In diesem Teil geht es um die Konzipierung der Corona-Sonderförderung bis zur Verabschiedung im Rat am 14. 9. 2020. Von E. Noldus.

Der Text als pdf-Datei: 20240119b_Corona-Sonderfoerderung_2

Die SPD-Anträge A/17/5801 und 5813.

Am 15. 6. 2020 formulierte die SPD den Antrag A/16/5801-01 für ein „Corona-Wirtschaftsaufbauprogramm“. Dieses umfaßte folgende Punkte:

  1. Sofort-Programm für Freizeit, Tourismus, Event und Kultur.Es ging hier um finanzielle Unterstützungen („Ausgleichsmaßnahmen“ für die Gastronomie, Aufkauf von Kunstwerken durch die Ludwig-Galerie), um alternative Veranstaltungskonzepte und um Unterstützung für die Hotellerie.
  2. Innenstadtprogramm.Die „Revitalisierung der Innenstädte“ umfaßte allgemeine Forderungen wie Leerstandsmanagement und Konzepte zur Überwindung von Leerständen; ferner „konkrete finanzielle und strukturelle Unterstützung für den Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistungen und Kultur“. Als Ziel wurde die Änderung der Stadtteilförderung des Landes zu Gunsten des Erhalts der lokalen Ökonomie in den Innenstädten formuliert.
  3. Absicherung der sozialen Infrastruktur.Hierunter fielen Forderungen nach Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit, Qualifizierungen und eine Ausweitung des Teilhabechancengesetzes.
  4. Kommunales Konjunkturprogramm für Mittelstand und Handwerk.Hierunter fielen eine Zielvorgabe für das finanzielle Volumen öffentlicher Investitionen (Zielvolumen 82 Mio. €, also zusätzlich 14 Mio. € für 2021) sowie ein Fonds für mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe für „kleinere Sanierungsvorhaben und konkrete Dienstleistungen“.

Dieser für die Ratssitzung am 22. 6. 2020 vorgesehene Antrag wurde noch am Sitzungstage durch den SPD-Änderungsantrag A/16/5813-01 ersetzt. Dieser erhielt kleine, aber wichtige Änderungen:

  • Der Bereich Sport wurde in das Sofortprogramm (zu 1) aufgenommen und diesem erweiterten Programm 2 Mio. €, „durch die Haushaltsbewirtschaftung des Kämmerers zur Verfügung gestellt“ (Vorlage), ausgestattet.  Hinweis: Es handelte sich um eine Anweisung des Kämmerers vom 17. 4. 2020 an die Dezernate, durch Umschichtungen Mittel für die geplante Sonderförderung frei zu machen.
  • Das Kommunale Konjunkturprogramm (zu 4) erhielt einen Fonds in Höhe von 5 Mio. €.
  • Die Finanzierung der insgesamt 7 Mio. € sollten, „sofern keine Unterstützung von Bund und Land zur Verfügung gestellt wird – durch Einsparungen an Stellen, die keine bleibenden strukturellen Schäden anrichten und durch Kredite“ finanziert werden.

Laut Sitzungsniederschrift wurde dieser zweite Antrag 5813 anstelle des ursprünglichen mit folgenden Festlegungen einstimmig verabschiedet:

  • Die Verwaltung formuliert bis zur nächsten Ratssitzung am 14. 9. 2020 einen Umsetzungsvorschlag zu den vier Hauptpunkten des Antrages (Bedingung der SPD-Stadtv. Bongers).
  • Die vier Maßnahmen erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit (Stadtv. Blanke / GRÜNE).
  • „Durch die Haushaltsbewirtschaftung des Kämmerers stehen ca. 2 Millionen Euro für Sofortprogramme zur Verfügung. Dieses Geld soll unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden für Sport, Kultur, Freizeit und Tourismus. Angebote für Kinder und Jugendliche sollen besonders in den Focus gerückt werden.“

Bereits hier deutet sich eine wichtige Akzentverschiebung in der Auslegung des SPD-Antrages 5813 an. Entgegen seines Titels behandelte der Antrag nur in einem der vier Punkte das Thema Wirtschaftsförderung. Ferner ist auffällig, daß die in der Vorlage genannten 5 Mio. € für das Konjunkturprogramm in den ergänzenden Festlegungen nicht genannt werden. Die Verwaltung jedenfalls erarbeitete eine Vorlage B/16/5937-01, die laut Sitzungsniederschrift des Rates vom 14. 9. 2023 „im Sportausschuß, Finanz- und Personalausschuß, Hauptausschuß und Kulturausschuß ohne Votum vorberaten“ worden ist.

Die Vorberatung in einem Ausschuß ist in der Regel mit einer Abstimmung verbunden, um dem Antragsteller nach Anhörung der Einwände Gelegenheit zu geben, bis zur Ratssitzung durch einen (dann zuweilen gemeinsamen) Änderungsantrag doch noch eine Mehrheit zustande zu bringen. Auf Verlangen eines Ausschußvertreters, der – so die formelhafte Wendung – Beratungsbedarf anmeldet, unterbleibt verabredungsgemäß die Abstimmung. Beratungsbedarf kann aus verschiedenen Gründen geltend gemacht werden:

  • eine Fraktion/Gruppe ist in sich uneins und sucht noch nach der gemeinsamen Linie;
  • eine Fraktion/Gruppe deutet an, sich inhaltlich noch näher damit beschäftigen zu müssen;
  • eine Fraktion möchte aus taktischen Gründen ihr Abstimmungsverhalten nicht offenlegen.
  • eine Fraktion/Gruppe möchte eine Debatte darüber nach Möglichkeit unterbinden.

Die Ausschußdebatten.

Im Sportausschuß (1. 9. 2020) stellte Stadtkämmerer Tsalastras die Inhalte der Verwaltungsvorlage 5937 (siehe unten) vor und erklärte, die den Teilbereichen zugeteilten Summen seien „untereinander deckungsfähig“, da man abwarten müsse, wieviele Anträge eingingen. Das bedeutet also, daß die Gelder trotz ihrer Zuordnung in jedem Teilbereich eingesetzt werden konnten. Stadtsportbund und Sportverwaltung, so sicherte der Beigeordnete Schmidt zu, stellten den antragstellenden Vereinen Ansprechpartner zur Verfügung. Der Stadtkämmerer erklärte, daß „anlaufende Bundes- und oder Landesprogramme wesentlich komplexer und komplizierter hinsichtlich der Förderbedingungen“ seien.

Im Finanz- und Personalausschuß (3. 9. 2020) regte Frau Gödderz (GRÜNE) an, daß „die Verwaltung eine Übersicht erstellt, welcher Betrieb eine Förderung in welcher Höhe erhalten soll“. Aus dieser einzigen in der Niederschrift vermerkten Anmerkung geht immerhin hervor, daß Frau Gödderz offenbar die Wirtschaftsförderung als Hauptziel der Vorlage im Auge hatte.

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß die GRÜNEN am 3. 6. 2020 im Kulturausschuß einen Antrag A/16/5690-01 „Rettungsschirm für Künstler*innen erwirken“ vorgelegt hatten, der sich in einem Appell an die Stadtspitze erschöpfte, sich bei Bund und Land für bessere bzw. einfachere Förderbedingungen einzusetzen. Er wurde in der Ratssitzung vom 22. 6. 2020 als überholt zurückgezogen.

Im Kulturausschuß (10. 9. 2020) wies der Stadtkämmerer (und Kulturdezernent) darauf hin, daß „Änderungen bei dem geplanten Sofortprogramm vorgenommen wurden. Er hebt hervor, daß viele Kleinunternehmer, Künstler*innen und Kulturschaffende durch die Corona-Pandemie große finanzielle Probleme bekommen haben. Die Freie Szene steht vor einer existentiell dramatischen Situation. Das Sofortprogramm ist nur ein bescheidener Beitrag zur aktuellen Situation.“

Der Ausschuß regte an, jemanden für die Beratung von Antragstellern abzustellen und Herr Flore (SPD) deutete die Möglichkeit einer Verlängerung der Antragsfrist (30. 11. 2020) an.

Die vom Stadtkämmerer genannten „Änderungen“ dürften sich auf die Unterschiede zwischen dem SPD-Antrag A/16/5813-01 und der unten wiedergegebenen Verwaltungsvorlage 5937-01 beziehen. Diese Vorlage war in allen Ausschüssen ohne Votum vorberaten worden. Die Anmerkungen in der Niederschrift der Sitzung des Hauptausschusses vom 7. 9. 2020 lassen die Gründe erkennen:

„Stadtv. Blanke beantragt analog der Ausführungen im FPA und Sportausschuß, die Drucksache aufgrund von Beratungsbedarf ohne Votum vorzuberaten. Seine Bedenken beziehen sich nicht auf Inhalte, sondern vielmehr auf die Zuschußvergabe und damit insbesondere auf das in den Zeilen 145 ff beschriebene Verfahren.

An der folgenden Diskussion beteiligen sich Stadtv. Große Brömer, OB Schranz, 1. Beig. u. StK Tsalastras, Stadtv. Nakot, Stadtv. Karschti, Stadtv. Karacelik und Beig. Motschull.

In seinen Ausführungen macht [SPD-] Stadtv. Große Brömer deutlich, daß die Vorlage entgegen des in der Ratssitzung am 22.06.2020 initiierten und beschlossenen Antrags zum Corona-Wirtschaftsaufbauprogramm nur Maßnahmen für ein Sofortprogramm in den Bereichen Freizeit, Tourismus und Event vorsehe. Maßnahmen zum Innenstadtprogramm, zur Absicherung der sozialen Infrastruktur sowie zur Unterstützung des Mittelstandes und Handwerks seien hingegen nicht dabei.

Der Verwaltungsvorstand wird sich am morgigen Dienstag [8. 9. 2020] unter Berücksichtigung dieses Hinweises erneut mit dem Sachverhalt befassen.“

Der Ratsbeschluß zur Vorlage B/16/5937-02.

Die bereits drei Tage später erstellte Fassung B/16/5937-02 wurde dem Rat am 14. 9. 2020 zur Beratung vorgelegt. Der Oberbürgermeister gab die Einwände des SPD-Stadtverordneten Große Brömer in der Hauptausschuß-Sitzung vom 7. 9. 2020 als Grund für die Vorlage der 02-Version hin. Aus der Niederschrift sind lediglich die Namen der an der Debatte aktiv Beteiligten zu ersehen sowie die Feststellung, der Beigeordnete Tsalastras „wird sicherstellen, den Zielen des Antrags der SPD-Fraktion gerecht zu werden.“

Der zweite Satz bezieht sich auf den am 9. 9. 2020 eingegangenen Änderungsantrag A/16/5959-01 der SPD. Der Beschlußvorschlag der Vorlage B/16/5937-02 lautet:

„Der Rat der Stadt beschließt die Umsetzung der Sonderförderung ‚Corona‘ und die damit einhergehende Verteilung der Mittel, die im Rahmen der Haushaltsverfügung vom 17.04.2020 zur „Verfügung gestellt wurden.“

Der SPD-Änderungsantrag hängt an diese Begründung an:

„Außerdem empfiehlt der Rat der Stadt dem Oberbürgermeister, eine beratende Anlaufstelle für Antragstellerinnen und Antragsteller, die die Sonderförderung ‚Corona‘ in Anspruch nehmen wollen, einzurichten. Diese Stelle soll zudem bei der Beantragung von Bundes- und Landesmitteln in Bezug auf ‚Corona‘ unterstützend tätig werden. Es soll vorzugsweise auf vorhandene Personalressourcen zurückgegriffen werden.

Zudem soll geprüft werden, ob die Antragstellung über den 30.11.2020 hinaus erfolgen kann.“

Dazu die Niederschrift der Ratssitzung:

„Mit dem Einverständnis des Antragstellers wird an dieser Stelle auf eine Beschlußfassung verzichtet. Die Verwaltung wird sicherstellen, den Zielen des Antrags der SPD-Fraktion gerecht zu werden, indem eine Beratung ermöglicht, eine Entfristung herbeigeführt sowie der Rat und die Fachausschüsse informiert werden.“

Der Hauptantrag wird bei Enthaltung von LINKEN und GRÜNEN einstimmig angenommen.

Die Inhalte der Vorlagen B/16/5937-01 und -02.

Die in den Ausschüssen vorgelegte 01-Version beschrieb in der Begründung in allgemeinen Wendungen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie, um dann festzustellen, daß trotz etlicher Förderprogramme von Bund und Land „viele Oberhausener Akteure nicht oder nur unzureichend an den Bundes- und Landesmitteln partizipieren können. Insbesondere im Bereich Tourismus, Gastronomie, Kreativwirtschaft, Sport und Freizeit gibt es viele Akteure, die dringend Unterstützung benötigen.“ In der Ratssitzung vom 22. 6. 2020 sei daher auf Antrag der SPD die Verwaltung beauftragt worden, „für die Ratssitzung am 14. 9. 2020 ein Sofortprogramm für Freizeit, Tourismus und Event aufzulegen.“

Die bereitgestellten Gelder in Höhe von 2 Mio. € seien durch eine Haushaltsverfügung des Kämmerers vom 17. 4. 2020 zusammengekommen. Der Hintergrund: Als freiwillige Leistung durften die Fördergelder nicht durch eine Kreditaufnahme, sondern nur durch Umschichtungen innerhalb des städtischen Haushalts bereitgestellt werden. Angesichts der großen Auswirkungen der Corona-Politik war gegen solche Umschichtungen prinzipiell nichts einzuwenden.

Die konsumtiven Zuschüsse wurden durch die „zuständigen städtischen Bereiche“ in folgenden Kategorien vergeben:

  • Für Projekte für alternative corona-verträgliche Veranstaltungen, Aufführungen, Dienstleistungsangebote, Produktionskonzepte etc., für die es keine Bundes- oder Landesmittel gibt.700.000 € mit folgenden Bedingungen: Förderhöhe maximal 80% des Gesamtvolumens des beantragten Projektes bzw. 20.000 €. Erläuternder Förderantrag mit Finanzierungsplan, Verwendungsnachweis Einnahmen/Ausgaben nach drei Monaten.
  • Härtefallfonds für Solo-Selbständige,wenn die Leistungen des Bundes und des Landes nicht abgerufen werden konnten und die Betroffenen ansonsten keinerlei Unterstützungsleistungen bekommen konnten und dadurch ihre Existenz gefährdet würde.300.000 € mit folgenden Bedingungen: Zuschüsse zu Betriebskosten oder Lebenshaltung maximal 2.000 € monatlich für maximal drei Monate. Erläuterung der Begründung der Nichtförderfähigkeit durch Bundes- oder Landesprogramme, Darstellung der Einkommenssituation 2019 und 2020 bzw. Nachweise 2021 rückwirkend.
  • Notfallfonds für gemeinnützige Organisationen und Unternehmen aus den Bereichen Sport Kultur, Kreativwirtschaft, Tourismus und Freizeit.900.000 € mit folgenden Bedingungen: Unverschuldeter Verlust des Antragstellers an Einnahmen (mindestens 15 Prozent der Einnahmen des Vergleichszeitraumes 2019); Steigerung (mindestens 15 Prozent) von entstandenen oder entstehenden nicht vermeidbaren Kosten (Personalkosten, Werbekosten, Veranstaltungsmieten), die auf der Einnahmeseite nicht aufgefangen werden kann; Fortbestand des Betriebes/der Einrichtung/des Vereins etc. ist ohne die beantragten Hilfen gefährdet und jenseits der Corona-Pandemie beabsichtigt und plausibel; Förderhöhe maximal die gesamte Höhe des Verlustes bzw. des Mehraufwandes bzw. 20.000 €; Einreichung des (vorläufigen) Jahresabschlusses 2019 und nachvollziehbare Darstellung der finanziellen Entwicklung 2020 mit rückwirkendem Nachweis 2021 über prognostizierte Verluste.
  • Übernahme von Eigenanteilen, die bei Bundes- und Landesförderung zur Bedingung gemacht werden.100.000 € mit folgenden Bedingungen: Vorlage der Fördermittelbescheide zwecks Prüfung des Eigenanteils durch die Stadtkämmerei, Einreichung des bei Land oder Bund vorgelegten Verwendungsnachweises auch bei der Stadt.

Abschließend wurde kurz der Kreis der Antragsberechtigten erläutert. Dieser Kreis entsprach im Prinzip denjenigen, die sich mit Förderanträgen direkt an den Kulturausschuß wenden und welche der Ausschuß aus seinem Eigenetat bedient.

Für alle Zuschüsse galt, daß die Kämmerei die Prüfung der eingereichten Unterlagen vornahm und der Stadtkämmerer die letzte Entscheidung traf. Ferner: „Die Mittel können zurückverlangt werden, wenn die reale Entwicklung den Förderbedingungen nicht entspricht.“

Die allgemeinen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Buchungen und der Entscheidungen über die Bewilligung wurden wie folgt beschrieben:

„Die für die einzelnen Maßnahmen zur Verfügung gestellten Mittel sind gegenseitig deckungsfähig. Es gibt keinen Rechtsanspruch auf Förderung und die Förderung erfolgt solange die vorhandenen Fördermittel nicht aufgebraucht worden sind. Jede Institution kann nur einen Antrag stellen. Die Anträge sind bis zum 30. 11. 2020 zu stellen. [Zeilen 138 bis 142.]

Die Vergabe ist durch die zuständigen Beigeordneten zu bestätigen. Die Kämmerei begleitet die Zuschußvergabe. Die endgültige Entscheidung, ob die Mittel bewilligt werden, obliegt im Falle über- bzw. außerplanmäßiger Mittelbereitstellungen gemäß § 83 GO NRW dem Stadtkämmerer. [Zeilen 144 bis 146.] Dem Rat der Stadt ist über die Vergabe in seinen Sitzungen gesondert zu berichten. Dies wird im Rhythmus der Kenntnisnahme der vom Stadtkämmerer bewilligten über- und außerplanmäßigen Mittel erfolgen.“ [Zeilen 146 bis 148.]

Wir erinnern uns, daß der SPD-Antrag A/16/5801-01 als ersten von vier Punkten ein „Sofortprogramm“ gefordert hatte, welches dann in der Verwaltungsvorlage als Vorschlag ausgearbeitet worden war. Die Kritik des SPD-Stadtverordneten Große Brömer in der Sitzung des Hauptausschusses am 7. 9. 2020 führte dann dazu, daß die am 26./27. 8. 2020 im Unterschriftengang befindliche 01-Fassung durch eine am 11. 9. 2020 unterzeichnete 02-Fassung zur Vorlage im Rat drei Tage später ersetzt wurde. Die Intervention Große Brömers ist insofern bemerkenswert, als die Ratsdebatte am 22. 6. 2020 zu jenen den SPD-Antrag begleitenden Beschlüssen geführt hatte, welche die Beschränkung der Verwaltung in der 01-Fassung auf das Sofortprogramm als durchaus plausibel erscheinen und unseres Erachtens die Handschrift des Beigeordneten Tsalastras erkennen läßt. Ferner war die 01-Fassung bis dahin anstandslos durch drei Ausschüsse gelaufen und die im Kulturausschuß genannten Punkte finden sich später im SPD-Änderungsantrag 5959 wieder. Leider vermerken die Niederschriften nur „Beratungsbedarf“ der GRÜNEN, so daß die SPD diesen nicht mehr anmelden mußte, um interne Unstimmigkeiten im Hinblick auf die mangelnde Berücksichtigung der „wirtschaftlichen“ Aspekte des SPD-Antrages 5801 zu überspielen.

Der von den GRÜNEN angemeldete Beratungsbedarf ist auf die vom Stadtverordneten Blanke angeführten und geäußerten Bedenken gegen das Vergabeverfahren bei den Fördergeldern der Zeilen 146ff der Vorlage 5937 zurückzuführen und war nicht in irgendeiner Hinsicht taktisch motiviert. Diese Kritik hat, im Gegensatz zu derjenigen Große Brömers, zu keiner inhaltlichen Änderung geführt, wodurch die Enthaltung der GRÜNEN bei der Abstimmung am 14. 9. 2020 ihre Erklärung finden dürfte.

Die 02-Fassung enthielt dann in den ersten 148 Zeilen nur eine unbedeutende redaktionelle Änderung in den Zeilen 39/40 zum „Sofortprogramm für Freizeit, Tourismus und Event“, in der 01-Fassung hatte es einfach „Sofortprogramm“ geheißen. Ferner fehlte in der 02-Fassung eine Leerzeile (die deshalb differierenden Zeilenangaben hier im Text beziehen sich immer auf die 02-Fassung, da die 01-Fassung im Allris-System nicht mehr vorhanden ist).

Neu sind die Zeilen 150 bis 203, welche in Teilen den Charakter eines Sachstandsberichtes besitzen und daher nicht zum Tenor der Vorlage als ein in die Zukunft gerichtetes Maßnahmenpaket passen.

Zu den Punkten 2 „Innenstadtprogramm“ und 4 „Konjunkturprogramm“ des Antrages 5801 ist hier ein sogenanntes Sonderprogramm „Fassadenerneuerung“ aufgeführt, welches auf Rücksprachen mit interessierten Eigentümern fußte und 14 Projekte betraf. Eine nähere Bezeichnung der Eigentümer oder eine Begründung für die vorgenommene Auswahl – der Großteil der Immobilien lag laut Text im Bereich Marktstraße und näherer Umgebung – wird nicht gegeben. Die dafür notwendigen 137.000 Euro seien bereits im Haushalt zur Verfügung gestellt worden. Bei Umsetzung würden dadurch insgesamt mindestens 270.000 € noch in diesem Jahr investiert. Die Fördermittel für weitere Erneuerung im Jahr 2021 blieben davon unberührt und stünden in voller Höhe zur Verfügung.

Die interessanteste Information ist in den Zeilen 178 bis 180 enthalten: Mit Stand vom 21. 8. 2020, so die Verwaltung, seien nach Auskunft des Landes (sog. Corona-Dashboard) für Oberhausen 4.414 Anträge in einer Gesamthöhe von 46,3 Mio. € an Soforthilfen bewilligt worden.

Zu Punkt 3 „Absicherung der sozialen Infrastruktur“ des ersten Antrages erläutert die Vorlage die gesetzliche Grundlage für städtische Maßnahmen zur Sicherstellung des Bestandes an sozialen Dienstleistern. Damit sind Auszahlungen der Stadt in Höhe von 0,3 Mio. € an diese Dienstleister gemeint. Ferner schöpfe die Stadt gesetzliche Möglichkeiten aus, die Schulbegleitung in eine „Freizeitbegleitung“ umzuwidmen, um die Anbieter der Schulbegleiter am Markt zu halten.

Was das mit dem vom SPD-Antrag 5801 beabsichtigten „Wirtschaftsaufbauprogramm“ zu tun hat, ist nicht ganz ersichtlich. Jener Antrag hatte als Ziel des Konjunkturprogramms (zu 4) zusätzliche Investitionen in Höhe von 14 Mio. € für 2021 formuliert, der Änderungsantrag 5813 wollte stattdessen einen Fonds in Höhe von 5 Mio. € für den gleichen Zweck bereitstellen; beide Zielvorgaben tauchen in der 02-Fassung der Vorlage 5937 nicht mehr auf.