Eine Sondersitzung des Rates, in der es den LINKEN um die Schulpolitik ging. Allerdings war es wohl als Wahlkampfveranstaltung gedacht. Es gibt Gründe für eine solche Einschätzung; siehe den Nachtrag. Von E. Noldus.

Der Text als pdf-Datei: 20250910b_Rat_Sondersitzung_20250901

Zur Vorgeschichte.

Die LINKE hat am 11. 8. 2025 beim Oberbürgermeister die Einberufung einer Sondersitzung beantragt und sich dabei auf § 47 der Gemeindeordnung berufen.

Dieser sagt u. a. aus:

„Im übrigen tritt der Rat zusammen, so oft es die Geschäftslage erfordert, jedoch soll er wenigstens alle zwei Monate einberufen werden. Er ist unverzüglich einzuberufen, wenn ein Fünftel der Ratsmitglieder oder eine Fraktion unter Angabe der zur Beratung zu stellenden Gegenstände es verlangen.“

Als sachliche Begründung teilte die LINKE-Fraktion den dringenden Handlungsbedarf im Bereich der Oberhausener Schulpolitik mit. Daraus leitete sie gewisse Forderungen an die Verwaltung ab, die auch in öffentlichen Mitteilungen erhoben worden sind.

Der Oberbürgermeister teilte dem Antragsteller am nächsten Tage mit, daß er den Antrag mit Blick auf § 47 GO NRW und § 1 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Rates einer juristischen Prüfung unterziehen werde. Dem Begehren des Antragstellers wurde entsprochen und den Fraktionen mit Schreiben vom 22. 8. 2025 die Einberufung der Sondersitzung mitgeteilt, nachdem in einer vorangegangenen Sitzung des Ältestenrates der Sachverhalt erörtert worden war.

Die Tagesordnung.

Neben der formalen „Aktuellen Stunde“, die nur in den seltensten Fällen mit Inhalt gefüllt ist, gab es eine Wahl von stimmberechtigten Delegierten für den nächsten Städtetag, und vier Anträge der LINKEN mit Bezug zum Oberhausener Schulwesen:

  • Errichtung einer sechszügigen Gesamtschule in Lirich (A/17/7005);

  • Errichtung einer sechszügigen Gesamtschule in Sterkrade (A/17/7006);

  • Wiedereröffnung der Heideschule (A/17/7008);

  • Erstellung eines Schulentwicklungsplans für die Jahre 2026 bis 2030 (A/17/7009).

Der letzte Antrag bezog sich auf den von der Verwaltung vorgelegten Schulentwicklungsplan 2025 bis 2035. Eine weitere Verwaltungsvorlage betraf den Erweiterungsneubau für die Astrid-Lindgren-Schule.

Eine Debatte zu Geschäftsordnung.

Der Oberbürgermeister eröffnete die Sitzung – es waren 49 Stadtverordnete von 57 anwesend – und erläuterte kurz den Anlaß der Sitzung. Danach meldete sich die CDU-Stadtverordnete Hausmann-Peters und stellte im Namen von CDU, GRÜNEN, FDP und BOB den Geschäftsordnungsantrag auf Absetzung von Punkt 4 der Tagesordnung.

Frau Hausmann-Peters, die die Interessen ihrer Fraktion in Sachen Schulpolitik stets sachkundig vertritt, unternahm eine Kritik der Anträge der LINKEN. Auf deren Betreiben würde man „heute heute über sehr komplexe Fragestellungen beraten und in Folge dessen, wenn es nach Ihnen geht, auch über Großprojekte beschließen, die von entscheidender Bedeutung für unsere Stadt sind und weitreichende Auswirkungen und Konsequenzen nach sich ziehen.

In einer so kurzfristig einberufenen Sondersitzung sollen wir Entscheidungen treffen, ohne belastbare Daten und solide Analysen, die sowohl den Bedarf belegen als auch räumlich verorten, ohne auch nur entfernt eine Idee zu den Möglichkeiten der Finanzierung zu haben und auch ohne den zuständigen Fachausschuß zu beteiligen, in dem ja nicht nur Politik vertreten ist, sondern beratend auch Vertreterinnen und Vertreter der Schulen sowie der Schulaufsicht.“

Sie nannte das Vorhaben der Antragsteller „unseriös, verantwortungslos und auch unredlich“. Die Anträge gehörten in den normalen Beratungsgang, beginnend mit dem fachlich zuständigen Schulausschuß in elf Tagen.

Herr Karacelik (LINKE) betonte die Chance, Stadtgeschichte zu schreiben und die Bildungsmisere anzugehen. Oberhausen habe zu wenig Schulen, die Klassen seien zu groß und das sei eine starke Belastung für Schüler und Lehrkräfte.

Daher habe man vier Anträge eingereicht zur Einrichtung von sechszügigen Gesamtschulen in Sterkrade und Lirich, zur Wiedereröffnung der Heideschule in Osterfeld und zur Erstellung eines Schulentwicklungsplans für die Jahre 2026 bis 2030:

„Lassen Sie uns darüber sprechen, das ist wichtig, und entsprechende Beschlüsse heute fallen. Wir haben vier Beschlüsse, die sind sehr fundiert und die sind schon in mehreren Schulausschüssen behandelt worden.“

Die Anträge von der Tagesordnung zu nehmen, sei nicht der richtige Weg. Er bedankte sich bei der SPD, daß diese den Antrag auf Absetzung nicht mittragen würde und appellierte an die GRÜNEN, „gemeinsam diese Chance zu ergreifen. Ich appelliere nochmal, daß wir heute für Oberhausen, für die Schüler, für die Lehrkräfte diese vier Beschlüsse gemeinsam fassen.“

Frau Bongers (SPD) schlug vor, über die vorgeschaltete Verwaltungsvorlage – den Schulentwicklungsplan – abzustimmen und auch über einen „ Unterpunkt der Linken Liste“. Damit meinte sie die Errichtung einer neuen Gesamtschule in Lirich, wie es in der Vorlage stehe, der man in diesem Punkte zustimmen werde.

Herr Hoff (FDP) und Frau Opitz (GRÜNE) begründeten ihre Unterstützung für die Absetzung des Punktes 4 (Wahlkampfmanöver, notwendige Vorberatung in den Fachausschüssen). Danach stellte Herr Kempkes (AfD) einen Antrag auf „Ende der Debatte“.

Herr Bruckhoff (BOB) bekam noch die Gelegenheit, sich im Sinne seiner Vorredner Hoff und Opitz zu äußern. Damit, so der Oberbürgermeister, sei allen Fraktionen und Gruppen die Gelegenheit gegeben worden, zum Antrag zur Geschäftsordnung Stellung zu nehmen. Weitere Wortmeldungen würden wegen der an dieser Stelle eindeutig formulierten Geschäftsordnung nicht zugelassen.

Hinweis: Nach § 5 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Rates können Anträge auf Schluß der Aussprache nur gestellt werden, wenn jede Fraktion, jede Gruppe oder jeder Einzelvertreter die Gelegenheit hatte, zur Sache zu sprechen. Absatz 5 präzisiert für den hier vorliegenden Fall:

Wird ein Antrag zur Geschäftsordnung gestellt, so erhält jede Fraktion oder Gruppe Gelegenheit, für oder gegen den Antrag zu sprechen. Danach ist über den Geschäftsordnungsantrag abzustimmen.“

Mit der gewagten Interpretation, weitere Wortmeldungen seien an dieser Stelle nicht zugelassen, stellte der Oberbürgermeister ohne Abstimmung das Ende der Aussprache fest und enthob so den Rat der Verlegenheit, eventuell einem AfD-Antrag zur Geschäftsordnung zustimmen zu müssen. Wir stellen dem Leser die Überlegung anheim, ob der Antrag des Stadtverordneten Kempkes formal richtig war und ob eine Abstimmung hätte durchgeführt werden müssen.

Abschließend erfolgte die Abstimmung über den CDU-Antrag. Dieser wurde von CDU, GRÜNEN, AfD, FDP und BOB unterstützt; dagegen stimmten SPD und LINKE. Damit wurde Punkt 4 der Tagesordnung gestrichen.

Die übrige Tagesordnung.

Zur aktuellen Stunde lag, wie üblich, nichts vor.

Am 8. 10. 2025 findet in Bochum eine Sitzung des NRW-Städtetages statt, auf der eine Satzungsänderung vorgenommen werden soll. Dazu waren stimmberechtigte Delegierte zu wählen (Vorlage B/17/6997). Es wurden vorgeschlagen:

Herr Nakot und Herr Höppner (beide CDU), Frau Heitmann und Herr Sahin (beide SPD) sowie Frau Opitz (GRÜNE) und Herr Hoff (FDP). Gegen diesen „einheitlichen Wahlvorschlag im Sinne des § 50 Absatz 3 der Gemeindeordnung“ gab es keine Einwände, so daß dieser Vorschlag bei Enthaltung der AfD einstimmig gebilligt wurde. interpretieren dürfe oder ob es Einwände gebe. Danach billigte der Rat einstimmig – mit der AfD – den Beigeordneten Jehn als Vertreter der Stadt Oberhausen nach § 113 der Gemeindeordnung.

Abschließend wies der Oberbürgermeister darauf hin, daß er und der Beigeordnete qua Amt beim Städtetag stimmberechtigt seien und nicht vom Rat entsendet werden müßten.

Durch den Wegfall von Punkt 4 der Tagesordnung blieb nur noch eine Beschlußfassung zur Errichtung eines Erweiterungsneubaus an der Astrid-Lindgren-Schule, für den ein überplanmäßiger Mittelbedarf geltend gemacht wurde (B/17/6972). Der Rat beschloß die Vorlage ohne Wortmeldungen einstimmig.

Damit endete die Sitzung nach knapp 20 Minuten.

Nachtrag.

In der WAZ erschien am 1. September, also am Tage der Sitzung, eine Notiz „Kundgebung zum Antikriegstag“. Darin wurde für 16 Uhr eine Kundgebung auf der Marktstraße / Ecke Elsässer Straße angekündigt, um auf „die Situation in Gaza“ aufmerksam zu machen. Auch Yusuf Karacelik war als Redner für die um 16 Uhr beginnende Veranstaltung angekündigt.

Wir haben starke Zweifel, ob bei einer wirklichen Debatte über die vier Schulanträge der LINKEN plus Verwaltungsvorlage, das Thema ist generell ein Anlaß für alle Fraktionen für Redebeiträge „von vorne“ – also 3 Minuten plus X am Rednerpult, Herr Karacelik rechtzeitig auf der Kundgebung eingetroffen wäre. Jedenfalls war diese Ankündigung ein Signal des Antragstellers, daß er nicht mit einer Debatte rechnete. Die – Zitat Karacelik – „Chance, Stadtgeschichte zu schreiben und die Bildungsmisere anzugehen“ war also eine leere rhetorische Floskel ohne Bedeutung.