der Sitzung vom 20. 4. 2023. Dort war die Anschaffung von Musikinstrumenten Teil des Antrages, der statt der beantragten 5.000 € schließlich mit 4.100 € Förderung bewilligt wurde. Die Kürzung war von der FDP-Vertreterin mit einer Beschränkung auf das laufende Kalenderjahr begründet worden; dem folgte der Ausschuß mehrheitlich.
Eine lakonische Antwort.
Der Kulturdezernent nutzt jede Gelegenheit, eine Fragestellung so zu interpretieren, daß sich daraus minimalistische Antworten rechtfertigen lassen. Eigentlich hätten wir zu Frage 4 etwas mehr als nur ein Datum erwartet. Der Hinweis auf Kulturbüro/Kulturverwaltung ist richtig; es handelt sich schlicht um ein Versehen. Wir werden den Kulturdezernenten zu diesem Aspekt in einer weiteren Kleinen Anfrage etwas näher befragen und berichte.
Resümee.
Wir halten die Behandlung unserer Anfrage für eine in dieser Art typische Arbeit des Kulturbüros. Anstatt eine fehlerhafte Auskunft in einer Ausschußsitzung einzugestehen, wird die Zuverlässigkeit der Schriftführerin öffentlich in Frage gestellt. Die Bevorzugung englischsprachiger Muttersprachler läßt sich nicht begründen, einfach weil sie ein Produkt linksgrüner Ideologie darstellt. Sachliche Kritik an einer großzügigen Bewilligung aller seit Beginn dieser Wahlzeit vorgelegten Förderanträge im Kulturausschuß wird durch den Ausschußvorsitzenden mit Worthülsen abgetan. Der Verweis des Kulturdezernenten auf die Protokolle verdeckt nur die in unseren Augen evidente Tatsache, daß die Antragsteller sämtlich Protegés des Kulturbüros sind, die jeden Unsinn finanziert bekommen, sofern dieser mit einem Kultursiegel versehen ist. Und die Frage der nachträglichen Kontrolle der Mittelverwendung werden wir in einer neuen Kleinen Anfrage aufwerfen.