Auch in dieser Sitzung wurde deutlich, daß der Integrationsrat zu einer kommunalpolitischen Arbeit im eigentlichen Sinne weder geneigt noch fähig ist. Es geht immer nur um die spezifischen Interessen einer sehr speziellen Klientel.Von E. Noldus.

Der Text als pdf-Datei: 20240517b_Integrationsrat_20240507

Zu Sitzungsbeginn.

Frau Erdas begrüßt die Anwesenden, stellt die Beschlußfähigkeit sowie die form- und fristgerechte Einladung fest. Dann gibt sie bekannt, daß der Punkt 3 „Ethnische Ökonomie – Sachstand – Vorstellung der Ansprechpartner:innen“ der Tagesordnungspunkt entfällt, da die Ansprechpartner sich zur Zeit in Mersin befinden. Deren Vorstellung wird in der nächsten Sitzung nachgeholt. Dann gibt sie bekannt, daß die Mercator-Stiftung den Austausch fördere. Inzwischen haben sich 70 Firmen organisiert. Bei der nächsten Konferenz lautet das Schwerpunktthema „Ethnische Ökonomie in der Wirtschaft“. An der Vorbereitung sind das Netzwerk und das Kommunale Integrationszentrum beteiligt.

Ferner gibt sie bekannt, daß es als Tischvorlage eine „Oberhausener Grundsatzerklärung gegen Antisemitismus“ (B/17/5118) gibt, als TOP 6 der Tagesordnung. Sie fordere für alle Mitglieder des Integrationsrates die gleiche Ausstattung wie für die Ratsmitglieder (in bezug auf Tablets). Man stehe diesbezüglich im Austausch mit der Stadtverwaltung.

Die Sitzung beginnt mit der Verpflichtung eines neuen Mitglieds des Integrationsrates. Frau Imer wird Herrn Telli nachfolgen.

„Einbürgerungsproblematik“ als Lobbyarbeit.

Eine sehr lange Debatte ergibt sich unter Punkt 2 der Tagesordnung „Einbürgerungsproblematik und weitere Herausforderungen“.

Frau Erdas erklärt, daß die Wartezeit ein Problem sei. Das Thema begleite einen seit Jahren, man diskutiere. Es sind vom Ausländeramt die Bereichsleiterin Frau Dr. Huxhorn und Herr Ohletz (Bürgerservice und Öffentliche Ordnung) anwesend.

Die neue Bereichsleiterin Frau Dr. Huxhorn stellt sich vor. Seit sieben Jahren arbeite sie bei der Stadt Oberhausen; jahrelang im Jobcenter und zuletzt im Jugendamt. Sie habe Jura studiert und ihre Promotion über Jugendliche mit Migrationshintergrund geschrieben. Seit 2008 befasse sie sich mit Ausländerrecht. Zur Zeit habe sie 44 Kollegen. Das Ausländerrecht zeichne sich dadurch aus, daß es viele gesetzliche Änderungen gebe. Das sei prinzipiell gut, bedeute aber viel Arbeit. Sie sei 40 Jahre alt und wohne in Dorsten.

Frau Erdas spricht das Problem der langen Wartezeiten bei der Terminvergabe an.

Herr Ohletz erklärt, er habe Verständnis für die Kritik an der Wartezeit, da für die Betroffenen eine Menge davon abhänge. Es gebe allerdings Anfragen von Personen, die die Bedingungen nicht erfüllten. Diese seien mit einem telephonischen „Nein“ nicht zufrieden und bestünden auf einem persönlichen Termin. Mit solchen Fällen habe man vermehrt zu tun.

Man sei dabei, ein neues Konzept zu entwickeln. Drei neue Kolleginnen werden eingearbeitet, um im neuen Front Office die Fälle abzufangen, die keine Chance auf eine Einbürgerung haben. Die Sachbearbeiter seien dann nur für diejenigen da, bei denen begründete Aussichten auf Einbürgerung bestünde. Im Sommer wolle man das Front Office eröffnen.

Frau Erdas erklärt, aus persönlichen Gesprächen habe sie den Einruck, das größte Frustpotential bestehe darin, daß die Wartezeit für ein Erstgespräch sehr lange (bis zu einem Jahr?!) dauere. Wie lange dauere denn der Prozeß der Einbürgerung, wenn er einmal eingeleitet sei.

Herr Ohletz erklärt, die Frist für das Erstgespräch solle verkürzt werden. Dafür sei das Front Office da: Andere, die keinen Anspruch haben, werden erst gar nicht zu den Sachbearbeitern gelassen. Dadurch hoffe man, die Fristen für das Erstgespräch verkürzen zu können.

Im Bereich der Aufenthaltstitel habe es einmal einen Terminstau gegeben. Dann habe man ein Front Office gebildet und den Stau abgearbeitet. Man hoffe bei der Einbürgerung auf den gleichen Effekt.

Herr Karacelik (LINKE) erklärt, daß beim türkischen Konsulat die Paßangelegenheiten in drei Wochen geregelt würden, in Oberhausen brauche man sechs Wochen. Die Menschen hätten ein Recht darauf, ihren Urlaub zu planen usw. usw.

Frau Dr. Huxhorn erklärt, man rede besser über Einzelfälle. Nach § 3 des Aufenthaltsgesetzes sei der Antragsteller dafür verantwortlich, rechtzeitig die Papiere zu besorgen. Es gebe aktive Mitwirkungspflichten. Außerdem gebe es die Möglichkeit der Fiktionsbescheinigung (Hinweis: Das ist der Nachweis eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes.) für den bevorstehenden Urlaub.

Herr Karacelik (LINKE) erklärt, er habe in konkreten Fällen im Ordnungsamt bei Herrn Ohletz angerufen, seinen Namen und seine Telephonnummer dagelassen. Ein Rückruf sei aber nicht erfolgt.

Herr Ohletz erklärt, vor 2015 habe das Ausländeramt 30 Mitarbeiter gehabt; heute seien es 44.

Herr Babic, zu Herrn Karacelik gewandt: Er habe doch gerade ein tolles Angebot von der Chefin des Ausländeramtes bekommen. Er möge ihr doch eine Chance geben und das Front Office abwarten. Dann werde es sicher besser werden.

Frau Dr. Huxhorn macht darauf aufmerksam, daß die Bundesdruckerei auch viel zu tun habe. Auf deren Terminierung habe man hier keinen Einfluß. Nach dem Erhalt des PIN-Briefes könne man in Oberhausen vorsprechen. (Hinweis: Der PIN-Brief gehört zum elektronischen Aufenthaltstitel.)

Weiter gibt es das Problem der sog. Doppelbüros; diese Kollegen können Termine nur versetzt anbieten. Man brauche mehr Büroräume; auch dadurch würde dann eine schnellere Bearbeitung möglich sein. Dieses Thema, so Herr Ohletz, stehe regelmäßig auf der Tagesordnung. Für mehr Einbürgerungen seien mehr Räumlichkeiten notwendig. Eventuell sei dieses Raumproblem bis Ende des Jahres gelöst; vorher aber nicht.

Frau Erdas erklärt, der Integrationsrat sei ein Lobbyist für einen bestimmten Teil der Gesellschaft. „Wir sehen, die gehen unter.“ Und: „Wir müssen hier sensibilisieren.“ Man müsse erreichen, daß dem Ausländeramt Räume und Personal prioritär zukommen.

Dann kritisiert sie, daß Routinevorgänge teilweise sehr lange dauern. Bei Einladungen beispielsweise gehe man hin und sei in einer Viertelstunde wieder draußen. Man müsse bei der Terminierung Unterschiede bei den Vorgängen machen, damit so etwas schneller gehe.

Frau Dr. Huxhorn legt dar, daß es in bezug auf Einladungen und Verpflichtungen seit 2022 das Front Office gebe. Das Land NRW habe viel Geld für die Digitalisierung aller Ausländerämter bereit gestellt. Zur Zeit arbeite sie an „Dibera“; abgekürzt für „Digitale Beratung“. Es gebe klare Fälle; beispielsweise EU-Bürger, seit Jahren ansässig, gesichertes Einkommen. Das seien Fälle für Dibera. Ziel sei es, für die komplizierten Fälle Zeit zu gewinnen. Darum können sich die Sachbearbeiter ausführlicher kümmern. Auf Nachfrage erklärt sie, daß Dibera ein Oberhausener Projekt sei.

Vielfalt ist meine Heimat – Sachstand.

Herr Telli weist unter Punkt 3 der Tagesordnung auf die Wochen gegen Rassismus (11. bis 24. März) hin. Man habe drei bzw. vier Filme gezeigt und pro Vorstellung etwa 80 bis 100 Besucher gehabt. In der Zusammenarbeit mit dem Jugendparlament habe man neue Menschen erreichen können. Das sei die Mitte der Gesellschaft.

Mit der Führungsebene des Jobcenters (50 Personen) habe man im Technischen Rathaus konferiert. Thema: Diversity und Sensibilisierung, die auch im Umgang mit der Klientel durchschlägt. Es gebe regelmäßig Fortbildungen für Mitarbeitende.

Dann weist er auf das „Vielfalt“-Emblem am Jobcenter Marktstraße hin.

Bei der Veranstaltung „Tackenberg ist bunt“ seien neben der Vorsitzenden des Integrationsrates etwa 150 Personen anwesend gewesen. „Die Leute wollen Gewalttaten, Diskriminierung und Stigmatisierung nicht mitmachen“ (Telli).

Am 17. 5. 2024 erfolgt in der Lichtburg die Aufführung von „Stimmen der Heimat“. Anläßlich des Jubiläums „50 Jahre Kultursekretariat NRW“ habe man einen Preis ausgeschrieben; und dieser Film habe gewonnen.

Das Kinderpädagogische Institut Kiwi (Oberhausen) wolle das „Vielfalt“-Projekt näher kennen lernen und sich beteiligen. Herr Telli wird es übernehmen, das Projekt dort vorzustellen.

Am 20. 9. 2024 wird der „Kleine Adler“ an allen Kitas in Oberhausen angebracht. Um diese Plakette zu erhalten, müssen die Betreiber schriftlich erklären, was sie jedes Jahr im Rahmen von „Vielfalt“ machen wollen.

Abschließend macht Herr Telli darauf aufmerksam, daß bei den Europawahlen das Wahlalter 16 Jahre ist. Er ruft zur Wahlteilnahme auf: „Je höher die Wahlbeteiligung ist, desto schlechter ist das für die Demokratiehasser und Menschenhasser in diesem Lande.“

Interkulturelle Altenpflege.

Unter Punkt 4 gibt es einen Vortrag „Interkulturelle Öffnung der Alteneinrichtungen der Stadt Oberhausen ASO gGmbH“; gehalten von einer ASO-Vertreterin. Die Grundlagen der „interkulturellen Öffnung“ sind 2019 in einer Konferenz zwischen Trägern und Integrationsrat besprochen worden:

  • Interkulturelles Personalmanagement;

  • Interkulturelle Schule;

  • Kultursensible Pflege.

Aus dem längeren Vortrag ist nur interessant, daß die ASO die Tagespflege „öffnen“ möchte. Man prüfe, eine homogene Gruppe mit Migrationshintergrund zu bilden. „Homogen“ heißt hier „türkisch“, denn: Man habe Mitarbeiter mit türkischen Sprachkenntnissen. Im Oktober 2024 soll der Versuch starten.

In diesem Zusammenhang fragt Herr Aksünger nach einer türkischen Gruppe für die Tagespflege. Antwort: Das sei geplant.

Herr Telli macht darauf aufmerksam, das sei alles eine Geldfrage und man müsse sich das leisten können. Man müsse Anträge stellen und beraten. Frau Keles und Frau Imer arbeiteten da. Viele Leute kennen ihre Ansprüche nicht; man müsse sie darüber aufklären.

Weitere Punkte.

Den Bericht „Förderprogramm ‚2.000 x 1.000 Euro für das Engagement‘ des Landes NRW 2023 (M/17/5009)“ unter Punkt 5 nimmt der Integrationsrat, trotz des Hinweises von Frau Erdas, daß eine Mitarbeiterin der Verwaltung für Fragen zur Verfügung stehe, ohne Wortmeldungen zur Kenntnis.

Zu Punkt 6 „Oberhausener Grundsatzerklärung gegen Antisemitismus (B/17/5118)“ erklärt Frau Erdas, der Integrationsrat wende sich in all seinem Tun gegen Diskriminierung und Stigmatisierung. Auf dieser Grundlage arbeite die auf Dauer angelegte „Vielfalt“-Kampagne.

Der Integrationsrat nimmt die „Grundsatzerklärung“ ohne Wortmeldungen zur Kenntnis.

Unter Punkt 7 „Mitteilungen und Anfragen“ kommen verschiedene Themen zur Sprache.

  • Herr Telli kündigt für August den Sommerempfang des Integrationsrates an.

  • Für die Gemeinwohlarbeit Lirich kündigt er ein Akteurstreffen (mit Friedemann Bringt, Sozialpädagoge und Projektleiter der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus). Herr Tim Tzscheppan „hat dort den Hut auf“; bei dem könne man sich melden.
  • Frau Arslanbenzer kündigt einen Newsletter des Kommunalen Integrationszentrums an, der vierteljährlich über dessen Arbeit berichten soll. Mittelfristig wolle man auf Akteure und Träger zugehen, um sie zu beteiligen. Auch wolle man Informationen über Gesetze, Studien usw. auf Bundesebene anbieten.

  • Die Papiere zum Integrationskonzept, zum Integrationsmonitoring und zum Integrationskonzept für Geflüchtete seien seit 2019 nicht mehr bearbeitet worden. Für das erste oder zweite Quartal 2025 sei eine Aktualisierung geplant, die dann im Rat vorgelegt werde.

  • Beim Monitoring werde man die Indikatoren prüfen, Statistiken erstellen und Maßnahmen vorschlagen.

  • Die Integration App werde jetzt in 13 Sprachen angeboten.

  • Herr Ejodamen (NIVID) bedankt sich bei Frau Arslanbenzer für die gute Zusammenarbeit und die Informationen, die er erhalten habe. Er bitte darum, daß alle Migrantenvereine Informationen bekommen. Am 29. 6. 2024 feiere NIVID in Altenberg. Der Integrationsrat sei dazu eingeladen.