Nachfolgend versuchen wir einen Gesamtüberblick unter Auslassung derjenigen Punkte, auf die wir gesondert zu sprechen kommen. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20251006b_Rat_20250929_allg
Eröffnung der Sitzung.
Die Eröffnung der Sitzung war insofern besonders, als in der Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters sich der SPD-Kandidat Berg zur allgemeinen Überraschung durchgesetzt hatte. Oberbürgermeister Schranz kündigte sich an, nach dieser Entscheidung des Wählers sich aus der Kommunalpolitik zu verabschieden. Er dankte dem Rat für die konstruktive Zusammenarbeit. 31 Jahre habe er dem Rat angehört, davon 14 Jahre als Fraktionsvorsitzender und 10 Jahre als Oberbürgermeister: „Es war mir eine Ehre. Vielen Dank!“
Lang anhaltender Beifall aller Stadtverordneten unterbrach ihn. Von den Vertretern der AfD-Fraktion erhielt er keinen Beifall.
Danach kam der Oberbürgermeister auf die üblichen formalen Dinge zu sprechen, so daß die Dinge ihren gewohnten Gang nahmen.
Dazu gehörten die „aktuelle Stunde“ unter TOP 2, zu der, wie üblich, nichts vorlag.
Die Verleihung des Ehrenrings der Stadt Oberhausen (B/17/7098) wurde vom Rat ohne Wortmeldungen einstimmig beschlossen. Die SPD-Stadtverordnete Helga Grothe erhielt den Ehrenring in „Anerkennung für besondere kommunalpolitische Verdienste innerhalb von insgesamt 15 Jahren Ratsmitgliedschaft im Rat der Stadt bzw. das Wirken in drei Wahlperioden zur Förderung des Wohles und des Ansehens der Stadt Oberhausen.“
Wir sagen auch von dieser Stelle aus „herzlichen Glückwunsch“!
Die Änderung der Paragraphen 15 und 22 der Geschäftsordnung für den Rat (B/17/6938) wurde ohne Wortmeldungen gegen die Stimmen der AfD beschlossen. Es handelt sich um eine Anpassung an die Gemeindeordnung, die vom Landesgesetzgeber mit Wirkung zum 1. 11. 2025 geändert worden ist.
Die Ablehnung der AfD erscheint naturgemäß sinnlos, da eine Kommune stets an die Vorgaben der Gemeindeordnung gebunden ist. Der Punkt ist der:
In der alten Fassung von § 50 Abs. 2 Satz 1 GO waren Wahlen unter bestimmten Bedingungen offen durchzuführen, soweit niemand (also eine Person oder mehr) eine geheime Abstimmung verlangte. In der neuen Fassung muß mindestens ein Fünftel der Ratsmitglieder eine geheime Wahl beantragen (§ 50 Abs. 1 und 2).
Das „Nein“ der AfD war mithin Ausdruck eines Protestes gegen die Beschneidung der demokratischen Rechte von Einzelmitgliedern, Gruppen und Fraktionen, die weniger als ein Fünftel des Rates umfassen.
Zur Übernahme der Altschulden.
Hierzu lag ein Beschlußvorschlag (B/17/7114) der Verwaltung vor. Es handelt sich um die Streichung von 80 Prozent der Kassenkredite der Stadt Oberhausen; mithin um eine Verringerung der städtischen Schulden um ca. 1,2 Mrd. €.
Die CDU-Fraktionsvorsitzende Stehr erging sich in Lobhudeleien „an alle, die mitgewirkt haben an der Altschuldenlösung“. Sie hoffe, daß man in Zukunft auch in Oberhausen solide Finanzen werde erreichen können, klug investieren und das gewünschte Ergebnis dann auch erreichen werde.
Wenn wir hier den Begriff „Lobhudelei“ verwenden, dann deshalb, weil die Altschuldenlösung eine einzige Mogelpackung ist und Frau Stehr nach unserem Eindruck, den wir in den vergangenen fünf Jahren gewonnen haben, eigentlich intelligent genug sein müßte, um das zu erkennen.
Von dem Verdacht, intelligent zu sein, wollen wir Herrn Girrullis (GRÜNE) gerne befreien. Natürlich hätte man vielleicht eine bessere Lösung finden und auch die Frage der Beteiligung des Bundes früher lösen können. Aber jetzt habe man etwas in der Hand und dem könne man zustimmen.
Man dürfe sich nicht wundern, wenn hier kein einstimmiger Beschluß gefaßt werde; denn: Wenn künftig etwas mehr Geld zur Verfügung habe, könne man damit Projekte finanzieren im kulturellen Bereich, im Jugendbereich, im Bereich der politischen Bildung.
Es gebe eine Fraktion, die keine Freude darüber empfinde. Diese Fraktion bzw. deren Partei baue ihren Erfolg darauf, daß es den Menschen und auch der Stadt schlecht gehe.
Herr Noldus (AfD) wandte sich unmittelbar danach vor Redebeginn direkt an die GRÜNEN: Die GRÜNEN hätten sich fast halbiert [von acht auf fünf Ratsmitglieder], die AfD mehr als verdreifacht [von 4 auf 13].
Er hätte auch ein paar Anmerkungen zur Politik der GRÜNEN machen können; dazu nur soviel: Wenn eine Partei, der man 2021 weithin das Potential zusprach, einen Kanzler zu stellen, heute ideologisch im Bereich des politischen Sektierertums einsortiert, dann hat es sich diese Partei ganz allein selbst zuzuschreiben.
In seiner Rede, die übrigens aufmerksamer als sonst verfolgt wurde, legte Herr Noldus dar, warum nach seinem Dafürhalten die Altschuldenlösung keine Lösung ist.
Dabei unterschied er zwischen temporären Faktoren (Inflation, Rezession, Schlüsselzuweisungen) und strukturellen Bedingungen (hauptsächlich Soziallasten aufgrund von neuen Gesetzen mit nur teilweisen Kostenübernahmen von Bund und Land, Investitionen in die Infrastruktur). Die Altschuldenlösung bestehe in einer Reduzierung der Kassenkredite, die eine zweistellige Ersparnis in Millionenhöhe bei den Zinstilgungen bringt. Dem stehen aber Neuverschuldungen 2024 und 2025 im dreistelligen Millionenbereich gegenüber.
Hinweis: Zur Rede des Stadtverordneten Noldus (AfD) siehe Anlage 1.
Herr Prohl (SPD) wollte dennoch „eine Chance für die nächsten Jahre“ sehen, Handlungsspielraum zu haben und dort zu investieren, wo die Menschen erreicht würden.
Im Nachhinein ist es vielleicht ein wenig schade, die wichtigsten Zahlen, die zur Vorbereitung der Rede herausgesucht worden waren und in der Anlage 1 beigefügt sind, nicht gebracht zu haben. Denn was bedeutet eine jährliche Zinsentlastung im Bereich von 20 Mio. € bei einer Neuverschuldung von 101 (2024) bzw. 226 Mio. € (Haushaltsplan 2025).
Der Rat beschloß die Vorlage gegen die Stimmen der AfD.
Eine letzte Wortmeldung…
Es gab drei Themen, die wir nicht hier, sondern separat behandeln; nämlich Schule, Stadion Niederrhein und Handlungskonzept Integration. Fast allen Vorlagen gemeinsam ist, daß über sie ohne Wortmeldungen abgestimmt wurde.
Die Neufassung der Satzung über Auslagenersatz und Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr und die Verdienstausfallentschädigung für ehrenamtliche Helfer der anerkannten Hilfsorganisationen (B/17/7021) wurde selbstverständlich einstimmig beschlossen.
Herr Flore (SPD) meldete sich und merkte an, er sei mit 18 Jahren in die Freiwillige Feuerwehr eingetreten und immer noch ehrenamtlich tätig. Die ehrenamtliche Tätigkeit sei immer sehr schön gewesen. Er hoffe für den Rat, daß diese Helfer, die man für den Katastrophenschutz und weitere wichtige Aufgaben brauchte, entschädigt würden. Es sei ja schließlich kein Gehalt, sondern eine Entschädigung. Man müsse mit den Damen und Herren der Feuerwehr, auch da gebe es inzwischen Damen, so umgehen, daß sie weiterhin ihre Arbeit leisteten.
Er bedankte sich und schloß daran die Anmerkung, das sei höchstwahrscheinlich seine letzte Wortmeldung gewesen.
Die weiteren Verwaltungsvorlagen.
Der Rat beschließt die Vorlage ohne weitere Wortmeldungen einstimmig.
- Stadtsparkasse Oberhausen; hier: Jahresabschluß für das Geschäftsjahr 2024 (B/17/7101); ohne Wortmeldungen gegen die Stimmen der AfD beschlossen. Der Oberbürgermeister machte vorab darauf aufmerksam, daß in der Beratung zur Entlastung der Organe die Mitglieder des Rates, die im Geschäftsjahr 2024 Mitglieder des Verwaltungsrates der Stadtsparkasse Oberhausen warten aufgrund der persönlichen Betroffenheit gemäß § 31 Abs. 1 der Gemeindeordnung nicht mitwirken durften.
- Jährlicher Sachstandsbericht zum integrierten Stadtentwicklungsprozeß (B/17/6775); ohne Wortmeldungen gegen die Stimmen der AfD beschlossen.
- Zustimmung zur Leistung von überplanmäßigen Haushaltsmitteln im Produktbereich 01 – Innere Verwaltung (B/17/7044); ohne Wortmeldungen einstimmig beschlossen.
- Zukunftskonzeption 2030 für die Stadtbibliothek Oberhausen (B/17/6707); ohne Wortmeldungen einstimmig beschlossen.
- Theater Oberhausen: Theaterpakt für die Jahre 2026 – 2030 (B/17/6966); ohne Wortmeldungen gegen die Stimmen von AfD und FDP beschlossen.
- Wahl einer Schiedsperson für den Bezirk 1.1 –Stadtmitte/Styrum/Brücktor/Schlad – (B/17/7003); ohne Wortmeldungen einstimmig beschlossen.
- Erwerb von 3 Rettungswagen (RTW) im Jahr 2027; hier: Außerplanmäßige Bereitstellung eines Verpflichtungsermächtigungsbudgets (VE) 2025, kassenwirksam in 2027 (B/17/7074); ohne Wortmeldungen einstimmig beschlossen.
- Fassadensanierung am Verwaltungsgebäude Bert-Brecht-Haus (B/17/7099); ohne Wortmeldungen einstimmig beschlossen. Diese Angelegenheit war bereits in der vorangegangenen Sitzung des HFA besprochen worden; wir berichteten
Zur Bebauungsplanung.
Zum Bebauungsplan Nr. 30 – Blockstraße/Lohmannshof sowie Beschluß einer Satzung über die Verkleinerung des Geltungsbereichs der Gestaltungssatzung – Zechengelände Alstaden/Alstaden Süd (B/17/6931) gab es eine Wortmeldung von Herrn Dobnik (GRÜNE):
Dieser nannte zwei Möglichkeiten für das an den Ruhrauen liegende Gebiet: Bebauung und damit weitere Flächenbesiedlung oder Belassung in einem natürlichen Zustand.
Die Überflutungsgefahr in einem H-100-Hochwasser und bei extremen Regenereignissen werde in der Vorlage als kritisch, aber noch erträglich bewertet. Der Abwägungsprozeß an dieser Stelle hätte auch zu einem anderen Ergebnis führen können; und das sei für die GRÜNEN der Fall. Angesichts des Klimawandels und dessen Extremwetterfolgen sollte man keine weiteren Grünflächen versiegeln und die hier bezeichnete Fläche lieber zurückhalten.
Der Rat beschloß die Vorlage gegen die Stimmen von GRÜNEN, AfD, LINKEN und BOB.
Ohne Wortmeldungen wurde wie folgt über die weiteren B-Pläne abgestimmt:
- Bebauungsplan Nr. 674 – Bebelstraße (Nahversorgungszentrum Alstaden – südlicher Teil) (B/17/6932); beschlossen gegen die Stimmen von GRÜNEN und LINKEN.
- Bebauungsplan Nr. 759 – Gesamtschule Knappenstraße (B/17/6912); einstimmig beschlossen.
Ferner gab es gemeinsame Flächennutzungspläne (GFNP) der Planungsgemeinschaft Städteregion Ruhr:
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Aufstellungsbeschluß für das Änderungsverfahren 65 OB Grünzug Neue Mitte in Oberhausen (B/17/6915); beschlossen gegen die Stimmen von LINKEN und BOB.
- Aufstellungsbeschluß für das Änderungsverfahren 67 BO Wilhelm-Leithe-Weg Nord in Bochum (B/17/6916); beschlossen gegen die Stimmen der LINKEN.
Auch hier gab es keine Wortmeldungen.
Berichte der Verwaltung.
Sämtliche Berichte, also M-Vorlagen, der Verwaltung wurden jeweils ohne Wortmeldungen vom Rat zur Kenntnis genommen. Es waren dies im einzelnen:
- Geschäftsanweisung für die Finanzbuchhaltung der Stadt Oberhausen (M/17/6922).
- 2. Kenntnisnahme der vom Stadtkämmerer bewilligten über- und außerplanmäßigen Aufwendungen und Auszahlungen des Jahres 2025 (M/17/6954).
- Quartalsbericht zum Ergebnisplancontrolling mit Stand 30.06.2025 (M/17/6963).
- Örtliche Planung nach § 7 Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen (APG NRW) 2024 – 2028 (ehem. Alten- und Pflegeplan der Stadt Oberhausen) (M/17/6987).
- Tätigkeitsbericht 2023/24 der Stadt Oberhausen gemäß § 14 Abs. 12 Wohn- und Teilhabegesetz NRW (M/17/7020).
Die Anträge der Fraktionen und Gruppen waren bereits unter TOP 13 abgehandelt worden und betrafen allesamt Schulangelegenheiten. An weiteren Anträgen gab es nur einen der LINKEN als Änderung einer Verwaltungsvorlage zu einer Machbarkeitsstudie für das RWO-Stadion, der unter TOP 18 abgehandelt worden war.
Anlage 1:
Rede des Stadtverordneten Noldus (AfD) zu Punkt 5 der Tagesordnung „Antrag auf Übernahme der Altschulden gemäß Altschuldenentlastungsgesetz – ASEG NRW (B/17/7114)“.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete!
Warum ist die Altschuldenlösung keine Lösung?
Der städtische Haushalt wird durch zwei Arten von Faktoren bedingt.
Die temporären Faktoren sind
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die Inflation der Jahre 2022 und 2023 mit verstärktem Zuwachs bei den Personalkosten;
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die wirtschaftliche Rezession mit geringeren Steuereinnahmen;
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die Verringerung bei den Schlüsselzuweisungen gemäß Gemeindefinanzierungsgesetz.
Die Schlüsselzuweisungen stellen mit 241 Mio. € ziemlich genau ein Viertel aller Einnahmen dar. Sie liegen damit aktuell um etwa 20 Mio. € niedriger, weil
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andere Kommunen relativ stärker als Oberhausen an Wirtschaftskraft eingebüßt haben; und
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die Soziallasten der Kommunen weniger stark berücksichtigt werden als in der Vergangenheit.
Die generellen Faktoren, die über den aktuellen Haushalt hinaus wirken sind
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steigende Soziallasten: Kindertagesstätten, offener Ganztag, Asylbewerberleistungen, Bürgergeld sind gesetzliche Pflichtleistungen, die aber nicht vollständig durch Bund oder Land finanziert werden.
Mit anderen Worten: Indem die Kommunen jeweils Eigenanteile leisten müssen, wälzen Bund und Land ihre Schulden auf die Kommunen ab.
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Investitionen in die Infrastruktur: In den nächsten 5 Jahren hat Oberhausen geschätzt 900 Mio. € in die Infrastruktur zu investieren; darunter Schulen mit 400 Mio. € und Verkehr mit 320 Mio. €.
Diese Faktoren führen insgesamt zu einem strukturellen Defizit mit jährlich neuen Schulden.
Als Folge davon erlaubt die Landesregierung durch gesetzliche Änderungen den Kommunen ein Schönschreiben der Bilanzen, um den sog. Nothaushalt zu vermeiden.
Diese Änderungen sind
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die Corona-Isolierung 2021;
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die Ukraine-Isolierung 2022;
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der globale Minderaufwand 2024.
Dennoch hat sich die Stadt Oberhausen in den letzten fünf Jahren neu verschuldet; die Ausnahme war 2022.
Die Altschuldenlösung besteht nun darin, die Kassenkredite auf dem Papier von 2024 1,6 Mrd. € auf ca. 300 Mio. € zu verringern.
Das führt zu einer Entlastung bei der Zinstilgung um etwa 20 bis 30 Mio. €.
Dem stehen die Neuverschuldungen 2024 und 2025 in dreistelliger Millionenhöhe € gegenüber.
Fazit:
Die Altschuldenlösung löst die oben skizzierten Grundprobleme nicht und führt für sich genommen auch nicht zu einem ausgeglichenen Haushalt.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Hinweise:
Wegen der Begrenzung der Redezeit auf drei Minuten war es nicht möglich, näher auf den Sachverhalt der Berechnung der Entlastung näher einzugehen; die Einzelheiten entnehme man der Vorlage B/17/7114. Auch ist die Bezugnahme in der Rede auf das Jahr 2024 falsch; die Größenordnung der Entlastung bei der Zinstilgung ungenau angegeben.
Die in der Rede diesbezüglich angeführten Zahlen entsprechen einem früheren und damit überholten Diskussionsstand zur Altschuldenlösung, stellen aber die grundsätzliche Problematik nicht in Frage.
Die Stadt Oberhausen hat sich in den letzten fünf Jahren jeweils wie folgt neu verschuldet:
2021 91 Mio. €
2022 14 Mio. € Schuldenabbau
2023 27 Mio. €
2024 101 Mio. €
2025 226 Mio. € gemäß Haushaltsplan.
Kassen- und Investitionskredite der Stadt Oberhausen
- 2024 1602 und 485 Mio. € gleich 2087 Mio. € Schulden insgesamt.
- 2025 1711 und 602 Mio. € gleich 2313 Mio. € Schulden insgesamt.