Das möchte man – frei nach Oliver Kahn – den Lehrern am Hans-Böckler-Berufskolleg zurufen. Denn am 16. August erfolgte eine Ausladung von Vertretern der AfD bei zwei geplanten Veranstaltungen dort. Aber der Reihe nach. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20201004b_Boeckler_Absage
Die Einladung.
Am 7. 3. 2021 erreichte eine Anfrage des Hans-Böckler-Berufskollegs den AfD-Kreisverband. Studienrat Omar ben Ahmed schrieb:
„Nachdem wir im vergangenen Jahr am Oberhausen trotz der komplizierten Situation erfolgreich eine Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl durchführen konnten, soll es auch in diesem Jahr wieder Projekte zum Thema „Demokratie“ und speziell zu den damit verbundenen Bundestagswahlen an unserer Schule geben. Wie auch zur Kommunalwahl 2020 sollen auch in diesem Jahr alle Parteivertreter der im Bundestag vertretenen Parteien eingeladen werden…
Jede Partei wird in separaten Räumen feste Kleingruppen im Rahmen von Kurzvorträgen und Diskussionen über die Ziele und das Programm der jeweiligen Partei informieren. Die SuS haben einen festen Zeitplan und wählen vorab im Politikunterricht aus, welche zwei Parteien sie sehen möchten. Im Anschluss an diese „Ideenbörse“ werden die Schüler/innen ihre Erfahrungen in der Klasse besprechen und gemeinsam ein umfassenderes Bild der gewonnenen Eindrücke rekonstruieren.
Den Anregungen aus dem letzten Jahr folgend, würden wir uns freuen, wenn in dieser ersten Veranstaltung Vertreter*innen aus den Reihen der Jugendorganisation Ihrer Partei kämen, um evtl. eine noch direktere Ansprache der Schüler*innen zu ermöglichen…
Einige Tage nach dieser Kleingruppenveranstaltung soll sich daran eine Podiumsdiskussion in der Aula unserer Schule anschließen, bei der – wie schon im letzten Jahr – Vertreter*innen der Parteien den Fragen der Schüler*innen Rede und Antwort stehen. Möglicherweise kann diese zweite Veranstaltung nicht in Form einer Präsenzveranstaltung durchgeführt werden…
Wir haben dabei an zwei Veranstaltungen innerhalb von ca. 10 Tagen gedacht. Der Termin für die Ideenbörse wäre am Montag, den 6. 9. 2021. Am Dienstag, den 14. 9. 2021, soll die Podiumsdiskussion stattfinden.
Falls Sie und Ihre Partei Interesse haben, an unseren Veranstaltungen teilzunehmen, würden wir uns über eine positive Rückmeldung sehr freuen. Eine offizielle Einladung würde sich dieser Rückmeldung zeitnah anschließen.“
Am 16. Mai schloß sich daran die Mitteilung des Herrn Omar ben Ahmed über die genauen Uhrzeiten der beiden geplanten Veranstaltungen an.
Wir weisen darauf hin, daß der AfD-Kreisverband im Vorfeld zur Kommunalwahl von keiner Institution zu Podiumsdiskussionen eingeladen worden ist; also auch nicht vom Hans-Böckler-Berufskolleg.
Antwort und Absage
Da der AfD-Kreisverband zu der Zeit noch keinen Kandidaten für die Bundestagswahl 2021 nominiert hatte, verzögerte sich die Zusage. Am 20. 7. 2021 schrieb Herr W. Kempkes in seiner Eigenschaft als Wahlkampfkoordinator an Herrn Ahmed, der ja angekündigt hatte, sich über eine positive Rückmeldung zu freuen:
„Stellvertretend für die AfD Oberhausen hatte ich Ihnen ja bereits eine Zusage für die Ideenbörse übersandt.
Corona-bedingt verzögerte sich die Aufstellungsversammlung unseres Direktkandidaten, Herrn Olaf Wilhelm, zur Bundestagswahl.
Stellvertretend für Ihn sage ich deshalb seine Teilnahme an der Podiumsdiskussion jetzt erst zu und bedanke mich herzlich für seine Einladung.“
Hierbei ist anzumerken, daß für die Ideenbörse an die Entsendung eines Vorstandsmitgliedes der „Jungen Alternative“ NRW gedacht war, welcher sich auf eine Anfrage hin zur Teilnahme bereit erklärt hatte.
Die Mitteilung Herrn Ahmeds vom 16. August setzte diesen Planungen ein Ende:
„Zunächst möchte ich mich für Ihre zuverlässige Rückmeldung und Zusage zur Teilnahme an der Ideenbörse und Podiumsdiskussion bedanken.
Allerdings wurde mir mitgeteilt, dass die weiteren Teilnehmer der Ideenbörse und Podiumsdiskussion fernbleiben würden, sobald die AfD den Veranstaltungen beiwohnen würde.
Die Politische Bildung unserer Schüler*innen steht für uns im Vordergrund und diese Veranstaltungen verlieren Ihre Sinnhaftigkeit, wenn lediglich eine Partei, in diesem Fall die AfD, daran teilnehmen würde. Deswegen muss ich Sie bedauerlicherweise sowohl von der Ideenbörse, in der gemeinsam mit den Schüler*innen Fragen zur Podiumsdiskussion erarbeitet werden sollten, als auch von der Podiumsdiskussion ausladen.
Ich bitte Sie, die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen und wünsche Ihnen trotz allem viel Erfolg für Ihren Wahlkampf.“
Diese Absage war Gegenstand einer internen Besprechung, die zu dem Ergebnis führte, eine Ersatzveranstaltung anzubieten. Herr Kempkes schrieb in diesem Sinne am 29. 8. 2021 an Herrn Ahmed:
„Mit Bedauern haben wir Ihre Ausladung zu den Veranstaltungen zur Kenntnis genommen.
Ohne jetzt schon eine Bewertung vornehmen zu wollen, stellt sich die Entwicklung im Vorfeld der Veranstaltungen weder als gewinnbringend für Ihre Schüler, die ja im Mittelpunkt der politischen Bildung stehen sollten, noch für unseren Kandidaten dar.
Deshalb bieten wir Ihnen und insbesondere Ihren Schülern folgendes an:
Unser Direktkandidat Olaf Wilhelm wäre gerne bereit, gerne auch unter Einbeziehung eines Vertreters unseres Jugendverbandes, sich an einem einen Ersatztermin für eine Podiumsdiskussion zur Verfügung zu stellen.
Unter ähnlichen Rahmenbedingungen wie bei den anderen Parteivertretern würde somit dem umfassenden Informationsbedürfnis der Schüler Rechnung getragen und unser Kandidat eine faire Chance zur Darstellung seiner politischen Vorstellungen erhalten.
Wir halten unser Angebot für konstruktiv und deshalb auch für annehmbar! Ich würde mich über eine positive Rückmeldung sehr freuen.“
Es ist überflüssig zu sagen, daß von Herrn Oberstudienrat Ahmed keine Antwort erfolgte. Wir wollen nicht darüber spekulieren, ob Herr Oberstudienrat Ahmed sich willig dem Druck der übrigen Parteienvertreter fügte. „Die Politische Bildung unserer Schüler*innen steht für uns im Vordergrund“, hatte er geschrieben.
Den Kolleg-Schülern wurde auf jeden Fall eine Lektion erteilt, wie Demokratie in Oberhausen funktioniert. Die wenigsten werden diese Lektion begriffen haben, werden sie doch täglich mit Sternchen und der dazu gehörenden Ideologie gefüttert.
Es hatte übrigens aus Anlaß der Einladung des AfD-Kandidaten Wilhelm zum „Bertha-Polittalk“ ebenfalls Boykottdrohungen der übrigen Parteienvertreter gegeben. Diese liefen allerdings bekanntlich ins Leere, weil man dort den Mut hatte, die Sache durchzuziehen. Aber wer keine Eier hat…