Am 11. 6. 2022 hatten wir letztmalig über Jörg Meuthen berichtet. Nun schreiben wir aus aktuellem Anlaß einen politischen Nachruf. Von E. Noldus.

Der Text als pdf-Datei: 20230627b_Meuthen_Erkenntnis

Meuthens Name wird untrennbar mit der Geschichte der AfD verbunden bleiben; oder genauer gesagt: mit deren Frühgeschichte. Im Januar 2022 trat er aus der AfD aus und ein halbes Jahr später fand er im Zentrum eine neue politische Heimat. Aus jenem Anlaß veröffentlichten wir auf dieser Internetseite den Artikel Jörg Meuthen – auf dem Weg ins Abseits?! und zeichneten den Weg nach, den er bis dahin mit der AfD zurückgelegt hatte. Damals schrieben wir:

„Seine neue Partei wird auch durch ihn nicht an Bedeutung gewinnen; die Erkenntnis, daß seine Medienwirksamkeit unwiderruflich mit der AfD verbunden war, wird ihm noch kommen.“

Heute können wir sagen, daß ihm diese Erkenntnis gekommen ist.

In der „Bild am Sonntag“ durfte er sich am 25. Juni noch einmal als der „prominenteste Vertreter des gemäßigten Partei-Flügels“ feiern lassen. Ein letztes Mal durfte er die Statistenrolle des reuigen Sünders in der Schmierenkomödie der Leitmedien „Die AfD auf dem Weg nach rechts!“ übernehmen.

Was Meuthen bei aller intellektueller Brillanz, derer er gelegentlich fähig war, nie verstanden hatte: seine Popularität, oder besser, seine Bekanntheit und seine öffentlichen Auftritte verdankte er einzig und allein dem Umstand, daß er für die AfD sprach.

Lucke und Petry, Pretzell und Poggenburg hatten schon vor ihm diese Erfahrung machen müssen; nämlich die des Absturzes ins politische Nichts. Meuthen hingegen meinte sich über ein ehernes Gesetz hinwegsetzen zu können und zudem das Zentrum wieder als Faktor in der deutschen Politik etablieren zu können. An dieser Wiederbelebung eines Leichnams ist er zu seinem überaus großen Erstaunen grandios gescheitert.

In dem oben erwähnten Bild-Interview ließ er sich herab, der AfD nachzusagen, „sie besteht nur noch aus Extremisten, Opportunisten und Karrieristen, die sich in ihrer Mandatsgier mit diesen Leuten bis zur völligen Anbiederung arrangieren“.

Mit „diesen Leuten“ meinte er die – in seiner eigenen Diktion – Vertreter von völkisch-nationalistischen Positionen, angeführt von Björn Höcke. Mit einem „Ich kann nur hoffen, dass die Brandmauer der Union hält. Ich will diese Leute nicht in der Regierung sehen“ fällte er ein eindeutiges Urteil.

Zuallererst ist diese Beschimpfung einer Partei, der er einst angehört hatte, beispielsweise von vielen WELT-Lesern, damit meinen wir auch ein bestimmtes politisches Milieu, als eine Form von Opportunismus ausgelegt worden. Diese Erklärung greift zu kurz.

Jörg Meuthen hat endgültig erkannt, daß er ins Nirgendwo gewandert und aus der politischen Geschichte dieses Landes einfach nur verschwunden ist. Er will, wie ein anderer grandios Gescheiterter vor ihm es ausgedrückt hat, „abtreten; dann soll der Erdkreis erzittern“.