Der vielleicht interessanteste Sachgegenstand der Ratssitzung war das „Handlungskonzept Integration“, gewährt es doch einen tiefen Einblick in die Selbstverortung der selbsternannten Demokraten.
Der Text als pdf-Datei: 20251011b_Rat_20250929_Integration
Stellungnahmen zum „Handlungskonzept“.
Das „Handlungskonzept Integration“ in Oberhausen“ (B/17/6924) war durch sämtliche Ausschüsse gewandert und hatte pflichtschuldige Kommentare über dessen Wichtigkeit und Notwendigkeit produziert. Aber schon eine erste inhaltliche Kritik, wie sie durch den Verfasser im Gleichstellungsausschuß vorgenommen worden war, hatte die geistige Leere der pflichtschuldigen Befürworter offenbart. Um so interessanter war der Auftritt zweier Migranten im Rat.
Der Stadtverordnete Karacelik (LINKE) nahm die Gelegenheit wahr, den selbsternannten Demokraten ihre Versäumnisse vorzuführen. Natürlich begrüßte er die Existenz eines Handlungskonzepts Integration für Oberhausen; es gehe um ein tatsächliches, gleichberechtigtes Teilhaben in allen sozialen Bereichen für alle. Überschriften wie „politische Teilhabe stärken“ und „Vorbilder sichtbar machen“, „Ehrenamt vernetzen und migrantisches Engagement stärken“ usw. erzeugten den Eindruck, es sei viel erreicht worden. Aber es gehe zunächst nur um ein Konzept. Es heiße dort:
„Oberhausen braucht eine tragfähige Struktur für kultursensible Unterstützung, koordinierte Zusammenarbeit und gezielte Strategien zur Arbeitsmarktintegration und Fachkräftesicherung“.
Aber wo sei denn diese Struktur; wie soll sie geschaffen werden?! In der Realität passiere viel zu wenig, denn die im Konzept so genannten „Erschwernisse“ brächten Menschen in Oberhausen aufgrund ihrer Herkunft in Existenznot. Was das bedeute, erlebe er jeden Tag bei der Sozialberatung im Paroli-Treff.
So, wenn Menschen Sprachkurse besuchen möchten, aber es gibt zu wenige gibt. Oder wenn Menschen einen unsicheren Aufenthaltsstatus haben und durch Kettenduldung in dauernder Angst leben. Oder wenn es Monate dauert, bis man einen Termin bei der Ausländerbehörde erhält, diese Termine aber existentiell nötig sind.
Das sei die Realität in unserer Stadt. Man brauche wir eine gut ausgestattete Ausländerbehörde, die nicht nur abschiebe, sondern die Angelegenheiten der Menschen regelt und für ein sicheres Leben sorgt.
Man brauche mehr finanziell gut ausgestattete Hilfs- und Beratungsangebote. Stattdessen brächten ständige Streichungen von Land und Bund die freien Träger in Existenznot und zwinge diese dazu, Angebote zu streichen. Diese Mißstände müsse man benennen und angehen, damit das Handlungskonzept Integration kein Feigenblatt sei. Man brauche grundlegende soziale Verbesserungen für die Migranten in Oberhausen. Ein Konzept allein sei viel zu wenig.
Die Lügen über das Ausländeramt wurde von den selbsternannten Demokraten mit betretenen Mienen aufgenommen. Wir erinnern an die Sitzung des Integrationsrates vom 7. 5. 2024. Wir können nur auf die dort zu Punkt 2 „Einbürgerungsproblematik und weitere Herausforderungen“ geführte Debatte verweisen. Die privilegierte Stellung einer bestimmten, im Integrationsrat besonders stark vertretenen Klientel besteht in der unmittelbaren Zugriffsmöglichkeit auf die Verwaltungsspitze unter Umgehung aller Hierarchien.
In der Sitzung des Integrationsrates vom 18. 2. 2025 wurde zum Thema „Einbürgerung – Sachstand und Perspektiven“ vom Geschäftsführer des Integrationsrates Telli festgestellt, die Ausländerbehörde Oberhausen sei hochmotiviert und gehöre zu den besten ihrer Art in NRW. Was Beschwerden angehe, so wollten manche Rechtsbeugung; aber das gehe beim besten Willen nicht. Er lasse keine Kritik an dieser Behörde zu.
Die Vorsitzende Frau Erdas attestierte dem Ausländeramt eine führende Produktivität in Deutschland, plädierte aber trotzdem für eine Aufstockung des Personals. Denn gute Leute werden abgeworben, es entstehe eine Fluktuation und dadurch entstünden Probleme.
Herr Ejodamen, Vertreter von NIVID im Integrationsrat, bestätigte, daß es in Essen und Duisburg schlimmer sei, Oberhausen sei gut. Viele Antragsteller hätten übertriebene Erwartungen, das sei die Wahrheit.
Und was sagten die selbsternannten Demokraten – SPD, GRÜNE, FDP, BOB und CDU – zu den Vorwürfen des Stadtverordneten Karacelik gegen das Ausländeramt? Nichts.
Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die Aktuelle Stunde in der Ratssitzung des 13. 12. 2021, wo von der rot-rot-grünen Ratsmehrheit die rechtskonforme Abschiebung einer Familie zu einem skandalösen Versagen des Ausländeramtes aufgebauscht wurde und der Beigeordnete Jehn nichts anderes zu tun hatte, als den eigenen Untergebenen öffentlich in den Rücken zu fallen.
Interessant war die ungefragte Einräumung des Rederechtes für die Vorsitzende des Integrationsrates, Erdas. Sie beantwortete die solcherart durch die selbsternannten Demokraten bezeugte Unterwürfigkeit mit einem fast arrogant vorgetragenen Forderungskatalog:
Nach dem Lob über das bereits erreichte Maß an Integration, deren Behandlung durch die Stadt als gemeinsame Aufgabe, kamen die Forderungen:
Eine niederschwellige Anlaufstelle im kommunalen Integrationszentrum da viele Menschen, ob neu angekommen oder seit Jahrzehnten hier, auf Sprachbarrieren und Behördenhürden stießen. Sie bräuchten einen Ort, an dem sie willkommen seien und unkompliziert Unterstützung fänden.
Verbindliche Dolmetscherdienste und Projekte, damit ältere Menschen länger selbständig zu Hause leben könnten. Niemand dürfe im Krankheitsfall an Sprachbarrieren scheitern.
Stärkere Unterstützung für Jugendliche beim Übergang von der Schule zu Beruf oder Studium, sonst verliere man Talente, die Oberhausen dringend braucht.
Das Handlungskonzept sei eine gute Basis, aber nach vielen Jahren theoretischer Diskussion müsse nun die Umsetzung folgen. Nur dann könne Integration in Oberhausen für die Menschen auch spürbar werden.
Abschließend stellte sie klar, daß sie in ihrer Rede nur drei Punkte als die „wichtigsten ersten Bausteine“ herausgegriffen habe. Sie bat den Rat um Zustimmung zum Handlungskonzept und um die Einbeziehung der durch sie vom Integrationsrat vorgetragenen Ergänzungen.
Wir sehen in dieser Rede das typische Grundmuster migrantischer Demagogie der Verfechter einer migrantischen Ökonomie: Zuerst kommt der Appell an das gemeinsam Erreichte, die entschlossene und feste Umarmung. Danach folgt der Forderungskatalog an die Biodeutschen (ein Ausdruck des IR-Geschäftsführers), dessen Erfüllung die unerläßliche Vorbedingung für eine gelungene Integration darstelle. Und wenn die selbsternannten Demokraten solcherart ihren Beitrag geleistet haben, folgt die nächste Umarmung, der nächste Forderungskatalog…
Als letztes sprach Herr Noldus (AfD) zum Thema. Dabei sparte er bewußt den ideologischen Inhalt des Handlungskonzeptes vollständig aus. Er erinnerte die anwesende CDU-Fraktion daran, daß der Aufbau der Verwaltungsstruktur im Kommunalen Integrationsmanagement auf Beschlüsse der CDU-Landesregierung aus dem Jahre 2020 zurückging. Ausgangspunkt waren fünf neue Stellen 2021 für Case Manager und weitere Stellen 2023 (Vorlage B/17/0156).
Der Aufwand allein für jene fünf Stellen zwischen August 2021 und September 2025 betrug in 50 Monaten 20,5 Mio. € Personalkosten und 2,4 Mio. € Sachkosten.
Nach einer Auflistung der nicht darin enthaltenen Leistungen (Bezug auf B/17/3456) wies er auf das Element der Selbstbeschäftigung dieser Verwaltungsstruktur hin (Abschnitt 7.1 des Handlungskonzeptes) und auf die sich abzeichnende Sonderstellung des Kommunalen Integrationsmanagements im Rahmen der städtischen Haushaltsplanungen (Abschnitt 7.3). Das werde künftig die Einheitlichkeit des Verwaltungshandelns erschweren, da es faktisch auf eine Privilegierung externer Interessenvertreter unter dem Deckmantel der Integration hinauslaufe.
Die Rede ist in ihrem Wortlaut als Anlage beigefügt. Wie nicht anders zu erwarten war, beschloß der Rat die Vorlage allein gegen die Stimmen der AfD.
Anlage:
Rede des Stadtverordneten Noldus (AfD) zu Punkt 17 der Tagesordnung „Handlungskonzept Integration in Oberhausen (B/17/6924)“ in der Ratssitzung des 29. 9. 2025.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete!
Zum ideologischen Überbau haben Sie genug gehört. Ich möchte mich auf einen anderen Aspekt stützen.
Das Kommunale Integrationsmanagement in der jetzigen Form geht auf Beschlüsse der CDU-Landesregierung aus dem Jahre 2020 zurück. Dadurch erhielt das Kommunale Integrationszentrum Oberhausen im Jahre 2021 fünf neue Stellen für Case Manager. [B/17/0156 / 14. 12. 2020] Weitere Stellen folgten 2023.
Wie hoch nun ist der Aufwand allein für jene fünf Stellen zwischen August 2021 und heute – September 2025? In insgesamt 50 Monaten sind 20,5 Mio. € Personalkosten und 2,4 Mio. € Sachkosten angefallen. Nicht in dieser Aufstellung enthalten sind
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die zwischenzeitlich erfolgten Tarifsteigerungen,
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die 2023 neu geschaffene Führungsebene mit 2,5 Stellen,
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die im Ausländeramt angesiedelten 2 Stellen des Kommunalen Integrationszentrums,
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und die mindestens 6 Case Manager, die bei freien Trägern angestellt sind und bei denen die Stadt einen Teil der Personalkosten übernimmt.
Die Einzelheiten davon entnehmen Sie bitte der Vorlage B/17/3456 vom 19. 6. 2023 mit weiteren Verweisen in der Sache.
Aus der in dem Handlungskonzept geschilderten Tätigkeit der Case Manager geht ein wesentliches Element der neuen Verwaltungsstrukturen hervor: Es handelt sich um die Bewältigung selbst geschaffener Probleme; unter anderem als „Steuerungsprozesse“ und „kontinuierliche Integrationsberichterstattung“ bezeichnet. Ich beziehe mich dabei auf Abschnitt 7.1 des Handlungskonzeptes.
Mit dem sog. Innovationsbudget, das ist Abschnitt 7.3, erhält das Kommunale Integrationszentrum ein Instrument, welches analog zur Haushaltsanmeldung eines Fachbereiches der Formulierung von finanziellen Ansprüchen dient.
Die Anmeldung einer sog. Innovationsmaßnahme erfolgt bei den jeweils sachlich zuständigen Fachbereichen. Diese Anmeldung bedeutet eine zusätzliche Instanz in den Haushaltsgesprächen der betreffenden Dezernate. Indem der Lenkungskreis Integration über den Einsatz der Budgetmittel berät, wird er zu einer eigenständig handelnden Instanz aufgewertet.
Diese absehbare Tendenz findet ihr Gegenstück in der vertieften Einbindung des Integrationsrates in die Verwaltungsstruktur des Fachbereichs 3. Das läuft faktisch auf die Privilegierung externer Interessenvertreter unter dem Deckmantel der sog. Integration hinaus. Und das wird langfristig die Einheitlichkeit des Verwaltungshandelns erschweren.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!