Noch hält sich die Inflationsrate im einstelligen Bereich, aber schon jetzt trifft es Rentner, Geringverdiener und Hartz-IV-Bezieher hart. Alles kein Vergleich zu früher. Von E. Noldus.

Der Text als pdf-Datei: 20220505b_Tabak_Inflation

Die Deutschen – jedenfalls die, die schon länger hier leben – reagieren empfindlich auf alles, was nach Geldentwertung (Inflation) aussieht. Sowohl nach dem Ersten wie auch nach dem Zweiten Weltkrieg mußten sie eine völlige Entwertung der Währung über sich ergehen lassen. Die Folgen für das alltägliche Leben sind offenbar immer noch – mindestens in Spuren – im kollektiven Unterbewußtsein der Deutschen gegenwärtig. Woher sonst käme die angesprochene Empfindlichkeit.

Wir wissen, daß Oberhausen noch in diesem Jahrzehnt die Marke von 2 Millionen Euro Schulden erreichen wird. Das wären nach dem seinerzeitigen Umtauschkurs etwa 3,95 Millionen Deutsche Mark. Davor – 1948 und früher – rechnete man in Reichsmark.

Die Sonntagsausgabe der Duisburger Rhein- und Ruhr-Zeitung vom 18. 11. 1923 kostete 25 Milliarden gleich 25.000 Millionen Reichsmark.

Auf dem Samstagsmarkt wurde ein Zentner Kartoffeln für 88 Billionen gleich 88.000.000 Millionen Reichsmark angeboten, die in kürzester Zeit verkauft waren. Eier kosteten pro Stück 120 bis 130 Milliarden gleich 120 bis 130.000 Millionen Reichsmark.

Vor diesem Hintergrund ist eine Meldung des Mannheimer General-Anzeigers vom 16. 11. 1923 bemerkenswert (gleichzeitig eine Leseübung in der damals verbreiteten Frakturschrift):


Hilfsaktion für Raucher. Auch für minderbemittelte Raucher hat eine Hilfsaktion eingeſetzt. Der Verband der Tabakgroßhändler im Handelskammerbezirk Gladbach hat für 5000 minderbemittelte Raucher je ein Paket Tabak zum verbilligten Preis von 2 Milliarden M zur Verfügung geſtellt. Es werden Gutscheine ausgegeben, auf Grund deren der Tabak bezogen werden kann. Die Hilfsaktion wird fortgeſetzt.


Hoffentlich werden wir es nicht erleben müssen, daß ein Paket Tabak 1 Milliarde Euro – verbilligt natürlich – kostet.


Hinweis: Je nach Browsertyp kann es sein, daß die Frakturschrift als gebräuchliche Antigua dargestellt wird. Das lange „s“ bleibt aber als solches erhalten.