Mehr als nur eine Fahne!
(Von E. Noldus.)
Das Einholen einer Fahne ist immer ein symbolisch aufgeladener Akt – etwas geht zu Ende und verschwindet. Immer deutlicher ändern sich die Vorzeichen des Zusammenlebens in unserem Lande – langsam aber stetig. Das Wohin ist noch im Dunkel der Zukunft verborgen, aber schemenhaft bereits erkennbar.
Der Artikel als pdf-Datei: 20210526_Hagen_Israelfahne_b
„In keiner Weise einseitig…“
Am 12. Mai 1965 war die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der BRD und Israel erfolgt. Aus diesem Anlaß hatte die Stadt Hagen am 12. Mai vor dem Rathaus die israelische Nationalfahne gehißt. Seitdem gingen zahlreiche Beschwerden, gerichtet an die Stadtverwaltung oder lanciert über die sozialen Medien, über die Fahnenhissung ein. Darin sahen die Beschwerdeführer eine „einseitige Solidaritätsbekundung“ in bezug auf den aktuellen Konflikt im Nahen Osten – den Beschuß mit Raketen durch die Hamas und Israels Vergeltungsmaßnahmen.
Mittags habe die Polizei „eine dringende Aufforderung“ an die Stadtverwaltung gerichtet, die Fahne einzuholen, was dann auch sofort erfolgte. Oberbürgermeister Schulz (parteilos, vormals SPD) kommentierte in einer städtischen Pressemitteilung den Vorgang so:
„Wir sind seit vielen Jahren in unserer Stadt darum bemüht, das friedliche Miteinander der Religionen wo immer es geht zu unterstützen. Wir sind eine vielfältige Stadt, in der die Menschen friedlich zusammenleben. Mit dem am Mittwochmittag [12. Mai] erfolgten Abhängen der israelischen Flagge haben wir uns in keiner Weise einseitig in dem aktuellen Konflikt im Nahen Osten positioniert. Für uns ging es einzig und allein darum, für eine Deeskalation in einer sich möglicherweise zuspitzenden Situation zu sorgen. Wir wollen ein friedvolles Miteinander aller Menschen in unserer Stadt!“
An seinen Amtskollegen der israelischen Partnerstadt Modi’in richtete der Oberbürgermeister folgendes Schreiben:
„Ich hoffe inständig, daß die Angriffe und das furchtbare Blutvergießen schnell ein Ende finden und sich auf allen beteiligten Seiten sehr bald die friedliebenden Kräfte durchsetzen können. Die Bürgerinnen und Bürger Hagens sind wie schon in der Vergangenheit in diesen schwierigen Zeiten in Gedanken bei den Menschen in ihrer Partnerstadt Modi’in. Wir wünschen Ihnen von ganzem Herzen, daß sie bald wieder zu einer stabilen Zeit des Friedens zurückkehren können. Wir denken in langjähriger Verbundenheit an Sie und beten für die Menschen in unserer Partnerstadt.“
Die Stellungnahme des Hagener Oberbürgermeisters ist typisch für die Fähigkeit, sich selbst zu belügen. Es gibt nur eine Religion, die unter dem Deckmantel der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit Unfrieden und Zwietracht sät. Das zu benennen, ist im politischen Jargon der Linksparteien und der Leitmedien „Rassismus“. Oberbürgermeister Schulz mag das friedvolle Zusammenleben der Menschen in Hagen beschwören. Wenn aber aus Angst vor einer „Eskalation“ der Staat auf die Behauptung des Gewaltmonopols verzichtet, gibt es für ein friedliches Zusammenleben keine Grundlage mehr. Religiöse Fanatiker einer ganz bestimmten Religion, welche die Menschheit in Gläubige (unter denen es allein die wahre Gemeinschaft gebe) und Ungläubige unterteilt, sehen sich dadurch nur bestätigt.
Laut Westfalenpost vom 15. Mai hatten Mikail Isik und Nadim Akbaba als die Leiter des Hagener Rates der Muslime darum „gebeten“, die Fahne Israels einzuholen. Parallel dazu versuchte die Westfalenpost vor dem 20. Mai eine Stellungnahme jüdischer Gemeindevertreter zu erhalten. In Kenntnis der wahren Machtverhältnisse schwieg man von dieser Seite zu dem beschämenden Vorfall.
Laut RP ONLINE vom 16. Mai dementierte ein Sprecher des Innenministeriums die Darstellung der Stadt Hagen: „Es gab keine Aufforderung dazu seitens der Polizei Hagen.“ Die Polizei habe die Stadt Hagen allerdings darauf hingewiesen, daß die Israel-Fahne nach ihren Erkenntnissen innerhalb der muslimischen Gemeinschaft zu Unmut führe und es daher gegebenenfalls zu einer Eskalation kommen könne.
Jedoch widersprechen sich beide Darstellungen eigentlich nicht: Auf dem „kleinen Dienstweg“ wird der von den Herren Isik und Akbaba gegebene Hinweis weitergegeben und die Verwaltung reagiert entsprechend – ein ganz normaler Vorgang bei den engen (außer-) dienstlichen Kontakten zwischen den Behörden.
„Jeder hat das Recht, seine Meinung…“
Am 21. Mai berichtete die Westfalenpost von einer Einmann-Demonstration: Ein 44jähriger Deutscher stellte sich mit einer israelischen Fahne vor das Hagener Rathaus, um „aufgrund der schäbigen Aktion der Stadt… Mut zu zeigen.“ Schnell wurde er von Passanten als „Kindermörder“ und „Judenwichser“ beschimpft. Der Reporter wurde Zeuge dieses Vorgangs: „Zahlreiche Migranten blieben stehen, brüllten ihn an und bedrohten ihn.“
Die Polizei erteilte dem Demonstrant einen Platzverweis, doch befand sich der Mann auf einem öffentlichen Bürgersteig; schließlich brach er im Interesse der eigenen Sicherheit die Aktion ab.
Bereits am Mittwoch [19. Mai] hatte er mit der Fahne vor dem Rathaus gestanden und antisemitische Beleidigungen ausgehalten. Ein besorgter Rathausbediensteter kam heraus und forderte ihn mit der Bemerkung, er dürfe „den Oberbürgermeister nicht provozieren“ auf zu verschwinden. Die Polizei habe seine Personalien aufgenommen und ihn ebenfalls zum Verschwinden aufgefordert. „Es wurde erörtert, ob ich jüdischen Glaubens sei, als spiele dies eine Rolle. Ich wurde nach dem Grund meines Verhaltens gefragt, als ginge das die Polizei etwas an.“ Er habe das Recht, seine Meinung zum Ausdruck zu bringen, ohne von der Polizei behelligt zu werden.
Auf eine Nachfrage der Westfalenpost erklärten die Stadtverwaltung und die zuständige Polizeidienststelle, der Mann hätte „den Dienstbetrieb gestört“ – obwohl er sich nach Feierabend und nur auf dem öffentlichen Gehweg vor dem Rathaus befunden habe.
Ebenfalls am 21. Mai gab es einen Westfalenpost-Bericht über eine Ratssitzung, in der Oberbürgermeister Schulz erklärte, nach einem Anruf seitens der Polizei sei die Fahne eingeholt worden. Er selbst habe die Anweisung nicht gegeben, aber die Entscheidung sei angesichts einer möglichen Eskalation nachvollziehbar gewesen. Er habe keinesfalls dem Druck der Straße nachgegeben und das rechtsstaatliche Handeln nie aus der Hand gegeben. Deshalb behauptete er im offenem Widerspruch zu der eingangs zitierten Pressemitteilung der Stadt Hagen, daß „niemand“ außer der Polizei an ihn herangetreten sei.
Die Hagener Ratsparteien SPD, CDU, GRÜNE, Hagen Aktiv, FDP und LINKE bedauerten den Eindruck den das Einholen der Fahne erweckt habe: „Die Mitglieder des Rates der Stadt bekennen sich daher entschieden zu den gemeinsamen Werten, welche die israelisch-deutsche Freundschaft prägen, und zu einer Haltung, nach der Antisemitismus keinen Platz in dieser Stadt hat.“
Der ganze Vorgang zeigt, in welch beschämendem Zustand sich dieses Land befindet. Die Staatsgewalt knickt vor antisemitischen Migranten ein, die sich inzwischen völlig zu Recht als die Herren aufspielen. In Verkennung der Machtverhältnisse stört ein proisraelischer Demonstrant das friedliche Zusammenleben in der „vielfältigen Stadt“ und muß sich von der Polizei aufklären lassen – nicht über seine Rechte als Bürger der Bundesrepublik Deutschland, sondern über die Machtverhältnisse.
Die interessantesten Details im Westfalenpost-Artikel vom 21. Mai sind in der überörtlichen Presse weggelassen worden. Es widerspricht dem Kodex der linken Leitmedien, Antisemitismus als Erscheinung bei „Migranten“ festzumachen. Das Verhalten der Polizei steht für den desolaten Zustand der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch als Folge einer jahrelangen multikulturellen Indoktrinierung der Beamtenschaft. Denn wer möchte schon als Objekt in den „wissenschaftlichen“ Studien zu Polizeigewalt und Rassismus des Bochumer „Kriminologen“ Tobias Sigelnstein auftauchen…
Ministerpräsident Laschet ließ am 17. Mai angesichts der hauptsächlich in NRW vorkommenden antisemitischen Vorfälle verlauten, man stehe an der Seite Israels und dürfe keinen Antisemitismus dulden. SPD-Kanzlerkandidat Scholz forderte: „Für so etwas gibt es kein Pardon. Die Täter müssen die volle Härte des Gesetzes spüren.“ Die volle Härte des Gesetzes – genau da liegt das Problem!
Die Position der AfD Hagen.
Die Hagener AfD-Ratsfraktion veröffentlichte am 21. Mai folgende Resolution auf ihrer Internetseite:
„Die AfD verurteilt das Einholen der Israelfahne am 12. 5. 2021. Wir stehen uneingeschränkt auf der Seite unserer jüdischen Mitbürger in Hagen und auch anderswo. Dafür bedarf es unserer Meinung nach nicht vieler Worte. Worte sind wohlfeil. „Flagge hissen, nicht einholen!“
Die Androhung von Gewalt oder gar gewaltsame Angriffe auf jüdische Mitmenschen oder Einrichtungen sind mit aller Härte des Rechtsstaates zu verfolgen.
Herr Oberbürgermeister, Sie fragten gerade hier im Rat in Ihrer persönlichen Erklärung zu dem Vorfall mit der Einholung der Flagge durch Sie, was denn wohl los gewesen wäre, wenn die Israelfahne am Rathaus in Brand gesteckt worden wäre.
Wir von der AfD-Fraktion sagen dazu: Dann hätte der Rechtsstaat mit aller Härte gegen die Brandstifter vorgehen müssen, um sie zu bestrafen. Wir hoffen, daß dieses Einknicken ein einmaliger Vorfall bleibt.
Für die Fraktion der AfD im Rat der Stadt Hagen am 20. 5. 2021
Michael Eiche
(Fraktionvorsitzender der AfD-Ratsfraktion)“
In einer internen Sitzung hatten alle Parteien beschlossen, eine gemeinsame Erklärung zu Beginn der nächsten Ratssitzung abzugeben. Am Morgen vor der Sitzung wurde der AfD-Ratsfraktion bedeutet, man wolle sie nicht dabei haben. Michael Eiche kommentierte:
„Selbst bei diesem sensiblen Thema wird also Parteipolitik und Wahlkampf über gemeinsames Handeln gestellt. Das finden wir abstoßend!“
In einer Vorrede zur genannten Resolution heißt es erklärend:
„Gerne hätten wir gemeinsam mit allen Fraktionen, Gruppen und Einzelvertretern eine Resolution verfaßt und dadurch nach außen deutlich gezeigt, daß es in diesem Fall nicht auf einzelne politische Ziele ankommt, sondern darum, unseren jüdischen Freunden zu zeigen, daß sie auf uneingeschränkte Solidarität setzen können.
Das wurde aber von allen anderen Parteien im Rat der Stadt abgelehnt.“
Alte Muster oder neue Debatten?
Abschließend verweisen wir noch auf zwei Artikel in der „Jüdischen Allgemeinen“, die als Sprachrohr für den Zentralrat der Juden dient und damit die größte publizistische Reichweite unter den deutschen Juden haben dürfte. Die „Allgemeine“ ist – ganz im Gegensatz zur „Jüdischen Rundschau“ – äußerst AfD-kritisch. In Antisemitismus-Debatten läßt sie eine gewisse Ambiguität erkennen, denn einerseits berichtet sie über antisemitische Vorfälle im Alltag, die nach ihrer Beobachtung mehrheitlich von Muslimen ausgehen. Andererseits enthält sie sich weitgehend jeder Kritik an Positionen der Bundesregierung wie beispielsweise der, daß 90 Prozent des angewachsenen Antisemitismus autochthon, d. h. deutschen Ursprungs sei.
Am 20. Mai berichtete die „Allgemeine“ (Online-Version) über eine große Solidaritätskundgebung für Israel am Brandenburger Tor in Berlin, an dem zahlreiche Spitzenpolitiker auftraten; so u. a. Olaf Scholz, Christine Lambrecht (beide SPD), Paul Ziemiak (CDU), Christian Lindner (FDP), Dietmar Bartsch (LINKE) und Cem Özdemir (GRÜNE), der DGB-Vorsitzende Hoffmann und der israelische Botschafter Sagui. Jeder wurde mit einem kurzen Redeauszug kommentarlos vorgestellt.
Der Kommentar folgte am 21. Mai in einem Artikel „Von wegen ‚Nie wieder‘“. Er setzt sich kritisch mit der Berichterstattung über den Konflikt zwischen der Hamas und Israel auseinander und bemerkt mit Blick auf die Veranstaltung am Vortage:
„Prompt sprang die »Nie-Wieder-Floskel«-Maschine an. Folgenlos wie immer. Statt Flagge zu zeigen, holte etwa die Stadt Hagen die tapfer gehißte israelische Fahne am Rathaus gleich wieder ein – aus Angst vor Mitgliedern der muslimischen Community, die andernorts bereits »Bomben auf Tel Aviv« forderten, Synagogen und Gedenkstätten angriffen.
»Wir haben Antisemitismus importiert«, plakatiert Die Linke und bläst damit ins selbe Entlastungshorn wie die AfD. Antisemitismus ist stets das Problem der anderen, ganz so, als ob der muslimische Judenhaß, der durch Flüchtlinge aus arabischen Ländern Zulauf erhalten hat, den Antisemitismus der Rechten, Linken und der Mitte aufheben würde.“
Keine andere Zeitung könnte sich über den importierten Antisemitismus in dieser Form äußern, ohne ein mediales Trommelfeuer auszulösen. Die Schärfe der Tonlage erklärt sich aus der oben von uns getroffenen Feststellung, daß der Vorgang in Hagen mehr über die Machtverhältnisse in diesem Lande enthüllt als tausend Worte. Interessant aus unserer Sicht ist die Beobachtung, daß die „Allgemeine“ vielleicht davon abrückt, Antisemitismus als Alleinstellungsmerkmal der AfD darzustellen. Was hier als Rundumschlag gegen „Rechte, Linke und die Mitte“ erscheint, könnte ein erster Schritt zu einer ausgewogeneren Beurteilung der AfD durch die „Allgemeine“ sein.
„Haben wir neuen Antisemitismus importiert“ lautete die Frage der WAZ am 19. Mai und behandelte das Thema in einem fast ganzseitigen Artikel ab. Man muß es angesichts der Ausrichtung der Funke Medien Gruppe schon als Fortschritt werten, immerhin diese Frage zugelassen zu haben.
Allerdings sind die tradierten Deutungsmuster nach wie vor beherrschend. Die CDU Oberhausen ließ durch Frau Stehr und Herrn Hausmann wissen (WAZ 19. Mai), wie bestürzt man über die Vorgänge sei. Die Übergriffe „sind allerdings auch Ausdruck eines mittlerweile wieder tiefgreifenden Antisemitismus in unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen unseres Landes.“ Beide zeigten sich besorgt über die Intensität des Konfliktes und verurteilten die palästinensischen Angriffe. Die internationale Politik sei gefordert, auf die Konfliktparteien einzuwirken, um die erschreckende Gewaltphase zu beenden.
Diese Verlautbarung ist nichts anderes als bloße Betroffenheitsrhetorik in Kombination mit der Aufforderung an andere, etwas zu tun. Den „unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen“ attestiert man einen „wieder tiefgreifenden Antisemitismus“. Da es politisch inkorrekt ist, die Antisemiten unter Flüchtlingen, Asylbewerbern und Muslimen auszumachen, rettet man sich in Allgemeinplätze. Der gleiche Herr Hausmann war sich nicht zu schade, vor einigen Tagen Martin Luther als Antisemiten zu bezeichnen, womit ganz klar ist, wem in der Verlautbarung der CDU der Antisemitismus eigentlich zudiktiert wird.
Die aktuelle Sprachregelung läßt sich an einem ntv-Interview vom 15. Mai mit Serap Güler ablesen. Auf die vorsichtig formulierte Frage, die meisten Demonstrationsteilnehmer dürften [Konjunktiv im Original] einen Migrationshintergrund haben, antwortete Frau Güler, Staatssekretärin für Integration im NRW-Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration:
„Diese Demos sind vor allem durch eines aufgefallen: Antisemitismus und Israelhaß – und dafür darf und kann es einfach kein Verständnis geben. Als Deutsche tragen wir gegenüber Israel und gegenüber dem Judentum eine besondere Verantwortung und jeder, der hier lebt, muß das akzeptieren.“
Was sage es über diese Gesellschaft aus, „wenn mutmaßlich in Deutschland geborene junge Männer in München oder Berlin für eine Heimat demonstrieren, die sie nie gesehen haben?“
„Die Verwechslung zwischen Kritik an israelischer Politik und Israelkritik oder gar Israel- und Judenhaß ist nicht ausschließlich bei Menschen mit Migrationsgeschichte zu finden. Sie findet sich überall, von rechts bis links, inklusive in der Mitte unserer Gesellschaft.“
Überdies müsse man berücksichtigen, daß viele Muslime „Nachrichten aus den alten Heimatländern konsumierten“, die einseitig über die Geschehnisse im Nahen Osten berichteten.
Wir sehen hier ein Zusammenspiel von behutsam gestellten Fragen und dem Narrativ, dem Erzählmuster, daß der Antisemitismus ein allgemeines Problem sei bis in die Mitte der Gesellschaft hinein. Der Hinweis auf die „Deutschen“ mit ihrer „besonderen Verantwortung“ wird kombiniert mit einem entschuldigenden Hinweis auf die einseitige Berichterstattung. Je stärker die muslimischen Interessenvertreter ihre aus der Religionsfreiheit abgeleiteten Rechte betonen, desto stärker ist ihre brüderliche Umarmung der Deutschen, sobald es um das Thema Antisemitismus geht!
Interessant verlief eine Sitzung des Oberhausener Integrationsrates am 18. Mai. Ercan Telli (SPD) als Geschäftsführer des Integrationsrates begann mit einem Vortrag über Rechtspopulismus und Antisemitismus. Dabei machte er klar, daß NRW generell ein Problem mit niederschwelligem Alltagsrassismus habe. Rechtsradikale versuchten, No-Go-Areas für Nichtdeutsche zu etablieren. Herr Telli sprach in diesem Zusammenhang über den Syrer Tarek Alaows, der aus Angst um seine Familie angesichts massiver Drohungen seine Kandidatur für den deutschen Bundestag (als Vertreter der GRÜNEN im Wahlkreis Oberhausen-Dinslaken) zurückgezogen habe.
Frau Demirci erklärte, es fänden Angriffe in eigentlich „sicheren Bereichen“ wie Busse, Bahnen und auf der Straße statt. Sie stellte den Antrag, zur nächsten Sitzung Vertreter von Opferberatungsstellen einzuladen. Herr Sahin ergänzte, er sei in seinem Wahlbezirk angegriffen worden.
Interessant wurde es, als Herr Kempkes (AfD) bemerkte, bei der Debatte über Rassismus möge man einen aktuellen Bezug herstellen. Er sei an der Haltung des Integrationsrates gegenüber den jüngsten antisemitischen Ausschreitungen interessiert. Er verlas dazu einen Facebook-Beitrag des LINKE-Kreisverbandes Osnabrück-Land vom 17. Mai, der wie folgt begann:
„Mit der faktischen Zuwanderung aus islamischen Ländern wurden auch die kulturellen Prägungen aus diesen Ländern importiert. Wie wir während des aktuellen Nahost-Konfliktes sehen haben wir in Deutschland zu wenig getan um den radikalen Islam und mitgebrachten Antisemitismus zu bekämpfen.“
Die Vorsitzende des Integrationsrates, Frau Erdas, wies Herrn Kempkes freundlich darauf hin, daß es sich hier um den Tagesordnungspunkt „Rechtspopulismus“ handelte und nicht um eine Debatte über die aktuelle Lage. Man könne das Thema aber gerne auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung bringen.
Herr Kempkes hatte ausdrücklich die Demonstration in Gelsenkirchen erwähnt. Uns scheint nun bemerkenswert, daß Frau Erdas auch darauf nicht einging und trotz der „Scheißjuden“ (so die Demonstranten) zur Tagesordnung überging. Auch Herr Telli sah sich nicht imstande, eine kurze Stellungnahme abzugeben. Er hatte sich auf den niederschwelligen Alltagsrassismus (von wem wohl?) vorbereitet, aber offenbar nicht auf die vormals als Flüchtlinge willkommen geheißenen Radauantisemiten.
Was nicht ins eigene Weltbild paßt, wird ausgeblendet. Entsprechend sahen die Reaktionen der LINKEN auf den zitierten Facebook-Eintrag aus:
„Der Post des KVs Osnabrück-Land ist an plumpem Populismus gegen die Aufnahme von Geflüchteten kaum zu überbieten und hat nichts mit den Positionen unseres Kreisverbandes, des Landesverbandes oder der ganzen Partei zu tun.“
So lautete die Einleitung der Stellungnahme des Kreisverbandes Osnabrück-Stadt vom 18. Mai und am gleichen Tag distanzierte sich auch der niedersächsische Landesvorstand der LINKEN.