Erstmals fand eine Ratssitzung im neuen (alten) Ratssaal statt. Eine weitere Neuerung bestand in der filmischen Aufnahme des gesamten öffentlichen Teils der Sitzung. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20231010b_Rat_20230925_4
Außerplanmäßige Aufwendungen und neue Stellen.
„Außerplanmäßige Aufwendungen“ sind laut Lexikon zur öffentlichen Haushalts- und Finanzwirtschaft „alle zeitlich und sachlich unabweisbaren Aufwendungen, für deren Verwendungszweck keine Aufwandsermächtigungen im Haushaltsplan veranschlagt wurden und für die auch keinerlei übertragene Aufwandsermächtigungen aus dem vergangenen Haushaltsjahr zur Verfügung stehen.“
Unter TOP 14 wurden außerplanmäßige Aufwendungen für das Helferprogramm im Offenen Ganztag für das Haushaltsjahr 2023 (B/17/3718-01) bewilligt. Insgesamt wurden bei der Landesregierung 361.550 € abgerufen, um das Helferprogramm bis Ende 2023 zum Abbau von Lernrückständen usw. infolge Corona weiterzuführen. Welche „Maßnahmenträger“ finanziert wurden, ging aus der Vorlage nicht hervor.
Unter TOP 15 wurden 522.000 € von der Landesregierung als „Aktionsprogramm Integration“ für das Haushaltsjahr 2023 bei Schulträgeraufgaben (B/17/3728-01) bereit gestellt; angeblich für ukrainische Kinder. Tatsächlich ging es um nichtdeutsche Kinder generell, deren Anteil an der Schülerschaft pro Schule maßgeblich war für die Höhe des jeweils zugewiesenen Beitrages. Aus der Sicht der AfD ist das eine unzulässige Bevorzugung einer bestimmten Klientel.
Die Aufwendungen für die Einführung des Deutschland-Tickets (B/17/3703-01) unter TOP 16 waren per Dringlichkeitsentscheidung bereits bewilligt worden.
Für die Sanierung des Erdgeschosses des Bert-Brecht-Hauses (B/17/3837-01) unter TOP 17 wurden bis Ende 2024 insgesamt 1,4 Mio. € bereit gestellt.
TOP 26: Für die Einrichtung einer Teilzeitplanstelle „Neue Integrierte Gesamtschule“ in Oberhausen (B/17/3803-01) ab dem 1. 11. 2023 werden für das Haushaltsjahr 2023 6.000 € verplant.
TOP 27: Ebenfalls ab dem 1. 11. 2023 werden vier Teilzeitstellen für Schulsekretariate innerhalb des Bereiches 3-3/Schule (B/17/3737-01) eingerichtet. Kosten bis Jahresende 16.500 €.
Alle diese Vorlagen wurden vom Rat ohne Wortmeldungen gegen die Stimmen der AfD beschlossen.
Ebenfalls ohne Wortmeldungen, aber einstimmig beschlossen wurde unter TOP 18 die Beteiligung der Stadt am Bundesprogramm zur „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur (SJK)“ (B/17/3962-01). Es geht um die Sanierung des Solebades im Revierpark Vonderort.
Ebenfalls ohne Wortmeldungen einstimmig beschlossen wurde unter TOP 20 die Teilnahme am Interessensbekundungsverfahren des Förderprogramms „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ (B/17/3925-01). Bei der Interessensbekundung handelt es sich um ein Bewerbungsverfahren im Rahmen eines öffentlichen Auftrages. Die Stadt möchte die Sanierung der Turnhalle an der ehemaligen Fröbelschule (Ripsdörnestraße) fördern lassen. Der Eigenanteil der Stadt Oberhausen beträgt 25 % der Gesamtkosten (gleich Eigenanteil für Kommunen in Haushaltsnotlage) von insgesamt 3.669.000 €.
Die Maßnahmen zur Flexibilisierung der Betreuungszeiten im Kindergartenjahr 2023/2024 (B/17/3777-01) unter TOP 21 bedeuten finanziell, daß die Landesmittel in Höhe von 833.000 € um den kommunalen Eigenanteil (25% = 208.000 €) aufgestockt werden müssen.
Herr Blanke (GRÜNE) freute sich, daß das Thema angefaßt werde. Vor Jahren sei es von den GRÜNEN aufgebracht worden; es habe sich um eine freiwillige Leistung gehandelt. Mit dieser Vorlage werde eine verbesserte Betreuung in den Randzeiten gewährleistet. Das sei vor allem für Alleinerziehende wichtig. Der Rat beschloß die Vorlage einstimmig.
Unter TOP 22 wurde über das zusätzliches Budget für den kommunalen Anteil Schulsozialarbeit ab 2023ff (B/17/3680-01) abgestimmt. Allein für 2023 wurden 178.000 € (9.160 €/Stelle für 19,5 Stellen) bewilligt, dazu prozentuale Steigerungsraten für die Folgejahre.
Frau Horn (SPD) betonte die Wichtigkeit der Schulsozialarbeit und bedauerte, das Land finanziere die Tariferhöhungen für die Schulsozialarbeiter nicht. Die Lasten würden auf die Städte abgewälzt. Trotzdem werde man der Vorlage zustimmen. Der Ratsbeschluß erfolgte ohne weitere Wortmeldungen einstimmig.
Eine kleine Randnotiz zu interfraktionellen Absprachen.
Unter TOP 23 ging es um die „Überführung der verläßlichen Ferienbetreuung in den Bereich des Offenen Ganztags im Produktbereich 03 – Schulträgeraufgaben (B/17/3708-01)“. Hinter diesem etwas sperrigen Titel verbarg sich eine Umschichtung von Mitteln in Höhe von 80.000 € aus dem Jugend- in den Schulbereich aus verwaltungstechnischen Gründen. Das Problem ist im im HFA am 18. September erörtert worden.
Am 22. 9. 2023 teilte Dezernent Schmidt den Fraktionen das Ergebnis der Besprechung der jugendpolitischen Sprecher der Fraktionen vom 20. September im Gefolge der HFA-Sitzung per Rundschreiben mit, dort sei über den Deckungsvorschlag der Kämmerei diskutiert worden, „der für die Finanzierung der verläßlichen Ferienbetreuung u. a. eine Deckung in Höhe von 80.000,00 Euro aus den Ferienangeboten des Fachbereiches 3-1-50/Jugendförderung vorsah.
In der Diskussion hatten Sie als Mitglieder des Jugendhilfeausschusses verdeutlicht, daß eine Nutzung der Mittel der Jugendförderung nur akzeptabel sei, wenn damit keine Kürzung der Ferienangebote verbunden sei.
In den nachgehenden Abstimmungen zwischen Schul- und Jugendverwaltung, Finanzbereich, dem Stadtkämmerer und mir sowie unter Berücksichtigung einer Prognose der Jugendförderung zum Finanzierungsbedarf für die Angebote in den Herbstferien, schlägt die Verwaltung nun für die Beschlußfassung des Rates der Stadt am 25.09.2023 eine Reduzierung des Deckungsbeitrages des Jugendbereiches von 80.000,00 Euro auf 50.000,00 Euro sowie eine entsprechende Erhöhung der Verschlechterung des Ergebnisses aus laufender Verwaltungstätigkeit um 30.000,00 Euro auf 589.890,00 Euro vor.
Damit können Einschränkungen bei den Ferienangeboten vermieden werden.“
Wir haben dieses Rundschreiben deshalb so ausführlich zitiert, weil die AfD zu dieser Besprechung nicht eingeladen worden ist. Wir beschweren uns nicht, sondern halten das nur der Ordnung halber fest.
Und es wird damit die Behandlung dieses Punktes in der Ratssitzung verständlich. Der Oberbürgermeister bemerkte einleitend, auf der Grundlage der vorangegangenen Diskussionen im HFA hätten die zuständigen Verwaltungsstellen einen neuen Vorschlag gemacht. Dieser neue Deckungsvorschlag sei den Fraktionen zugestellt worden. Der Rat beschloß die geänderte Vorlage ohne Wortmeldungen einstimmig.
Ein besonderes Bonbon.
Unter TOP 28 wurde bei Enthaltung des Stadtverordneten Brodrick (SPD) gegen die Stimmen der AfD die Einführung eines bezuschußten Deutschland-Tickets als Jobticket (B/17/3901-01) beschlossen. Städtische Mitarbeiter in einer arbeitsrechtlich privilegierten Form (im Gegensatz z. B. zu Zeitarbeitern) werden in diesen harten Zeiten mit weiteren Privilegien in Form einer Rabattierung (34,30 € statt 49 €) bedacht.
In der am 18. September stattgefundenen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses hatte es dazu eine bezeichnende Stellungnahme der SPD-Fraktionsvorsitzenden Bongers gegeben: Sie bedankte sich bei der Verwaltung für die Bezuschussung. (Wofür eigentlich? Die Dezernenten sind doch auch SPD – und CDU). Sie fügte hinzu, daß diese Möglichkeit für Bundesbeamte existiert, nicht aber für die Landesbediensteten. Die Landesregierung sei nicht in der Lage, hier eine Regelung zu schaffen, die auch die Landesbeamten einbeziehe.
Herr Kempkes (AfD) verwies auf die Mitarbeiter der freien Wirtschaft. Dort gebe es diese Möglichkeit nicht; hier handelte es sich um Privilegien für städtische Mitarbeiter. Frau Opitz (GRÜNE) hingegen lobte die Möglichkeit, daß städtische Angestellte ein bezuschußtes Jobticket erhalten können.
Frau Stehr (CDU) hoffte, daß es Mittel vom Bund für die Finanzierung gebe, um nicht Mittel an anderer Stelle einsparen zu müssen und Herr Karacelik (LINKE) forderte für Menschen mit wenig Geld bzw. für Bezieher von Bürgergeld dieselben Vergünstigungen.
In der Ratssitzung nun erklärte der Oberbürgermeister, er sei auf der städtischen Personalversammlung im August 2023 gebeten wurde, bei der Landesregierung vorzusprechen, damit nicht nur die Angestellten, sondern auch die Beamten Jobtickets bekämen. Er habe NRW-Finanzminister Optendrenk angeschrieben und um entsprechende landesrechtliche Bestimmungen gebeten.
Frau Opitz (GRÜNE) sah es positiv, daß das Deutschland-Ticket als Jobticket verfügbar sein werde. Man frage sich allerdings, was mit den Eigenbetrieben sei.
Herr Jehn erklärte, man habe zwei eigenbtrieblich-ähnliche Einrichtungen; ASO und Stadttheater, Diese seien natürlich eingeschlossen. Die SBO als echter Eigenbetrieb werde sich dieser Variante ebenfalls anschließen.
Wir finden es sehr beunruhigend, daß nur das Personal des Stadttheaters in den Genuß der verbilligten Jobtickets kommt. Wir rufen von dieser Stelle Herrn Gadde (GRÜNE) zu, die Existenzen rund um die soziokulturellen Zentren in die Regelung einzubeziehen.
Privilegien für den Kulturbereich.
Wenn wir von „Privilegien“ sprechen, meinen wir damit in erster Linie die Oberhausener Besonderheit, daß Stadtkämmerei und Kulturdezernat in Personalunion durch Apostolos Tsalastras geführt werden. Das Kulturbüro sitzt gewissermaßen, wie der berühmte Knabe des Volksliedes, an der Quelle.
Das Stadttheater stellt eine hoch subventionierte Einrichtung dar, die zudem von den Anstrengungen des Kulturdezernenten profitiert, um jeden Preis Fördergelder einzutreiben. Was sich oberflächlich betrachtet als nützlich erweist, ist bei genauerem Hinsehen problematisch: Das Förderwesen erzwingt einen dauerhaft höheren Verwaltungsaufwand, der um so mehr steigt, je höher die Ebene ist, auf der ein Fördermittelgeber angesiedelt ist (Land, Bund, EU).
Unter TOP 19 ging es um den Förderantrag für das SJK Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend, Kultur“ (B/17/3818-01). Das Kulturdezernat bewirbt sich oft nach eigenem Ermessen um Fördergelder und stellt nachträglich Kulturausschuß und Rat vor vollendete Tatsachen. Hier geht es um Fördergelder aus dem Sondervermögen „Klima- und Transformationsfonds“ des Landes NRW, bei dem der Rat der Interessensbekundung des Stadttheaters an dem SJK-Förderaufruf zustimmen sollte.
Herr Noldus (AfD) begründete für die AfD-Fraktion die Ablehnung der Vorlage. Diese sei ein gutes Beispiel für das Übermaß an Gelder, welche dem Stadttheater zuflössen. Es gebe drei Projekte mit einem Gesamtvolumen von 20,8 Mio. €, von denen 17,8 Mio. € für die Jahre 2024 bis 2027 fällig würden. Weiterhin führten die angestrebten Förderungen bei Creative Europe zu einem dauerhaft höheren Verwaltungsaufwand.
Insgesamt fließen 2025 durch einen inflationsbedingten Anstieg bei den Sach- und Personalkosten (zur Zeit 12 Mio. €) mit Fördergeldern (7,6 Mio. €) insgesamt über 20 Mio. € dem Stadttheater zu. Auch angesichts weiterer Projekte erweise sich das Stadttheater als eine Dauerbaustelle und ein Faß ohne Boden.
Zum Text der Rede siehe Anlage 1.
Frau Opitz (GRÜNE) erklärte, daß Theater spiele eine wichtige Rolle und auch Vorreiterrolle; z. B. bei Genderpolitik. Das Theater werde energetisch saniert – siehe Klimawandel. Wichtig sei für die GRÜNEN, daß der Klimaschutz gestärkt werde, daß die Vorreiterrolle gewürdigt werde, um auch der anderen Verwaltung zu zeigen, wie man es machen könne.
Herr Hoff (FDP) betonte, daß die 8,9 Mio. € Kosten im freiwilligen Bereich des Theaters seien, die kritisch hinterfragt werden müßten. Wenn man diese Kosten betrachte und auch die bisherigen Beschlüsse, z. B. Photovoltaik für – wenn möglich – alle städtischen Gebäude, und die Barrierefreiheit, zusammen Kosten von insgesamt 3,7 Mio. €, und dann sehe, daß man bei einem städtischen Eigenanteil von 2,9 Mio. € 8 Mio. € erhalte, dann werde man der Vorlage zustimmen.
Wir weisen nur darauf hin, daß es sich um eine typische Argumentation des Kulturdezernenten handelt, mit der die Kosten unter Verweis auf die Förderquote künstlich kleingerechnet werden. Gesamtwirtschaftlich ist natürlich die Belastung des Steuerzahlers entscheidend; und zwar unabhängig davon, auf welcher Ebene die Steuern eingenommen oder – unter welchem Titel auch immer – verausgabt werden.
Der Rat beschloß die Vorlage gegen die Stimmen der AfD.
Eine weitere Vorlage unter TOP 25 betraf die „Einrichtung von 2 x 0,5 Stellen Museumspädagogik im Bereich 0-8 / Kunst (B/17/3942-01)“, die bereits im HFA am 18. September vorgelegt worden war. Frau Gödderz (GRÜNE) und Herr Hoff (FDP) hatte seinerzeit moniert, daß die Vorlage doch im Kulturausschuß vorgelegt werden sollte. Der Kulturdezernent hatte jedoch auf einer sofortigen Vorberatung, um die Stellen möglichst schnell schaffen zu können.
Sachlich bestand kein Anlaß zur Schnelligkeit, da der Ist-Zustand bereits seit zwanzig Jahren zu allseitiger Zufriedenheit bestanden hatte. Die Beratungsfolge sollte durch eine nachträgliche Kenntnisnahme im Kulturausschuß ergänzt werden – eine reine Augenwischerei.
In der Ratssitzung unternahm es der Stadtverordnete Noldus (AfD), die Ablehnung der Fraktion zu begründen. In Wahrheit gehe es um Creative City; ein Projekt zur reinen Förderung von Verwaltungsstrukturen. Damit sei das Problem der Fördergelder generell angesprochen und durch zwei generelle Aspekte gekennzeichnet:
Der Fördermittelgeber fordere tendenziell einen hohen Verwaltungsaufwand beim Antragsteller. Das solle eine effektive Kontrolle garantieren und Mitnahmeeffekte ausschließen.
Aus der Sicht des Antragstellers wiederum stellt die zweckgebundene Förderung einen massiven Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar.
Daraus ergebe sich die Forderung, Förderanträge sorgfältig unter den Aspekten „Verwaltungsaufwand“ und „Zweckgebundenheit“ zu prüfen.
Im Schlußteil der Rede widmet sich diesen beiden Aspekten unter besonderer Berücksichtigung des Projektes Creative City.
Zum Text der Rede siehe Anlage 2.
Herr Tsalastras (SPD) bat Herrn Noldus darum, wenn er ihn zitiere, möge er das richtig tun. Das letzte Zitat habe er so nie gesagt (siehe Anlage 2).
Herr Gadde (GRÜNE) erklärte, man stimme der Vorlage zu, weil sie wichtig sei. Und zur AfD: Man sehe immer mehr Versuche, hier in Oberhausen, gegen unsere Kultur, die auch für die Menschen wichtig sei, zu schießen. Das weise er entschieden zurück.
Herr Scherer (SPD) erklärte, er schließe sich Herrn Gadde an und stimme der Vorlage auch zu. Was er aus den Wortmeldungen der AfD – auch heute – mal wieder entnehme, sei, daß die AfD einen Bankrott der Kultur in Oberhausen fordere. Es gehe auch nicht um das viele Geschwurbel um Förderanträge, es gehe um die Artothek. Dort werde eine Stelle geschaffen; und hinter Stellen stünden Menschen. Und in diesem Falle gehe es um Menschen, die seit vielen Jahren für die Stadt und die Kultur tätig seien. Sie hätten sich redlich verdient, in eine halbe Stelle zu kommen; und wer dagegen spreche, zeige nur, daß er von Kultur keine Ahnung habe.
Herr Kempkes (AfD) erklärte grundsätzlich, man schieße nicht, sondern man argumentiere. Dieses Recht des Argumentierens stehe der AfD zu. Zweitens: es gehe nicht um einen Bankrott der Kultur, sondern um die Deutung dessen, was Kultur sei. Und sie, die Vorredner maßten sich die Deutungshoheit an – Zustimmung bei den Angesprochenen. Herr Kempkes: Das sei interessant. Man teile das Kulturverständnis nicht, weil hier eine gewisse Kultur gefördert werde. Und ferner könne es nicht sein, auf jede Problemstellung mit einer Stellenschaffung zu reagieren. So agiere man auch nicht in der freien Wirtschaft. Die reflexartige Vermehrung der städtischen Mitarbeiter sei nicht durchzuhalten; man stoße an gewisse Grenzen und nicht alles, was wünschbar sei, sei auch machbar.
Herr Hoff (FDP) fragte Herrn Tsalastras: Man schaffe zwei halbe Stellen, die bereits – dauerhaft – besetzt seien durch Honorarkräfte. Und wenn man dieser Vorlage folge, dann spare man sogar noch Geld ein durch den Wegfall der Mieten. Das könne man mit „Ja“ oder Nein“ beantworten. Wenn das so wäre, könne man der Vorlage zustimmen.
Herr Tsalastras antwortete mit „Ja“.
Herr Noldus (AfD) ergänzte, er sei beschuldigt worden, er würde die Kultur „anschießen“. Es gehe um das Problem der Akquirierung von Fördergeldern und die Problematik der Förderung allgemein.
Zum Thema „Klimaschutz“ habe man unter Punkt 19 eine Vorlage verabschiedet, obgleich schon „Next Level nachhaltig“ mit Verweis auf den Klimaschutz verabschiedet worden sei. Das Problem sei, daß man bei den beschränkten finanziellen Spielräumen der Stadt gut nachdenken müsse, welche Förderanträge man stelle. Bei Creative City gehe es nicht um Kultur, sondern um das Schaffen von Strukturen. Das sei der Punkt.
Herr Tsalstras erklärt, er kenne den Bericht der Transparenzkommission, an der er mitgearbeitet habe, sehr gut. Die Kritik an der Förderpraxis von Bund und Land sei berechtigt und es sei besser, daß die Kommunen das Geld, welches sie als Fördermittel bekommen, einfacher direkt bekämen und im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung selbst ausgeben könne. Das sei leider nicht der Fall. Wenn man sich nicht an Fördermöglichkeiten von Bund und Land beteilige, dann verzichte man auf das Geld, welches Bund und Land zur Verfügung stellten. Und Oberhausen könne sich den Verzicht nicht leisten. Da man eine arme Kommune sei, sei man darauf angewiesen, Fördermittel zu akquirieren, um die eigenen Möglichkeiten zu erweitern.
Herr Noldus (AfD) merkt an, er habe nicht von „Verzicht“ gesprochen, sondern von „geprüfter Auswahl an Förderanträgen“.
Der Rat beschloß die Vorlage gegen die Stimmen der AfD. [Ende]
Anlage 1:
Rede des Stadtverordneten Noldus (AfD) zum Förderantrag für das SJK Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend, Kultur“ (B/17/3818-01) in Tagesordnungspunkt 19.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete!
Diese Vorlage ist ein gutes Beispiel für das Übermaß an Geld, welches in den Kulturbereich fließt. Ein Übermaß, dem 2 Milliarden € Schulden gegenüberstehen.
Im Falle der Annahme dieser Vorlage liefen dann für das Stadttheater drei Projekte:
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Theater ohne Grenzen;
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Next Level nachhaltig; und
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hier der SJK Förderaufruf
mit insgesamt 20,8 Mio. €. Der Großteil dieser Steuergelder wird in den Jahren 2024 bis 2027 ausgegeben; nämlich 17,8 Mio. €.
Dieser Aufwand wird in der Folgezeit nicht sinken, denn der Kulturdezernent hat schon längst die Fördertöpfe der EU angepeilt: Creative Europe ist sein neuestes Spielzeug.
Der Preis ist ein dauerhaft höherer Verwaltungsaufwand – eine Vollzeitstelle im Kulturbüro. Etwa 40 Prozent der Fördergelder von Creative Europe versickern spurlos in der Verwaltung; hier und anderswo.
Mit dem inflationsbedingten Anstieg der Sach- und Personalkosten für das Stadttheater – zur Zeit 12 Millionen € – und etwa 7,6 Mio. € aus den Projektförderungen wird 2025 die 20-Millionen-€-Marke übertroffen werden.
Bei diesen Berechnungen ist der Kleinkram im Hunderttausend-Euro-Bereich noch nicht inbegriffen. Auch nicht die Kosten für den Glasfaserausbau oder Ladestationen und Fahrradboxen; die SPD hat letzteres bereits beantragt.
Im September 2022 ist das Projekt „Next Level nachhaltig“ bereits mit „Klimaschutz“ als dem einzigen Argument bewilligt worden. Und hier? Das gleiche Argument!
Das sind zwischen 2022 und 2028 insgesamt 17 Millionen € Steuergelder im Namen einer Ideologie!
Ich darf ferner daran erinnern, daß der Stadtrat 2021 ein umfangreiches Programm zur Instandhaltung fortgeführt hat. Ab 2020 verteilt auf die Jahre bis voraussichtlich 2024 sind schon jetzt 11,9 Mio. € verplant – Tendenz weiter steigend!
Das Stadttheater als Dauerbaustelle – und als Faß ohne Boden!
Nach meiner Meinung käme Oberhausen besser weg, wenn wir an Stelle des Stadttheaters einen Flugzeugträger finanzieren würden – die USS Tsalastras!
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Anlage 2:
Rede des Stadtverordneten Noldus (AfD) zur Einrichtung von 2 x 0,5 Stellen Museumspädagogik im Bereich 0-8 / Kunst (B/17/3942-01) unter Tagesordnungspunkt 25.
Vorbemerkung: In der Sitzung des Kulturausschusses vom 11. 5. 2023 hatte in einem Vortrag Dr. Dresen vom Fraunhofer-Institut erklärt, daß im Rahmen des Projektes Creative City städtische Anmietungen von Räumlichkeiten im Europahaus erfolgten. Kulturdezernent Tsalastras hatte nach Aufzeichnungen des Stadtverordneten Noldus dargelegt, daß ein riesengroßer Verwaltungsaufwand mit dem Projekt verbunden sei; auch wegen der notwendigen europaweiten Ausschreibung. Die Projektidee bestehe darin, Geld in den Aufbau von Strukturen zu stecken, um Leute aus der Kunstszene anzuziehen. Nach dem Ende des Projektes müßten sich dann – hoffentlich – die geschaffenen Strukturen durch die Beteiligten selber tragen: „Wenn das Projektende kommt, hoffe ich, daß alle Kreativen ihre Fördergelder bekommen, damit sie dort bleiben können.“
Dr. Dresen ergänzte, daß sich Planungsbüros bewerben sollen: „Es werden Strukturen gefördert.“ Er bzw. sein Institut könne „vielfältige Förderungen organisieren.“ Das Programm sei nicht darauf angelegt, mit 3 Mio. € Projekte zu fördern. Das habe bei einer Versammlung von Interessenten Irritationen ausgelöst, da alle gedacht haben, sie könnten einen Teil davon für eigene Projekte abzweigen.
Den letztgenannten Satz des Kulturdezernenten zitierte der Stadtverordnete Noldus in der Rede und schob den Nachsatz „in von der Stadt angemieteten Räumlichkeiten“ nach. Der Kulturdezernent bemerkte direkt nach der Rede, den betreffenden Satz habe er so nicht gesagt.
In einer kurzen Pause während des Wahlvorganges zu TOP 9 erläuterte er, er habe gesagt, wenn das Projekt zu Ende sei, „dann werden wir Konzepte entwickeln, für die wir dann hoffentlich Fördergelder erhalten.“
Diese Erläuterung präzisiert die in diesem Punkt mißverständlichen Aufzeichnungen. Die zitierte Äußerung ist allerdings – ohne den Nachsatz – wörtlich gefallen und ergänzte die Erläuterungen zum Projektende und darüber hinaus. Die durch die Redezeit erzwungene gedrängte Darstellung des Sachverhaltes hat allerdings in Verbindung mit dem spontan nachgeschobenen Teilsatz eine ungewollt mißverständliche Auslegung begünstigt.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete!
Vordergründig geht es nur um zwei halbe Stellen, aber in Wahrheit geht es um viel mehr. Das Stichwort heißt „Creative City“.
In den Jahren 2022 bis 2025 verschlingt Creative City Steuergelder in Höhe von 3,2 Mio. €. 10 Prozent davon muß die Stadt selbst aufbringen.
Der Kulturdezernent hat zu zwei Gelegenheiten den hohen Verwaltungsaufwand und die Schwierigkeiten durch die Vorgaben des Fördermittelgebers betont. Im Kulturausschuß einmal im Januar 2022 und dann im Mai 2023. Zusätzlich erwähnte er dort den Aufwand durch die europaweite Ausschreibung. Und genau dafür war im September 2022 eine Stelle „Fördermanagement im Kulturbüro“ bewilligt worden; mit Bezug auch zu Creative City.
Folgt man dem Bericht der NRW-Transparenzkommission über die „kommunale Selbstverwaltung“ vom November 2021, dann kreist das Fördermanagement um zwei zentrale Aspekte:
Der Fördermittelgeber fordert tendenziell einen hohen Verwaltungsaufwand beim Antragsteller. Das soll eine effektive Kontrolle garantieren und Mitnahmeeffekte ausschließen.
Aus der Sicht des Antragstellers wiederum stellt die zweckgebundene Förderung einen massiven Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar.
Daraus ergibt sich für uns die Forderung, Förderanträge sorgfältig unter den Aspekten „Verwaltungsaufwand“ und „Zweckgebundenheit“ zu prüfen.
Ein Vertreter des an Creative City beteiligten Fraunhofer-Instituts erklärte in der Sitzung des Kulturausschusses am 11. 5. 2023 wörtlich: „Es sollen Strukturen gefördert werden.“
Auf einer Veranstaltung einige Tage zuvor, so der Referent, seien die Vertreter der Kunst- und Kulturszene daher sehr enttäuscht gewesen. Sie hätten nämlich gehofft, von den Fördermillionen jeder für sich einen Anteil mit nach Hause nehmen zu können.
In der gleichen Sitzung – am 11. Mai – erklärte der Kulturdezernent, am Ende würden sich die geschaffenen Strukturen „hoffentlich“ durch die Beteiligten selbst tragen; und – Zitat:
„Wenn das Projektende kommt, hoffe ich, daß alle Kreativen ihre Fördergelder bekommen, damit sie dort bleiben können“ – in von der Stadt angemieteten Räumlichkeiten.
Wie Sie hören, geht es immer um die Finanzierung von Strukturen; so auch in dieser Vorlage. Wir halten daher Creative City für konzeptionell falsch.
Denn ökonomische Grundlagen, welche einen Kulturbetrieb mittragen könnten, werden durch produktive Arbeitsplätze geschaffen, nicht durch unproduktive Strukturen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.