Noch vor kurzem, Anfang Mai, hatten wir Gelegenheit, Dr. Gass zur Verleihung der Ernst-Cramer-Medaille zu beglückwünschen. Nun hat er am 28. August den Mitgliedern des Aufsichtsrates der Kufita gGmbH seinen Abschied von den Kurzfilmtagen angekündigt. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20240904b_Dr_Gass_Abschied
„Nach 27 Jahren in der Leitungsfunktion der Kurzfilmtage verlasse ich Oberhausen mit herzlichem Dank an Sie alle, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das Publikum und die Vertreter der Stadt für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Ich habe den Umgang mit Ihnen immer als freundlich und konstruktiv erlebt. Es ist fraglos eine bedeutende Leistung von Ihnen, der Oberhausener Bürgerschaft, dieses Festival über so viele Jahrzehnte ermöglicht zu haben. Ich möchte mich von Herzen für ein Vierteljahrhundert des Austauschs und der Zusammenarbeit bedanken und hoffe, dass Sie dem Festival immer freundlich verbunden bleiben werden.“
Den Grund für seinen Abschied hat Dr. Gass ebenfalls mitgeteilt. Ab Februar 2025 wird er als Gründungsdirektor des neuen Hauses für Film und Medien (HFM) in Stuttgart tätig werden.
Auf den ersten Blick hat er, leger gekleidet, etwas von einem Altlinken an sich; jedenfalls sieht er nicht wie jemand aus, den man sich, möglichst noch in den Wirtschaftsteil der FAZ vertieft, als Geschäftsführer einer Firma vorstellt.
Was ihn auf den zweiten Blick, und dafür um so nachhaltiger, auszeichnet, ist seine ruhige und ausgeglichene Art. Das hebt ihn vor vielen anderen im Oberhausener Kulturbetrieb vorteilhaft heraus.
Wegen seiner aus humanitären Beweggründen geäußerten Kritik am Überfall der Hamas am 7. 10. 2023 auf Israel ist er nachgerade zum Gegenstand einer linken Medienkampagne geworden, die ihn, so glauben wir, auch persönlich getroffen hat.
In den Interviews, die er im Nachgang gegeben hat, etwa der „Welt“ oder der „Neuen Züricher“, ist seine Verortung im linken Spektrum spürbar. Er leidet offenbar daran, daß in einem größeren Teil des Milieus, dem er sich zugehörig fühlt, so etwas wie eine ideologische Verhärtung stattgefunden hat, der er zum Opfer gefallen ist. Er leidet an seiner Beobachtung des Verfallsprozesses der Linken; der, wie er es einmal selbst ausgedrückt hat, regressiven Form der Politisierung, welche die drängenden Fragen in den Hintergrund treten läßt.
Die Interviews zeigen einen zuweilen empfindsamen Menschen, der sich trotz eines fest eingenommenen Standpunktes die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur kritischen Distanz auch zu sich selbst bewahrt hat.
Seine politische Einstellung hat er mir gegenüber, als AfD-Vertreter, nie zur Schau getragen; ein Grund mehr, ihm Respekt zu zollen.
Wir wünschen ihm in der gleichen Weise, wie er in seinem Abschied von den Kurzfilmtagen über unsere Heimatstadt geschrieben hat, ebenso herzlich alles Gute für die Zukunft und beruflich viel Erfolg an seiner neuen Wirkungsstätte.