In der HFA-Sitzung am 8. 12. 2025 hatte die Bürgerinitiative Zechenkolonie Alstaden die Gelegenheit, ihr Begehren vorzutragen. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20251217b_HFA_20251208_3
Eine Anregung nach § 24 der Gemeindeordnung.
In der Gemeindeordnung NRW heißt es in § 24 Abs. 1:
„Jede Einwohnerin oder jeder Einwohner der Gemeinde, die oder der seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt, hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuches mit Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten der Gemeinde an den Rat oder die Bezirksvertretung zu wenden. Die Zuständigkeiten der Ausschüsse, der Bezirksvertretungen und des Bürgermeisters werden hierdurch nicht berührt. Die Erledigung von Anregungen und Beschwerden kann der Rat einem Ausschuß übertragen. Der Antragsteller ist über die Stellungnahme zu den Anregungen und Beschwerden zu unterrichten.“
Absatz 2 legt fest, daß die Hauptsatzung die näheren Einzelheiten regelt.
Die Hauptsatzung der Stadt Oberhausen legt in § 14 fest, daß Anregungen und Beschwerden
- durch den HFA erledigt werden, wenn die Zuständigkeit des Rates oder eines Ausschusses vorliegt;
- bei Eingang bis dreißig Tage vor der HFA-Sitzung in dessen nächsten, ansonsten in der übernächsten Sitzung behandelt werden.
In Absatz 3 heißt es:
„Der Haupt- und Finanzausschuß kann der Verfasserin bzw. dem Verfasser der Anregung oder Beschwerde ein Rederecht einräumen. In diesem Fall ist die Redezeit auf fünf Minuten begrenzt.“
Wir halten also fest, daß das Rederecht nicht für sich besteht, sondern vom HFA gewährt werden muß. Es sind in § 14 keine weiteren Regelungen zur Redezeit vorhanden.
In der HFA-Sitzung des 8. Dezember stellte Herr Karacelik (LINKE) zu Beginn den Antrag, den Punkt 23 (die „Anregung“) vorzuziehen, um die Gäste, die Bürgerinitiative, nicht so lange warten zu lassen. Nachdem Frau Stehr (CDU) ihre Einwände geltend gemacht hatte, wurde über diesen Antrag zur Geschäftsordnung abgestimmt. Dieser wurde gegen die Stimmen von GRÜNEN und LINKEN abgelehnt.
Aus der Rede von Frau Lindner.
Schließlich bekam die Sprecherin der Bürgerinitiative „Zechensiedlung Alstaden“ Gelegenheit, über die „Maßnahmen zum Erhalt der Zechensiedlung Alstaden als Mietsiedlung“ zu sprechen. Frau Lindner führte ungefähr folgendes aus:
Es geht um den Erhalt der Zechensiedlung als Mietsiedlung. Die Stadt habe abseits des öffentlich-rechtlichen Instrumentariums eine Moderation mit dem Eigentümer angeboten, um einen offenen Informationsaustausch zu erreichen.
Die Initiative gebe es seit dreißig Jahren. Seitdem kämpfe man darum, den Siedlungsbestand als bezahlbaren Mietwohnraum zu erhalten. Eine Zusage der Stadt, die Siedlung zu kaufen, sei wieder zurückgezogen worden. Als Ersatz dafür habe man ein dauerhaftes Mietwohnrecht erhalten. Dieses besitze für die Initiative weiterhin Gültigkeit, da man weiterhin gerne dort lebe.
Das Angebot der Moderation sei sehr löblich, aber es bestünden gewisse Verbindlichkeiten. Denn in der Vergangenheit sei der Erhalt als dauerhafter Mietwohnbestand zugesichert worden. Es gebe noch Zeitzeugen für jene mündliche Absprache, die grundsätzlich rechtsverbindlich und gültig sei, wenn sie, die Sprecherin, das Gesetz richtig verstehe.
Auch wenn man nichts Schriftliches habe, müsse das gegebene Wort ausreichen, um die Mieter zu schützen, die sich kein Eigentum leisten können. Bei der Übernahme der Siedlung von Viterra durch Vonovia seien „gewisse Sicherheiten“ ausgesprochen worden.
Die Initiative fordere den Erhalt als Mietbestand. Eine Moderation alleine reiche nicht, sondern sie fordere eine Unterstützung in der Form, daß auch die Politik sagt, daß sie den Bestand erhalten möchte, weil er wichtig sei und weil das Leben innerhalb dieser Struktur einwandfrei funktioniere.
Aus diesem Grunde bitte sie um mehr als nur eine Moderation; sie erinnere an das Versprechen von damals. Zehn Jahre habe man gekämpft; die Bildung einer Genossenschaft scheiterte an den finanziellen Anforderungen, aber man wolle dennoch den Bestand für die Mieter erhalten. Diese Forderung sollte von der Politik bei Vonovia unterstützt werden.
Dann wiederholt Frau Lindner nochmals diese Forderungen und schließt mit der Bitte ab, Vonovia zu bewegen, etwas für die Bürger zu tun. Aber das Beispiel Bottrop-Wellheim zeige, daß mit der Privatisierung die Unsicherheit der Bewohner steige. Diese wolle man nicht aufkommen lassen; und am besten wäre eine Übernahme der Siedlung durch die Stadt.
An dieser Stelle unterbrach der Oberbürgermeister ein zweites Mal und erinnerte an die Überschreitung der Redezeit, wobei er die fünf Minuten der Hauptsatzung (siehe oben) schon sehr kulant ausgelegt hatte.
Der Beschlußvorschlag.
Inhaltlich deutete der Oberbürgermeister an, daß man nach einer umfangreichen Prüfung der schriftlich eingereichten Erklärungen eine andere Beurteilung des rechtlichen Ansatzes nicht sehen könne. Danach verlas er den Beschlußvorschlag der Vorlage B/18/0098:
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Punkt 1: Der Haupt- und Finanzausschuß nimmt die als Anlage beigefügte Anregung nach§ 24 Gemeindeordnung NRW zur Kenntnis,
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Punkt 2: Der Haupt- und Finanzausschuß beauftragt die Verwaltung, zwischen der Bürgerinitiative Zechensiedlung Alstaden und der Eigentümerin des Wohnungsbestandes im Rahmen von Moderationsgesprächen zu vermitteln und die Bürgerinitiative bei ihrer Aufklärung zu unterstützen, ob es von Eigentümerseite überhaupt Veräußerungsabsichten des Wohnungsbestandes gibt.
Die Debatte.
Herr Karacelik (LINKE) fragte nach, ob sich die Verwaltung Gedanken über die Moderation gemacht habe.
Der Oberbürgermeister erläuterte ihm das Wesen der Moderation im Sinne einer allgemeinen Definition um dann festzustellen, die Gespräche seien ja noch nicht geführt worden. Es sei wichtig festzustellen, ob denn eine Absicht von Vonovia, die Siedlung zu verkaufen, überhaupt vorliege. Eine solche Absicht sei noch nicht mitgeteilt worden.
Frau Lindner meldete sich; der Oberbürgermeister machte Frau Lindner darauf aufmerksam, daß sie kein Rederecht habe.
Herr Karacelik (LINKE) erörterte in einem längeren Wortbeitrag die Größe des Unternehmens Vonovia und wollte die Punkte, die die Bürgerinitiative vorgetragen hat, „zusätzlich als Ergänzungsantrag zu der Vorlage nehmen“ und über diese fünf Punkte auch abstimmen lassen.
Der Oberbürgermeister merkte an, das Angebot der Stadt bestehe ja darin, nicht über Vonovia zu reden, sondern mit Vonovia. Das sei ein ganz entscheidender Unterschied.
Herr Osmann (CDU) konnte die Sicht der Bürgerinitiative nachvollziehen. Ihm stellten sich allerdings zwei Fragen:
Es sei immer wieder die Rede von Zusagen und von Rechtsverbindlichkeit. Die Zusagen seien aber doch nicht von der Stadtverwaltung gemacht worden?! Sondern die Zusagen seien doch wohl irgendwann vom Vermieter gemacht worden?!
Baudezernent Dr. Palotz erklärte, zu seiner Zeit seien seitens der Verwaltung keine Zusagen gemacht worden. Über frühere Zeiten könne er keine Auskünfte geben.
Frau Lindner warf ein, es seien verbindliche Zusagen gemacht worden; sie sei dabei gewesen. Der Oberbürgermeister machte sie darauf aufmerksam, kein Rederecht zu besitzen.
Herr Osmann (CDU) stellte daraufhin seine zweite Frage:
Könne die Verwaltung darlegen, welche Möglichkeiten für rechtsverbindliche Zusagen sie überhaupt habe? Denn mit dem Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter habe die Stadtverwaltung überhaupt nichts zu tun. Darum würde er gerne von der Verwaltung die Bestätigung bekommen, daß nur wenig Handlungsspielraum für die Verwaltung bestehe.
Ferner: Das Angebot der Verwaltung zu einer Moderation sei schon sehr entgegenkommend. Es gebe für ihn keine Veranlassung und auch keine Möglichkeit, mehr als eine Moderation zu unternehmen.
Baudezernent Dr. Palotz stellte die Handlungsmöglichkeiten der Stadtverwaltung dar: Die städtebauliche Erhaltungssatzung und das Umwandlungsverbot.
Tatsächliche Wirkung entfalte der Rechtsbestand des Bebauungsplans 137b. Der gelte so lange, bis der Rat der Stadt Oberhausen etwas anderes beschließt. Diese Absicht, soweit erkennbar, bestehe nicht.
Der Bebauungsplan legt die Bedingungen der Grundstücksnutzung fest (welche Bebauungsdichte, Bebauungsform). Zudem sei eine Umwidmung des Gartenlandes in Bauland nicht vorgesehen und damit rechtlich nicht umsetzbar. Was nicht machbar sei, sei der Erlaß von Umwandlungsverbot oder Erhaltungssatzung.
Abschließend: Es gibt nach seinem Kenntnisstand keine Willenserklärung der Eigentümerin, diesen Wohnungsbestand umzuwidmen. Ein Schreiben des Vonovia-Vorstandsvorsitzenden aus der Hand von Frau Lindner habe nur dargelegt, es sei immer das Ziel des Unternehmens, sich strategisch neu aufzustellen und die Wohnungsbestände zu erfassen. Aber die Aussage, eine Privatisierung sei angestrebt, sei nach seiner Erinnerung dem Schreiben nicht zu entnehmen.
Als Frau Lindner darauf antworten wollte, widersprach der Oberbürgermeister man habe Regeln und müsse diese beachten.
Ein Zwischenruf aus den Reihen der Bürgerinitiative: „Aber die Aussage stimmt so nicht!“
Frau Lindner direkt hinterher: Die Aussage sei gewesen, den Garten bekämen die Mieter umsonst, den müßten sie nicht kaufen.
Der Beigeordnete Motschull nahm die Gnade der späten Geburt für sich in Anspruch; er sei nirgendwo dabei gewesen. Aber der Ansatz von Herrn Osmann (CDU) sei richtig.
Es wäre sehr kompliziert, weil zwei Vertragspartner zu Lasten eines dritten eine Absprache treffen würden, um diesen Dritten an der Verwertung seines Eigentums zu hindern. Er könne sich daher kaum vorstellen, daß seitens der Verwaltung Aussagen in diese Richtung getroffen worden seien. Wenn doch, hielte er das für sehr bedenklich.
Herr Kempkes (AfD) hatte den Eindruck, man steige zu tief in die Debatte ein. Er erinnerte daran, daß hier zwei Beschlußvorschläge vorlagen, die jeder für sich ganz einfach seien (siehe oben). Er sehe überhaupt keinen Grund, dem nicht zuzustimmen.
Alles weitere, was sich etwa auf die Geschäftstätigkeit von Vonovia beziehe, gehe viel zu weit. Er bat daher um Konzentration auf die beiden Beschlußvorschläge.
Herr Dobnik (GRÜNE) dankte der Verwaltung für den Vorschlag einer Moderation. Die Diskussion zeige, daß die Moderation am Anfang stehen müsse. Und aus dieser Moderation heraus könne weiterer Handlungsbedarf entstehen. Sollte sich an der Sachlage etwas ändern, könne die Bürgerinitiative mit einer neuen Anregung nach der Gemeindeordnung an den HFA herantreten.
Herr Karacelik (LINKE) beschloß die Debatte mit einem etwas diffusen Beitrag, warum er sich enthalten wollte. Dabei hatte er noch zu Sitzungsbeginn den Mitgliedern der Bürgerinitiative freundlich die Türe zum Sitzungssaal aufgemacht.
Nach dieser Erklärung ließ der Oberbürgermeister abstimmen. Der Ausschuß billigte die Vorlage bei Enthaltung der LINKEN einstimmig.