Nachfolgend ein Text von W. Kempkes, der konkrete Beschreibungen mit allgemeinen Reflexionen gut zu verbinden weiß.
Der Text als pdf-Datei: 20220311b_OB_Corona-Demos2
Anmerkungen zu den Corona-Demonstrationen in Oberhausen.
Der demokratische Rechtsstaat macht es seinen Bürgern scheinbar leicht, in ihm zu leben. Und diese Leichtigkeit ist verlockend, weil sie manchmal zur Bequemlichkeit verführt. Hinzu kommt noch, daß ein zutiefst menschliches Harmoniebedürfnis eine Tendenz zur Konfliktvermeidung hervorruft und die Konsensgesellschaft als scheinbares Leitbild in unserem Gemeinwesen idealisiert.
Um hier auf keinen Fall sich sogar öffentlich erkennbar ins gesellschaftliche Abseits zu manövrieren, sind viele unserer Mitbürger sogar bereit, sich schrittweise durch schweigsame Passivität dem Druck des Konsens zu beugen und die Entwicklung innerhalb des Spannungsfeldes Staat gegen Individuum abzuwarten.
Der Widerspruch zwischen dem staatlich propagierten Konsens und den angewandten Druckmitteln wie Gesetze und Verordnungen um diesen Konsens durchzusetzen, läßt diese Begrifflichkeit fragwürdig und sogar unglaubwürdig erscheinen. Innerhalb der Debatte um die Corona-Politik wurde, auch zur Selbstvergewisserung der Politiker, demokratisch zu handeln, die schweigende Mehrheit innerhalb der Gesellschaft dem Lager der Zustimmenden zugeordnet.
Diese rote Linie gab dem Text den Titel… (23. Februar)
Und die Teilnehmerzahlen bestätigten scheinbar diese Zuordnung. Denn: die Mehrzahl der Oberhausener Bürger beteiligte sich bisher nicht an den Corona-Demonstrationen. Und eine außergewöhnliche Steigerung der Teilnehmerzahlen ist trotz drohender Impfpflicht-Gesetzgebung auch nicht zu erwarten. So werden diese Veranstaltungen mit Teilnehmerzahlen um die tausend Personen als Minderheiten-Meinungsäußerung eingeordnet.
Eine Vorgehensweise, die aber der tatsächlichen Situation und der Bedeutung dieser Demonstrationen nicht gerecht wird. Denn sie unterschlägt, daß den agierenden Demonstranten als Reaktion eben eine viel geringere Anzahl an Gegendemonstranten begegnet, so daß die Verrechnung von gesellschaftlichen Mehrheitsverhältnissen nicht aufgeht. Denn die breite Masse schweigt und folgt dem Geschehen oftmals nur mit dem Fensterblick auf das Demonstrationsgeschehen.
Was zeigen nun diese Oberhausener Demonstrationen? Bezeichnend weil entlarvend ist, daß sich Politik als Erzeuger und somit verantwortlich für kritisierte Maßnahmen, nicht den Mut und Willen findet, sich diesen Demonstranten argumentativ zu stellen. Der Staat zeigt sich hier also nur über die Repräsentanten der Staatsgewalt, wie Polizei und Ordnungsbehörden. Zu wenig, um Kritik, Vertrauenslücken und Zweifel an demokratische Institutionen überzeugend zu begegnen. Der daraus entstehende Eindruck einer „Politik mit der Brechstange“ verfestigt sich somit bei den Teilnehmern.
Vielen der Demonstranten merkt man an, daß aktive öffentliche Teilnahme an gesellschaftlichen Entscheidungsfindungsprozessen für sie Neuland ist. Den typischen Berufsdemonstranten, welcher regelmäßig solche Veranstaltungen als Event besucht, findet man eigentlich nicht. Es wirkt authentisch, wie die Oberhausener Teilnehmer ihre persönliche Komfortzone verlassen und sich auch kreativ mit Schildern und Lichtern auf diese Demonstrationen vorbereiten.
Zwei Oberhausener Teilnehmer mittendrin… (9. Februar)
Ursachen für kritische Momente bei den Demonstrationen können ebenfalls benannt werden. Im Windschatten der Polizeikräfte entwickelten Mitarbeiter der Ordnungsbehörden teilweise einen Diensteifer, insbesondere bei der Durchsetzung der Maskenpflicht, bei der nicht ein Grundsatz der Gesundheitsfürsorge im Vordergrund stand, sondern die Darstellung ihrer Machtposition über den Bußgeldkatalog.
Flankierend dazu waren bei den verschiedenen Demonstrationen unterschiedliche Polizeiqualitäten erkennbar. Wenn unsichere Hundertschaften im Einsatz waren, übertrug sich deren transportierte Unruhe auch auf den Demonstrationszug, der dann oftmals stockte. Auffällig war hier der Unterschied zwischen den zumeist unerfahrenen jungen Polizisten und den erfahrenen Oberhausener Beamten, die durch Souveränität und hohes Deeskalationsvermögen auffielen. Die letztgenannte Beamtengruppe zeigte sich auch sehr gesprächig; und deren Bemühungen um einen reibungslosen entspannten Ablauf der Veranstaltungen fielen positiv auf.
Eine besondere Erfahrung der Teilnehmer war die Reaktion der Gegendemonstranten. Es erschütterte und erzeugte Betroffenheit, was den Corona-Demonstranten hier teilweise entgegenschlug. Aggressiv vorgetragene Beschimpfungen und Beleidigungen durch Nazi-Titulierungen und Zuordnung zum Rechtsextremismus erzeugten als unhaltbare Vorwürfe Unverständnis bei den Teilnehmern. Auch wurden ihnen unverschämterweise charakterliche Defizite im Verantwortungsbewußtsein unterstellt. Dementsprechend mußten die Einsatzkräfte insbesondere bei der Startversammlung der Demonstrationen die Teilnehmer vor dem aggressiven und zum Teil auch gewaltbereiten Potenzial dieser Gegendemonstranten schützen.
Die Teilnehmer der Corona-Demonstrationen näherten sich also mehreren roten Linien. Dieser Querschnitt der Gesellschaft thematisierte einerseits die rote Linie, welche die Grenzen des Staates gegenüber dem einzelnen Bürger aufzeigt, andererseits die Linie, welche das Demonstrationsrecht als willkürlich durch die Interessensgruppe der Demonstrationsgegner bewertbar und somit zur Disposition stellt.
… Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit friedlich verteidigt… (12. Januar)
Die Oberhausener Bürger haben nicht nur ihr Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit friedlich verteidigt, sondern auch ihre berechtigte Kritik an den praktizierten Corona-Maßnahmen in die Öffentlichkeit getragen. Dieses auch im Interesse jener, die ihre Einstellung dazu noch nicht öffentlich darlegen wollen oder können.
Als Vertreter einer Politik der Rechtsstaatlichkeit mit klarem und uneingeschränktem Bekenntnis zum Grundgesetz nehmen viele AfD-Mitglieder an diesen Demonstrationen teil. Zum einen, weil wir die staatlichen Handlungen innerhalb der Corona-Situation als grundsätzlich unangemessen bis übergriffig einordnen und den Impfzwang ablehnen. Weiterhin verteidigen wir das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit als elementares Wesen der Demokratie, welches niemals hinter gegebenen oder konstruierten Umständen zurückstehen darf. Dem Grundgedanken dieser Bürgerbewegung jenseits der Parteienlandschaft folgend, sind AfD-Mitglieder hier als Teilnehmer und eben nicht als Organisatoren, Veranstalter oder Redner bei den Oberhausener Demonstrationen aktiv. Selbstverständlich zeigen wir uns dabei immer gesprächsbereit.
Oberhausen, im März 2022
Wolfgang Kempkes (Teilnehmer)