Die letzte Ratssitzung vor der Sommerpause war wenig spektakulär, doch auch hier gab es Dinge, die es festzuhalten lohnt. Wir stellen die wichtigsten Punkte der Tagesordnung vor. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20220630b_Rat_20220620
Beginnen wir mit dem Tagesordnungspunkt (TOP) 5: Nachbesetzung eines sachkundigen Einwohners auf Vorschlag des Integrationsrates in den Sportausschuss des Rates der Stadt (B/17/2150-01).
Es ist eines der vielen Sondermerkmale des Integrationsrates, daß er sogenannte Sachkundige Einwohner mit – allerdings nur – beratender Stimme in eine Reihe von Ausschüssen schicken darf. Gelegentlich werden Nachbesetzungen notwendig, die in der Regel einstimmig vom Rat beschlossen werden. Deshalb hat die AfD-Fraktion diesem Antrag – wie auch Anträgen dieser Art überhaupt in allen anderen Ratssitzungen – zugestimmt, auch wenn sie grundsätzlich Zweifel an der demokratischen Legitimation der Vertreter des Integrationsrates hegt.
In der letzten Ratssitzung – am 16. Mai – hatte bekanntlich die AfD-Fraktion eine Umbesetzung beantragt, die formal ebenfalls einstimmig erfolgt war: Die AfD-Fraktion stimmte dafür, alle anderen enthielten sich oder – wie die GRÜNEN oder Teile davon – stimmten nicht ab. Die AfD-Fraktion hat sich nie an solchen Spielchen beteiligt und wird das auch künftig nicht tun.
Beim TOP 7 (Fortschreibung der Fördervereinbarung mit dem Land NRW – B/17/2216-01) stimmte die AfD-Fraktion gegen diese Fördervereinbarung. Die Vorlage erfaßt fast alle Kosten, die beim Betrieb des Stadttheaters anfallen: Betriebskosten, Personalkosten, Landeszuschüsse und Instandhaltung. Nur die Investitionskosten sind darin nicht enthalten. Der städtische Zuschuß in Höhe von 9,6 Mio. € im Haushalt 2022 ist Bestandteil der Vereinbarung und darf nicht unterschritten werden. Falls doch, würde das Land die Fördermittel in Höhe von 1,3 Mio. € Betriebskostenzuschuß (darin sind 350.000 € für das Kinder- und Jugendtheater enthalten) zurückfordern.
Die Höhe der Zuweisung des Landes NRW ist allein abhängig von einem Schlüssel, nach dem das Land NRW aus einem Gesamtetat den einzelnen Stadttheatern in NRW Zuschüsse zubilligt. Die Höhe der kommunalen Ausgaben spielt also keine Rolle.
Angesichts der städtischen Verschuldung, die momentan bei ca. 1,59 Milliarden € liegt, hält die AfD-Fraktion es für unverantwortlich, wenn die Stadt keinerlei Einsparungsversuche unternimmt. Dem Stadtverordneten Noldus als Mitglied des Kulturausschusses und des Kufita-Aufsichtsrates sind jedenfalls keine Versuche bekannt. Deshalb stimmte die AfD-Fraktion gegen die Vorlage.
Anders gesagt: Das Theaterprogramm bzw. dessen Inhalte haben bei diesem Abstimmungsverhalten keine Rolle gespielt. Wir halten das Publikumsinteresse für einen ausreichenden und unbestechlichen Gradmesser für Erfolg oder Mißerfolg der neuen Intendantin.
Zu TOP 8 „Beschaffung einer semi-stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlage (B/17/2235-01)“ begründete der Stadtverordnete Noldus die ablehnende Haltung der AfD-Fraktion in einer kurzen Rede unter Bezugnahme auf Darlegungen der Verwaltung (siehe Anlage 1).
Dezernent Motschull erklärte demgegenüber, es habe bis dato keine Einnahmeverluste durch eine verzögerte Bearbeitung von Bußgeldbescheiden gegeben. Ferner handele es sich um eine Ersatzbeschaffung für zwei Radarwagen, welche Ende des Jahres außer Dienst gestellt werden.
Der Stadtverordnete Noldus verzichtete auf nähere Erläuterungen angesichts des Umstandes, daß der Dezernent sich nicht mit dem Hauptargument des Redebeitrages auseinandergesetzt hat. Von einer Ersatzbeschaffung im engeren Sinne kann keine Rede sein, da es sich bei der Meßanlage um eine konzeptionell von Radarwagen unterscheidbare Anschaffung handelt. Abgesehen davon, wäre allenfalls eine Anschaffung zum 1. 1. 2023 sachlogisch begründet.
Ob der Dezernent teilweise der eigenen Verwaltung widersprochen und das Hauptargument des Stadtverordneten Noldus unberücksichtigt gelassen hat, ist letztlich eine Frage der individuellen Bewertung. Jedenfalls wurde die Anschaffung gegen die Stimmen der AfD bei Enthaltung der FDP beschlossen.
Zu TOP 10 „Küchenkräfte an Oberhausener Schulen (B/17/2240-01)“ äußerte sich der Stadtverordnete Kempkes kritisch. Er bemängelte den Begriff der „Küchenkraft“, der im gastronomischen Bereich als Berufsbezeichnung nicht üblich sei. Welche Qualifikationen seien erforderlich und welche Bedingungen seien zu erfüllen, um den Manteltarifvertrag anzuwenden? Der vorgelegte Vertrag sei inhaltlich sehr dürftig: Welche Dienstleistung werde durch wen ausgeführt? Was sind die definierten Mindestqualifikationen der Küchenkräfte. Auch fehle jeder Bezug zu einem Tarifvertrag.
Dezernent Schmidt sprach davon, daß der Markt sondiert werde, um einen Anbieter zu finden, der die Spielregeln einhielt. Die Einzelbestimmungen würden noch (zwischen SBO und Verwaltung ?!) abgesprochen werden.
Herr Karacelik (LINKE) sprach sich deutlich gegen eine Fremdvergabe aus und forderte eine Beschäftigung der Küchenhilfen bei der Stadt. Die LINKE war bei ihrem Abstimmungsverhalten insofern inkonsequent, als sie sich der Stimme enthielt. So kam es, daß nur die AfD gegen diese Vorlage stimmte.
Unter TOP 11 beschloß der Rat die „Erstellung einer beleuchteten und kilometrierten Laufstrecke (B/17/2233-01)“, welche laut Vorlage mit Kosten in Höhe von 1,05 Mio. € verbunden ist.
Die AfD stimmte gegen diese Verbrennung von Steuergeldern für die Pseudobedürfnisse einer durch Wohlstand degenerierten Klientel; der Stadtverordnete Horn enthielt sich der Stimme.
Unter TOP 12 „Taxen- und Tarifordnung (B/17/2083-01)“ bemängelte der Stadtverordnete Kempkes einige Aspekte der Antragsbegründung als überholt und stellte fest, daß das Zeitintervall der Gebührenerhöhung (2015 – 2022) viel zu groß sei.
Selbstverständlich stimmte die AfD-Fraktion dem Antrag – wie alle anderen Mitglieder des Stadtrates – zu. Wenn wir der Meinung sind, daß die Erhöhung der Beförderungstarife schneller auf die allgemeine Preisentwicklung reagieren sollte, haben wir die Interessen der Taxifahrer im Blick, nicht die der Fahrgäste.
Die AfD-Anträge in der Bezirksvertretung Alt-Oberhausen A/17/0769-01 (Taxistand auf der Paul-Reusch-Straße) und A/17/1378-01 (Toilettenhäuschen für Taxifahrer am Bahnhofsvorplatz), initiiert durch den Bezirksvertreter, Herrn Wolf, zeigen, daß wir für diejenigen eintreten, die ihren Lebensunterhalt auf ehrliche Art und Weise verdienen – egal, woher sie kommen.
TOP 20 betraf die „Einrichtung einer bis zum 31. 7. 2024 befristeten Teilzeitstelle innerhalb der städtischen Musikschule im Rahmen der ‚Musikschuloffensive‘ des Landes Nordrhein-Westfalen (B/17/2218-01)“. Die AfD-Fraktion stimmte als einzige dagegen. Der Grund dafür ist der verfehlte Ansatz, über geförderte Stellen ein Angebot bereitzustellen, welches dann nach Ablauf des Förderzeitraumes von der Stadt weiter finanziert werden muß. Die Antragsbegründung ist im Auszug als Anlage 3 beigefügt. Je mehr eine Kommune sich in Abhängigkeiten von Fördergeldern begibt, desto größer ist der Verwaltungsaufwand für die Erarbeitung der Förderanträge bei gleichzeitiger Einengung des Handlungsspielraumes.
Aus diesem Grunde ist auch der von der SPD verfolgte Ansatz einer „sachlich“ begründeten Evaluation des Fördermanagements, wie er im SPD-Antrag A/17/1450-01 vom 29. 11. 2021 zum Ausdruck kommt, verfehlt. Mit Bezug auf diesen Antrag hat die Stadtverwaltung einen externen Dienstleister beauftragt (Vorlage M/17/2203-01 vom 1. 6. 2022). Einleitend heißt es dort:
„Für die fundierte Begleitung und Stärkung einer externen Perspektive sind Möglichkeiten der Beratung geprüft worden. Dabei ist mit PD (Partnerschaft Deutschland) nicht nur ein ausgewiesenes Büro gefunden, sondern auch kurzfristig die Finanzierung dieser Beratung über eine Förderung des Bundesfinanzministeriums (BMF) akquiriert worden…“
Es wäre nach unserer Auffassung eine Untersuchung der Bedingungen, wann es rentabler ist, auf Fördermittel zu verzichten, sinnvoller. Das Problem des Verwaltungsaufwandes bei der Antragstellung ist allgemein erkannt und auch von Vertretern des Deutschen Städtetages benannt worden.
Etwas anderes ist die „Einstellung von Nachwuchskräften im Jahr 2023 (B/17/2184-01)“ unter TOP 21. Hier sind wirtschaftliche Erwägungen einerseits und gesellschaftspolitische Verantwortlichkeiten einer Kommune bei der Berufsausbildung andererseits miteinander zu betrachten. Im Zweifel sieht die AfD, wie die anderen Vertreter im Stadtrat auch, die Zukunftsperspektiven junger Menschen als vorrangig an. Die Vorlage wurde ohne Wortmeldungen einstimmig beschlossen.
Bei TOP 23 „Erweiterung städtische Kindertageseinrichtung (KTE) Rechenacker und Umbau Pavillon hier: Überplanmäßiger Mittelbedarf (B/17/2227-01)“ fragte der Stadtverordnete Hoff (FDP), warum die Stadt die Kosten für eine fehlerhafte Bauausführung tragen müsse und warum man auf die vorherige Beratung in den Ausschüssen verzichtet habe.
Der Beigeordnete Schmidt erklärte, man versuche bei fehlerhaften Bauausführungen die beauftragte Firma in Regreß zu nehmen, aber das verursache zusätzliche Kosten. Es sei in der Vergangenheit auch vorgekommen, daß eine Firma insolvent gegangen sei. Zum Aspekt der Beteiligung der Fachausschüsse konnte der Beigeordnete Schmidt nichts sagen.
Wir können das: Es handelt sich um eine typische Technik der Verwaltung, den Stadtrat bzw. die vorgeschalteten Ausschüsse als Kontrollinstanzen auszuschalten. Denn es ist ja gerade der Sinn der Ausschüsse, Ratsentscheidungen fachlich vorzuberaten. Um in diesem Zusammenhang nicht falsch verstanden zu werden, weisen wir darauf hin, daß die Dezernenten allesamt Parteibuchbeamten sind (Parteibuchbeamtinnen gibt es unter diesen zur Zeit nicht) und die Parteizugehörigkeit per se eine Schlüsselqualifikation darstellt.
In TOP 25 wurde das Endlosthema „Aufweitung der Eisenbahnüberführung (EÜ) an der Kewerstraße (B/17/2180-01)“ nun doch endgültig abgeschlossen. Es gab eine längere Debatte, wie sie für die Symbolpolitik, mit der sich der Stadtrat (bzw. die selbsternannten demokratischen Parteien) beschäftigt, typisch ist. Stattdessen wünschte man sich Debatten um die Beseitigung der 1,6 Milliarden € Schulden…
Herr Real (SPD) monierte, die Verwaltung habe seinerzeit die Bürgerversammlung schlecht vorbereitet. Die Vorlage selbst betrachte er hingegen als positiv. Planung, Terminierung und mögliche Alternativen (z. B. Ampelanlage) seien alle geprüft worden. „Das macht die Entscheidung nicht einfach, aber begründbar.“ In der Vergangenheit habe es Unfälle gegeben. „Dieser Baum muß fallen.“
Der Stadtverordnete Bruckhoff (BOB) beklagte, die Stadt habe den Bürgerwillen nicht respektiert, wie er in der Bürgerversammlung am 27. 4. 2022 zum Ausdruck gebracht worden sei. Man habe bei den Planungen die Alternativen wie die Aufstellung einer Ampel oder von Verkehrszeichen nicht ausreichend geprüft.
Der Beigeordnete Motschull verwahrte sich gegen den Ausdruck „Mißachtung des Bürgerwillens“. Man habe die Bürger Alstadens angehört und sie informiert. Man habe die Einwände ernst genommen und fachlich geprüft. Wenn man aber aus begründeten Sachargumenten heraus zu anderen Ergebnissen komme als der Mehrheitswille der Bürger, könne man nicht von einer Mißachtung sprechen.
Der Stadtverordnete Kempkes (AfD) war dafür, alles so zu lassen wie es ist. Der Bereich habe sich in der Vergangenheit auch nicht als besonders unfallträchtig erwiesen. „Da ist nun mal eine Engpaßstelle; davon wird die Welt nicht untergehen.“
Der Stadtverordnete Hoff (FDP) erklärte, damals sei die FDP die treibende Kraft bei der Revision des Beschlusses, den fraglichen Baum zu fällen, gewesen. Danach habe man sich mit dem Thema intensiv beschäftigt. Die Stadt habe ein sehr renommiertes Planungsbüro mit der Untersuchung des Sachverhaltes beauftragt. Die FDP habe einen Sondertermin mit der Verwaltung und dem Planungsbüro gehabt. In mehrstündigen Gesprächen habe man alle Möglichkeiten abgeklärt und man sei zu der Überzeugung gelangt, daß es zur Fällung des Baumes keine Alternative gebe. Wenn es bei einer Verbreiterung des Bereiches zu Unfällen komme, müsse die Stadt Oberhausen die Kosten übernehmen. Unter Abwägung aller Argumente werde die FDP daher für die Vorlage stimmen.
Der Stadtverordnete Karacelik begründete die Haltung der LINKEN, der Fällung nicht zuzustimmen und nannte die Befürworter der Vorlage „Baumgegner“.
Der Stadtverordnete Real (SPD) fragte ihn direkt, es gehe hier um die Abwägung zweier Rechtsgüter – Verkehrsteilnehmerschutz und Baumschutz. Wenn er, der Stadtverordnete Karacelik bei dieser Abwägung den Baumschutz stärker gewichte, sei er deshalb ein Kindergegner? Der Angesprochene blieb die Antwort schuldig.
Abschließend begründete Herr Axt (GRÜNE) kurz die ablehnende Haltung seiner Fraktion.
Gegen die Stimmen von GRÜNEN, LINKEN, BOB, AfD und des Stadtverordneten Horn wurde die Vorlage mit Mehrheit beschlossen.
Innerhalb der Bauleitplanung (TOP 26) wurden insgesamt vier Regionale Flächennutzungspläne (RFNP) abgehandelt. Während sich die LINKE traditionell der Abstimmung enthält und alle anderen Fraktionen zustimmen, stimmte BOB dieses Mal gegen den RFNP unter Punkt 6 (B/17/2029-01).
Um die Kuriosität dieses Abstimmungsverhaltens zu verstehen, muß man folgendes wissen:
Der Regionale Flächennutzungsplan (RFNP) ist ein Instrument der „Planungsgemeinschaft Städteregion Ruhr der Städte Bochum, Essen, Gelsenkirchen, Herne, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen“. Die beteiligten Städte unterrichten sich gegenseitig über die Planungen ihrer Stadtentwicklungen, ohne daß die übrigen Städte daraus ein Einspruchsrecht ableiten könnten. Es gibt lediglich einen sogenannten verfahrensbegleitenden Ausschuß. Es ist laut einer Auskunft vom 9. 11. 2021 im Stadtplanungsausschuß noch nicht einmal sicher, ob Beschlüsse dort einstimmig oder wenigstens ohne Gegenstimme erfolgen müssen. Auf jeden Fall wäre es juristisch eine interessante Variante, sollte der Rat einmal einen RFNP ablehnen.
Unter TOP 28.2 (Antrag der SPD-Fraktion, CDU-Fraktion und Fraktion DIE GRÜNEN gem. § 4 der Geschäftsordnung für den Rat der Stadt zum Punkt „Förderungssituation Jobcenter“ sowie Aufnahme dieses Punktes gem. § 2 der Geschäftsordnung für die Ratssitzung am 20.06.2022 A/17/2206-01) ging es laut Begründung um folgendes:
„Der Rat der Stadt beauftragt die Verwaltung, Gespräche mit dem Jobcenter aufzunehmen, um dafür zu sorgen, dass die bestehenden AGH-Maßnahmen (Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung) gesichert werden und das im Rat der Stadt beschlossene Maßnahmenpaket zum Teilhabechancengesetz weiterhin finanziell abgesichert bleibt.“
Daneben forderte der Antrag, die Ursachen der Finanzlücke, soweit sie in der Verantwortung des Jobcenters liegen, zu klären. Ferner wurde die „Bundesebene“ aufgefordert, „für eine auskömmliche Finanzierung des Verwaltungshaushaltes zu sorgen, damit der EGH Haushalt nicht belastet wird.“
Die AfD-Ratsfraktion schloß sich dem dann einstimmigen Beschluß an, weil der Antrag in sich sachlich begründet ist. Wir machen allerdings auf ein Grundproblem aufmerksam, welches in der Antragsbegründung nur beiläufig erwähnt wird:
„Der Presse war zu entnehmen, dass die örtlichen Träger der Beschäftigungsförderung nicht nur den Verlust vieler Maßnahmen befürchten, sondern ebenso den Wegfall von damit verbundenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen ihrer Mitarbeiter.“
Das Kernproblem besteht also nach unserer Auffassung darin, daß man die Schwerindustrie vernichtet und die Sozialindustrie aufgebaut hat.
Der AfD-Antrag „Einrichtung eines ‚Arbeitskreises Haushaltskonsolidierung‘ (A/17/2252-01)“ unter TOP 28.4 war von der AfD-Fraktion eingebracht worden, um einen positiven Ansatz für den Umgang mit dem chronisch defizitären Stadthaushalt vorzutragen. Der Fraktionsvorsitzende Kempkes begründete den Antrag eingehend (siehe Anlage 2).
Der Antrag wurde ausdrücklich mit der in der Rede vorgebrachten Aufforderung verknüpft, die übrigen Parteien mögen sich nicht auf eine Ablehnung beschränken, sondern ihrerseits positiv formulierte – bessere – Anträge einzubringen.
Wie nicht anders zu erwarten, wurde dieser Antrag gegen die Stimmen der AfD abgelehnt. Dabei hatte es in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 13. Juni unter Bezugnahme auf die Vorlage M/17/2228-01 (Genehmigung des städtischen Haushaltssicherungskonzeptes durch die Bezirksregierung Düsseldorf) Kritik von Herrn Bruckhoff (BOB) gegeben, die eine längere Debatte ausgelöst hatte.
In dieser Ratssitzung nun führte jene unter TOP 27.2 eingereihte M-Vorlage nicht zu Wortmeldungen. Wir werden sehen, wie sich die übrigen Parteien dem zukünftig Problem des städtischen Defizits stellen werden.
Anlage 1:
Rede des Stadtverordneten Noldus (AfD) zur Vorlage B/17/2235-01 „Beschaffung einer semi-stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlage“ unter TOP 8.
„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!
Wir erinnern daran, daß der Stadtrat bereits im September 2021 die Anschaffung von drei Meßanlagen beschlossen hat.1
Zu den Anschaffungskosten in Höhe von 530.000 € kommen jährlich 355.000 € für vier neue Planstellen. Diese vier neuen Planstellen ergeben einen zusätzlichen Raumbedarf für die Bußgeldstelle, der bis heute nicht gedeckt ist.
Der städtische Bericht zum Jahresabschluß 20212 stellt dazu – kurz gesagt – folgendes fest:
Die Einnahmen durch Ordnungswidrigkeiten sind mit 4,8 Millionen € hinter den prognostizierten 5 Millionen € Einnahmen zurückgeblieben. Als Grund stellt der Bericht fest, die Raumfrage der Bußgeldstelle sei noch ungeklärt.
Angedacht war im September 2021, das Rathausbüro von BOB frei zu machen. Wir sind der Meinung, man sollte sich in dieser Frage an den Integrationsrat wenden.
Jedenfalls können die Bußgeldbescheide nicht regulär abgearbeitet werden, solange nicht die Raumfrage gelöst ist. Das ist eine Feststellung der Verwaltung.
Wir sehen daher keinen Sinn in der hier geforderten Anschaffung einer Meßanlage.
Wer eine neue Meßanlage bewilligt, muß sich darüber im klaren sein, daß die Verwaltung im nächsten Jahr eine neue Planstelle fordern wird. Das sind selbst geschaffene Sachzwänge!
Die Verwaltung hat am 13. September 2021 im Haupt- und Finanzausschuß dargelegt, die vier neuen Planstellen würden sich durch Bußgelder selbst finanzieren. Der Stadtverordnete Hoff hat hierzu begründete Zweifel vorgetragen.
Wir halten die Auffassung der Verwaltung in diesem Punkte ebenfalls für verfehlt. Bußgelder sind keine Finanzierungsgrundlage.
Sicherheit hat ihren Preis. Und diesen Preis muß man zu zahlen bereit sein.
Ich komme zum Schluß: Wir halten es zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht vertretbar, eine weitere Anlage zur Geschwindigkeitsmessung zu bewilligen.
Wir fordern die Verwaltung auf, zuerst die Raumprobleme der Bußgeldstelle zu lösen, um das Potential der im September 2021 bewilligten Anlagen auszuschöpfen.
Deshalb stimmen wir dieser Vorlage nicht zu.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!“
Anlage 2:
Rede des Stadtverordneten Kempkes (AfD) zur Begründung des Antrages A/17/2252-01 „Einrichtung eines ‚Arbeitskreises Haushaltskonsolidierung‘“ unter TOP 28.4 alt.
„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!
Daß Sie den hier vorliegenden Antrag, wie es Ihren Absprachen entspricht, ablehnen werden, ist uns bekannt.
Noch gravierender in den Auswirkungen ist Ihre mangelnde Bereitschaft, sich mit dem Inhalt und der Zielrichtung dieses Antrages auseinanderzusetzen.
Denn an den Problemstellungen, denen sich der hier vorgeschlagene Arbeitskreis widmen soll, gibt es kein Vorbeikommen. Im Gegenteil, die Verschärfung auch der kommunal wirkenden Rahmenbedingungen macht ein proaktives Handeln der Politik unumgänglich.
Bezeichnend für den nicht angemessenen Umgang mit den zu erwartenden Herausforderungen war die letzte Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses. Bezogen auf das Thema „Stellenzuwachs in der Verwaltung“ erläuterte Herr Jehn, daß diese zu einem großen Teil über nichtkommunale Geldmittel finanziert werden.
Ich frage die Verwaltung: Macht das die Vorgehensweise besser oder richtiger? Sie belasten den Steuerzahler, über welchen Weg auch immer, dessen Geld die ‚Jobmaschine Verwaltung‘ füttert.
Einem Medienbeitrag zur Effizienz der Verwaltung begegnet der Oberbürgermeister mit einem Hinweis, daß der Stellenzuwachs bei der Bezirksregierung und bei FDP-Ministerien [in NRW] höher ausfiel.
Ich frage Sie, Herr Oberbürgermeister Schranz, rechtfertigen höhere Zahlen in den benannten Organisationseinheiten die eigenen?
Währenddessen zeigt sich der Stadtkämmerer medienwirksam bei einem Fototermin mit einem Esel, der unter der Ausgabenbelastung zusammenzubrechen droht. Mit solchem Aktionismus erhoffen Sie, Herr Tsalastras, die Übernahme der sogenannten Altschulden durch Land, Bund oder wen auch immer.
Solange, wie hier auf kommunaler Ebene, kein Umdenken in der Ausgabenpolitik – jenseits der Pflichtausgaben – stattfindet, würde eine solche Maßnahme nur ein „Weiter so!“ bestärken. Herr Tsalastras, der Esel stellt nicht die leidende Kommune dar, sondern den Steuerzahler, dessen Belastung immer höher wird.
Meine Damen und Herren, an diesen drei Beispielen zeigen wir ihnen auf, auf welchem Niveau sich Haushaltskonsolidierung hier bewegt. Es kann nicht zielführend sein, daß sich Politik dem Tagesgeschäft widmet und nicht den wesentlichen Fragen.
Im allgemeinen wäre das die Frage, welche Prioritäten eine Kommune in Zeiten der Krise setzen kann oder will.
Auch wird es zukünftig dazu gehören, die Grenzen des Machbaren auch im Widerspruch zum Wünschenswerten klar zu benennen. Auch um zunehmenden Vertrauensverlusten der Bürger in demokratische Institutionen offensiv zu begegnen. Denn Politik entfernt sich auch im Umgang mit Finanzmitteln immer mehr den erlebbaren Realitäten.
Während sich Bürger über die Tafel versorgen müssen, werden zweifelhafte Kulturaktivitäten und Sportprojekte gefördert, wie bereits heute thematisiert.3 Erhöhten Kraftstoffpreisen begegnet man mit Autofahrerschikanen wie Parkplatzverknappung und Parkplatzgebühren. Den Klagen über gesellschaftliche Verrohungstendenzen steht die hier praktizierte finanzielle Förderung einer antisemitischen Jugendorganisation gegenüber.
Meine Damen und Herren, der ‚Arbeitskreis Haushaltskonsolidierung‘ wird sich um einen ideologiefreien Einsatz geringer werdender Mittel kümmern müssen.
Da Sie diesen Antrag ablehnen werden, denn es greift ja die offensichtliche Weisungsbindung der Mandatsträger, fordert die AfD-Fraktion Sie auf, eine bessere Lösung einer sich verschärfenden Haushaltskrise aufzuzeigen.
Denn – wenn wir nicht handeln, handeln andere! Und das Maß unseres Handelns bestimmt den Umfang und die Tiefe der Fremdbestimmung.
Danke schön!“
Anlage 3:
Aus der Antragsbegründung der Vorlage B/17/2218-01 „Einrichtung einer bis zum 31. 7. 2024 befristeten Teilzeitstelle innerhalb der städtischen Musikschule im Rahmen der „Musikschuloffensive“ des Landes NRW.“
„Das Land Nordrhein-Westfalen vergibt im Rahmen der Musikschuloffensive zusätzliche Finanzierungsmittel zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von Musikschullehrern*innen mit dem Ziel, den Anteil der arbeitsvertraglich beschäftigten Lehrkräfte an den Musikschulen zu erhöhen und so das Angebot der musikalischen Bildung in Nordrhein-Westfalen nachhaltig zu steigern und zu sichern. Verbunden mit dieser Maßnahme ist eine Qualitätsoffensive, welche die inhaltliche Arbeit der Musikschulen in einem strukturierten Prozess durch zusätzliche Beratungsressourcen im Landesverband der Musikschulen in NRW stärkt; hierfür sind weitere 500T € vorgesehen. Im Rahmen der Musikschuloffensive wird die Einrichtung von landesweit rund 100 Vollzeitstellenäquivalenten (VZÄ) in den öffentlichen Musikschulen unter Beteiligung aller Musikschulen angestrebt.
Förderbedingungen:
Die Förderung des Landes erfolgt auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Zuwendungsvertrages im Rahmen einer pauschalen Festbetragsfinanzierung. Die Gewährung der Förderung ist u.a. an die Zusicherung der Kommunen geknüpft, dass sie ihr Engagement für die Musikschulen mindestens auf dem Niveau des Jahres 2019 beibehalten. Gemäß § 5 des Zuwendungsvertrages muss die Stadt Oberhausen als Musikschulträgerin sich dazu verpflichten,
-
künftig mindestens den Zuschuss aus 2019 zur Unterhaltung der Musikschule zu zahlen,
-
das Angebot der Musikschule mindestens auf dem Niveau von 2019 aufrechtzuerhalten,
-
den Anteil an sozialversicherungspflichtig erteilten Unterrichtsstunden im Vergleich zu 2019 nicht zu senken.
Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass der kommunale Finanzierungsbeitrag an die öffentlichen Musikschulen nicht aufgrund der zusätzlichen Landesmittel gekürzt wird und eine nachhaltige Stellenaufstockung mit dem Ziel einer Qualitätssteigerung der Musikschule tatsächlich erreicht wird…
Unter der Voraussetzung, dass die Bedingungen des Zuwendungsvertrages erfüllt werden und die städtische Musikschule eine entsprechende Landeszuwendung erhält, wird eine befristete Erhöhung des Gesamtstunden- bzw. Stellenkontingents um 14 JWStd, entsprechend eines Stellenanteils von 0,47 aus organisatorischer Sicht befürwortet. Die auf der Grundlage einer Eingruppierung nach EG 9c TVöD entstehenden Personalkosten werden zu 100% refinanziert. Die zusätzliche Teilzeitstelle soll entsprechend der Laufzeit des Zuwendungsvertrages zunächst bis zum 31.07.2024 befristet werden. Der Beschäftigungsbeginn einer entsprechenden Lehrkraft wird zum 01.08.2022 anvisiert.“
1Vorlage B/17/1046-01, gegen die Stimmen von AfD, FDP und des Stadtverordneten Horn am 20. 9. 2021 beschlossen.
2Vorlage B/17/2101-01 Anlage 1 Seite 269.
3Anspielung auf die Vorlage B/17/2233-01 „Erstellung einer beleuchteten und kilometrierten Laufstrecke“unter TOP 11.