In dieser Folge betrachten wir die Ratsdebatten über weitere Verwaltungsvorlagen aus der letzten Ratssitzung, soweit sie von allgemeinem Interesse sind. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20241012b_Rat_20240923_4
Masterplan Handwerk Oberhausen (B/17/5513).
Der „Masterplan Handwerk“ ist nichts anderes als ein Rahmenplan, der auf einer im August 2023 durchgeführten Betriebsbefragung mit anschließender Auswertung basiert. In den wichtigsten Themenfeldern – vorrangig Fachkräfte, Digitalisierung, Mobilität, Flächenverfügbarkeit, Schwarzarbeitsbekämpfung, Vergabe – soll durch ein Zusammenwirken von Kreishandwerkerschaft und Stadtverwaltung der Wirtschaftsstandort Oberhausen im Bereich Handwerk gestärkt werden.
Bestandteil des Masterplans ist eine statistische Übersicht u.a. zu Branchenschwerpunkten und Umsätzen des Handwerks in Oberhausen. Wichtiger noch ist die in 11 Punkte gegliederte allgemeine Beschreibung der Problemlagen, woran sich eine detaillierte Beschreibung anschließt. Dabei wird nach einem durchgehenden Schema jedes Einzelbeispiel in der Reihenfolge Problem – Ziel – Maßnahme behandelt.
In der Ratssitzung äußerte sich der Stadtverordnete Bischoff (SPD) zu Masterplan. Er ist Inhaber der bekannten Fleischerei gleichen Namens und als solcher ein ausgewiesener Kenner der Materie:
Herr Bischoff bedankt sich zunächst bei der Verwaltung und namentlich bei Herrn Güldenzopf, daß man hier auf 29 Seiten ein Werk mit Leitlinien zusammengestellt habe. Die Wichtigkeit des Handwerks ergebe sich schon dadurch, daß bei einem Jahresumsatz von 1,7 Mrd. € jeder fünfte Arbeits- und jeder dritte Ausbildungsplatz in Oberhausen im Handwerk angesiedelt sei.
Er lege gerade der Verwaltung ans Herz, sich diese Vorlage zum Wohle aller Oberhausener durchzulesen und auch zu verinnerlichen. Er nenne hier nur ein paar Beispiele [als besonders dringliche Probleme; EN]): Genehmigungen, Ausnahmegenehmigungen, Sondergenehmigungen, aber auch der Umgang mit Parkflächen. Er hoffe durch diesen Masterplan auf ein weiterhin prosperierendes Handwerk in dieser Stadt.
Nach einem Wort des Dankes von Herrn Benter (CDU) an alle an dem Masterplan Beteiligten unter Verzicht auf jegliche Inhalte beschloß der Rat die Vorlage einstimmig.
Entgeltordnungen
Insgesamt standen drei Benutzungs- und Entgeltordnungen zur Verabschiedung an; nämlich für
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die LUDWIGGALERIE Schloß Oberhausen (B/17/5577);
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die Artothek der Stadt Oberhausen (B/17/5580);
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die Malschule der Stadt Oberhausen (B/17/5587).
Technisch handelte es sich um drei getrennt zu beratende Vorlagen, aber in der Debatte wurden sie, soweit es überhaupt zu Stellungnahmen kam, gemeinsam behandelt.
Alle Vorlagen wurden gegen die Stimmen der LINKEN beschlossen; lediglich bei der LUDWIGGALERIE enthielt sich BOB, da in der HFA-Sitzung des 16. September ein Änderungsantrag, eingebracht durch Herrn Bruckhoff (BOB), abgelehnt worden war.
Herr Karacelik (LINKE) bemerkte einleitend, er vergesse immer wieder, daß die Ratssitzung übertragen werde. Die Öffentlichkeit habe nun ein Recht darauf, zu erfahren, warum die LINKE gegen die Vorlagen stimme.
Es handele sich bei allen drei Vorlagen – LUDWIGGALERIE, Artothek, Malschule – um Erhöhungen der Eintrittspreise. Dadurch werden die Oberhausener Bürger betroffen; das sehe die LINKE nicht ein und daher stimme man gegen diese Gebührenerhöhungen.
Es folgten etwas langatmige Ausführungen des Stadtverordneten Scherer (SPD) zur sozialdemokratischen Kulturpolitik („vom Begriff ‚Solidarität‘ geprägt“) und der Hinweis, daß die Preise sehr lange nicht mehr erhöht worden seien. Vergünstigungen – siehe LUDWIGGALERIE – seien nicht gestrichen, sondern „eigentlich noch mal gestrafft“ worden. Mit dem grundsätzlich freien Eintritt für die unter 18jährigen gebe es sogar neue Vergünstigungen.
Inhaltlich angreifbar sind seine Darlegungen, daß die Preisdifferenz bei den Eintrittspreisen direkt denjenigen zugute käme, welche die Führungen durchführten. Diese hätten seit schätzungsweise 25 Jahren das erste Mal dadurch eine Honorarerhöhung. Auch da sei man sehr zufrieden und freue sich sehr, daß das mit dieser neuen Gebührenordnung möglich sei.
Wer den kulturpolitischen Sprecher der SPD im Kulturausschuß erlebt, kennt dieses Wortgeklingel zur Genüge: Alles hört sich irgendwie schön an, ist aber in der Substanz schwer faßbar; so auch hier. Vielleicht spielte der SPD-Vertreter auf zwei Pädagoginnen an, die seit ungefähr 20 Jahren u.a. in bzw. für die LUDWIGGALERIE auf Honorarbasis Führungen usw. durchführten.
Am 25. 9. 2023 hatte der Rat die Einrichtung zweier halber Stellen im Bereich 08 – Kunst / Museumspädagogik beschlossen, ohne die Vorlage (B/17/3942-01) im Kulturausschuß vorzuberaten. Laut Kulturdezernent hatte die Dringlichkeit des Anliegens (!) – die Änderung eines seit 20 Jahren bestehenden Zustandes arbeitsrechtlicher Natur – eine Vorberatung im Kulturausschuß unmöglich gemacht (so in der HFA-Sitzung vom 18. 9. 2023).
Wie dem auch sei; der Beifall aus den Reihen der eigenen Fraktion zeigte, daß der Stadtverordnete Scherer wieder einmal sehr schön gesprochen hatte.
Zur ÖPNV-Anbindung des Niederrheinstadions.
Wie wir bereits berichteten, hatte in der HFA-Sitzung vom 16. September eine sehr breite Mehrheit die Anbindung des Stadions an das ÖPNV-Netz mit einer regulären Buslinie befürwortet und den Erprobungsversuch mit Kleinbussen (Pendelverkehr zwischen Stadion und Centro oder evtl. Hauptbahnhof, Variante 2) abgelehnt. Darauf lief der CDU-FDP-Änderungsantrag A/17/5595 zur Verwaltungsvorlage B/17/5595 hinaus.
In der Debatte erklärte der CDU-Vertreter Nakot, man habe sich darauf geeinigt, daß der Bereich des Stadions Niederrhein nicht mehr nur von Vereinen geprägt sei. Es sei zwischenzeitlich ein Besuchermagnet geworden – er nennt Beispiele – und daher sei die Variante 2 der Verwaltungsvorlage nicht geeignet. Der in dieser Variante vorgeschlagene Kleinbusbetrieb würde zur Ausgrenzung von beispielsweise Menschen mit Behinderung führen, da diese einen Kleinbus nicht nutzen könnten. Daher fordere die CDU die Variante 1.2, nämlich den normalen Busbetrieb, auch wenn das eine Fahrzeitverlängerung von 5 oder 6 Minuten für die Strecke von Sterkrade bis Alt-Oberhausen bedeute. Man solle das auf jeden Fall einmal testen, wie das Angebot angenommen werde, und könne dann im Nachhinein entscheiden. Das sei ein Vorschlag, der mit SPD und FDP gemeinsam hier vorgelegt werde.
Herr Dobnik (GRÜNE) legte dar, anders als in den Vorberatungen dargelegt, wären die angebotenen Kleinbusse auch in der Lage gewesen, Rollstuhlfahrer oder andere Personen zu transportieren. Seine Fraktion hätte gerne Variante 2 als ein Pilotprojekt gesehen, um nach einer Evaluierung die Lösungsvariante „Kleinbusse“ eventuell auch anderswo im Stadtgebiet anzubieten. Man sehe durchaus den Bedarf einer stärkeren Anbindung an den ÖPNV und stimme daher dem Änderungsantrag zu.
Frau Hansen (LINKE) begründete in einer Rede die Haltung ihrer Fraktion:
Die LINKE wolle in Oberhausen ein Verkehrskonzept, in dem sich alle preisgünstig, schnell, sicher und ohne Hürden und Zugangsbeschränkungen bewegen können. Das Ziel der radikalen verkehrspolitischen Wende sei die Ablösung des Autos als wichtigstes Verkehrsmittel durch den ÖPNV, das Fahrrad und Fußgängerverkehr. Dazu müsse man die Attraktivität des ÖPNV erhöhen sowie das Nahverkehrsnetz energieeffizient und kostengünstig ausbauen.
Die Anbindung des Stadions Niederrhein sei ein längst überfälliger Schritt und ihr Fehlen stehe für die schlechte und unüberlegte Verkehrsplanung der Vergangenheit. Die LINKE hätte für einen gemeinsamen Änderungsantrag zur Verfügung gestanden; das sei von den Antragstellern offenbar nicht gewollt worden. Dennoch trage man den Änderungsantrag [A/17/5747] mit und hoffe, daß dieses nicht die letzte Verbesserung im öffentlichen Personennahverkehr bleibe.
Herr Hoff (FDP) erklärte, der gemeinsame Änderungsantrag bringe die längst fällige Anbindung des Stadtions Niederrhein mit „echten Bussen“ (er erläutert diesen Ausdruck). Das sei eine echte Förderung des ÖPNV und der richtige Schritt in Richtung einer auch wie immer gestalteten Mobilitätswende.
Herr Real (SPD) schloß sich den Argumenten seines Vorredners vollumfänglich an. An die LINKEN gerichtet: Es sei durchaus denkbar, daß der künftige Nahverkehrsplan der Stadt Oberhausen die Linie 966 so führe, daß man diesen Bereich nicht mehr umfahre, sondern anbinden kann. Dieser Antrag sei ein erster Schritt, aber es sei auch eine Aufgabe, darüber nachzudenken, wie der ÖPNV in dieser Stadt künftig besser und sinnvoller gemacht werden könne.
Herr Kempkes (AfD) betonte, die STOAG habe in dieser Vorlage nicht erklärt, mit welcher Personalstruktur sie die Leistung erbringen möchte. Er befürchte, das laufe auf die Beschäftigung von Subunternehmern hinaus, die Tarifverträge unterlaufen würden. Die AfD lehne daher im Interesse der Arbeitnehmer ab.
Herr Real (SPD) antwortete, es sei richtig, daß zur Abdeckung von Arbeitsspitzen Subunternehmer herangezogen würden, aber diese seien alle tariflich gebunden. Sie hätten zwar nicht den Tarifvertrag der STOAG, aber sie hätten andere Tarifverträge. Zu Herrn Kempkes gewandt: Das sei eine Lüge, was dieser gerade gesagt habe.
Herr Kempkes (AfD) wies die Bezichtigung der Lüge durch Herrn Real zurück. Er habe nie gesagt, daß diese Subunternehmen keine Tarifverträge hätten, sondern es laufe darauf hinaus, wie er, Herr Real, selber eingeräumt habe, daß die Tarifverträge der Subunternehmer tendenziell unter dem STOAG-Tarifvertrag blieben. Deshalb lehne man diesen Antrag ab. Das seien Tatsachen; er wisse, daß die SPD als Partei schon längst den Arbeitnehmer aus den Augen verloren habe. Man gehe salopp über das Thema hinweg. Die STOAG habe in den Ausschüssen nichts zu dem Thema gesagt. Daher bleibe man bei der Ablehnung, obwohl die AfD die Verkehrsanbindung des Niederrhein-Stadions an sich für gut und richtig halte.
Der Rat beschloß den Änderungsantrag A/17/5747 gegen die Stimmen der AfD.
Der Oberbürgermeister fügte hinzu, die ursprüngliche Verwaltungsvorlage sei durch diesen Antrag ersetzt und es ergebe sich daher keine Notwendigkeit, darüber abzustimmen.