Am 24. 5. 2022 beschloß der Kulturausschuß gegen die Stimme der AfD, das am 29./30. 7. 2022 in Oberhausen stattfindende Afro Lights Festival mit 4.814,00 Euro zu unterstützen.1 Wir nehmen das zum Anlaß, uns genauer mit der Kulturförderung in Oberhausen zu befassen. Von E. Noldus.

Der Text als pdf-Datei: 20220720b_Afro_Lights_Festival

Was braucht man, um Fördergelder abzugreifen?

Im Kulturausschuß ist viel von Fördergeldern und Förderquoten die Rede. Fleißig arbeitet der Kulturdezernent an seiner Aufgabe, Fördergelder zu akquirieren und hat hin und wieder Gelegenheit, eine „Förderquote von 90 Prozent“ zu verkünden. Da in diesem Fall die Stadt Oberhausen nur 10 Prozent der Kosten zu übernehmen hat, fallen die Mitglieder des Kulturausschusses regelmäßig in eine kollektive Euphorie, kann man doch quasi umsonst Oberhausens Spitzenstellung bei der Kulturförderung behaupten.

Es wird dabei gerne übersehen, daß es sich bei Fördergeldern um Steuergelder handelt. Und manche Projekte werden nur deshalb gefördert, um eine bestimmte Klientel zu versorgen. Was man braucht, um erfolgreich Steuergelder zu verbrennen, zeigen wir hier.

Der Antragsteller.

Am 3. 5. 2022 erstellte das Kulturbüro der Stadt Oberhausen die Vorlage B/17/2262-01, um einen Förderantrag von „Deutsch & Frankle GbR Ensample“ zu unterstützen. Es handelt sich einmal um eine Tanzschule in Herne2, die andererseits nach eigenen Angaben auch in Bochum ansässig ist. Auf der Internetseite heißt es „über uns“:

„Bei uns kommen Tänzer und Künstler zusammen um junge, urbane Impulse aufzufangen, aktuelle Themen der Zeit, der Politik und gesellschaftlichen Auseinandersetzung in verschiedenen Formen und Stilen auszuprobieren und auf der Bühne für andere erlebbar zu machen.“3

Die Unterseiten lassen erkennen, daß dem Internetauftritt keine Sorgfalt gewidmet wird. Unter „Aktuelles“ findet man eine leere Seite, unter „Spielplan“ bricht die Auflistung mit dem 30. 10. 2021 ab. Eine Durchsicht der „weiteren Projekte“ bietet Informationen hauptsächlich aus den Jahren 2018 und 2019, aber keine aktuellen Inhalte.

Zum Ensemble gehören die GbR-Inhaber Kama Frankl-Groß und Christopher Deutsch. Frau Frankl-Gross ist seit 2016 angestellt beim Fachbereich Kultur der Stadt Herne als Sachbeauftragte für interkulturelle Flüchtlingsprojekte. Herr Deutsch hat erfolgreich ein Soziologiestudium absolviert, ist seit 2013 selbständig und „heute Medienpädagoge, Videograf, Sozialarbeiter, Tänzer, Trainer, YCP Leitung“.

Das Aushängeschild.

Eine Bildergalerie enthält Portraitaufnahmen von etwa 30 Tänzern, Künstlern usw., wobei beispielsweise beim Bild von Kwame „Kideyez“ Osei ein Link „Erfahrt bald mehr über Kideyez“ ins Leere läuft; wie übrigens bei allen anderen Bildern auch.

Bei dem Namensträger des Ensample-Teams handelt es sich um Kwame „Big Wave“ Osei, der vor einem Monat – Mitte Juni – in Oberhausen einen Workshop im Rahmen des Kulturscout-Projektes 2022/23 durchführte.4 Er ist früher – 2017 – im Zusammenhang mit Projekten des Stadttheaters Oberhausen in Erscheinung getreten.5 Auf seiner eigenen Seite stellt er sich als international renommierter Künstler vor:6

„Kwame Osei, also known as Big Wave, born 1987 in Ghana, is a choreographer, performer and founder of the European Buck Session World Championship. Kwame is one of the pioneers of the urban dance style “Krumping” in Europe. As a dancer and choreographer, he has choreographed and staged various dance TV formats such as “You Can Dance”.

Osei erwähnt Auftritte in Indien, Japan, Nigeria, Australien.

Der Antrag.

Der Antrag in Form der Vorlage B/17/2062-01 ist von uns bereits anläßlich des Berichtes über die Kulturausschußsitzung am 24. Mai behandelt worden. Die Vorlage enthält das interessante biographische Detail zu Osei, daß er im Alter von 13 Jahren nach Oberhausen gekommen ist. Die geplante Veranstaltung wird in schönster Antrags-Prosa von Frau Frankl-Groß beworben. Als „Sachbeauftragte für interkulturelle Flüchtlingsprojekte“ im Fachbereich Kultur der Stadt Herne bringt sie diesbezüglich genügend Erfahrungen mit:

„Das Konzept des Afro Lights Festivals hat als Kooperationspartner gleich das Kulturbüro der Stadt Oberhausen gewinnen können, welches von der Idee und der Notwendigkeit sofort überzeugt war.

Unterstützung wird gebraucht in der Finanzierung des Festivalprogrammes und der Räumlichkeiten, der Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung der örtlichen Partner….

Afro Light Festival ermöglicht somit vielfältige Fördermöglichkeiten und schafft Räume, um in Kontakt zu kommen. Gleichzeitig wird an die Fortsetzung und die Möglichkeiten gedacht, weitere Bedarfe zu erkennen7 und in Folgeprojekten auf diese einzugehen.“

Halten wir also fest, daß eine Angestellte der Stadt Herne als Geschäftspartnerin des Veranstalters Ensample einen Antrag beim Kulturbüro der Stadt Oberhausen stellt mit dem Ziel, Steuergelder für eine kommerzielle Veranstaltung zu erhalten. Man beachte ferner das angesprochene Ziel, diese Veranstaltung dauerhaft zu etablieren.

Die Finanzierung.

In der Antragsvorlage B/17/2062-01, die vom Oberhausener Kulturausschuß am 24. Mai bewilligt wurde, ist folgende Übersicht zur Finanzierung enthalten:

Übersicht der Ausgaben und Einnahmen:

12 Workshops

Honorar- u. Fahrtkosten des Dozenten

-2.500,00 €

Battle Veranstaltung

Honorarkosten DJ und Judge

-1.000,00 €

Battle Veranstaltung

Technik Verleih

-250,00 €

Opening Show

Gesamt Künstlergage

-3.000,00 €

Afro Modern Show

Gesamt Künstlergage

-3.000,00 €

Veranstaltungsteam Betreuung

Gesamt Honorarkosten

-1.200,00 €

Veranstaltungsleitung/Koordinierung etc.

Gesamthonorar

-5.500,00 €

Zentrum Altenberg

Angebot Altenberg

-5.114,00 €

Ausgaben

gesamt

-21.564,00 €

Interkultur Ruhr Förderfonds

ist beantragt

10.000,00 €

Kulturrucksack

wird beantragt

3.500,00 €

Einnahmen für die Performance Besucher

10€ bei 200 Personen

2.000,00 €

LAG Tanz

wird beantragt

1.250,00 €

Einnahmen

gesamt

16.750,00 €

Saldo

gesamt

-4.814,00 €

Das veranschlagte Defizit in Höhe von 4814 € ist durch den bewilligten Antrag gedeckt worden. Das Zentrum Altenberg hat durch Herrn Kevin Kerndl vom Verein rocko-e.V. dem Antragsteller Ensample am 8. 4. 2022 ein Angebot zur Gestellung von Räumlichkeiten, Bestuhlung und Ausrüstung unterbreitet. Der Verein rocko e.V. stellt sich vor:8

„da der verein quasi aus den machern des ob-outdoor-festivals hervorgegangen ist, kann man die inhaltliche grundausrichtung ja eigentlich schon sehr gut erkennen:

rocko e.v. hat sich zur aufgabe gemacht, rockmusik in und aus oberhausen zu fördern. dieses anliegen versuchen wir durch verschiedene projekte zu realisieren, wobei das veranstalten von events in diesem bereich bisher schwerpunkt unserer tätigkeit ist.

die bisherigen und aktuellen projekte könnt ihr hier ein wenig näher kennenlernen.“

Der Verein gehört zu SOVAT e.V., der als Dachverband für acht Vereine das Zentrum Altenberg betreibt. Aus der rocko-Internetseite ist unschwer zu erkennen, daß der Verein nur auf dem Papier besteht. Der aufgeführte Link zu Projekten führt ins Leere. Zum Vorstand gehören Ralf-Ingo Stöck, Kevin Kerndl und Sonja Bongers. Stöck ist in Personalunion beim Zentrum Altenberg zuständig für die Stellung der jährlichen Anträge der sechs soziokulturellen Zentren Oberhausens, die 150.000 € der Stadt unter sich aufteilen.9 Frau Bongers ist die Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion.

Die Stadt Oberhausen ist Grundstückseigentümerin und trägt als solche Kosten für Sanierungen und Unterhalt der Baulichkeiten (Sachstandsbericht Finanz- und Personalausschuß 31. 8. 2015 Ö 3.4). Die vertraglichen Regelungen zwischen der Stadt als Eigentümerin und SOVAT als Mieter werden als nichtöffentlich klassifiziert.

In der Sitzung des Kulturausschusses am 24. 5. 2022 hatte der Stadtverordnete Noldus gefragt, warum rocko e.V. als Anbieter zwei mal 750 € allein für die Miete ansetzte, obwohl das Zentrum Altenberg von der Stadt Oberhausen finanziell gefördert werde. Da noch andere Ausschußmitglieder Fragen stellte, zog es der Kulturdezernent vor, die Frage unter den Tisch fallen zu lassen.

Die Kritik der CDU-Vertreterin Wolter entzündete sich an dem Honorar in Höhe von 5.500 € für die Veranstaltungsleitung. Herr Noldus (AfD) hielt den Stundensatz in Höhe von 25 € für Sicherheitsdienst-Mitarbeiter für reichlich hoch.

Interessant in dem Zusammenhang: Am 3. 3. 2022 wurde in öffentlicher Sitzung des Jugendparlamentes über die Feier zum 10jährigen Jubiläum des Gremiums beraten. Zur Debatte stand die Anmietung der Schlosserei im Zentrum Altenberg für 1000 € (Reinigung, Service, Technik). Man vergleiche das Angebot der Schlosserei für das Afro Lights Festival (2407 € bzw. 2707 € für den 29. bzw. 30. 7. 2022).

Merke: Je höher rocko e.V. (Vorstand u. a. Sonja Bongers, SPD) die Miete für eine Räumlichkeit, die der Stadt Oberhausen gehört, ansetzte, desto größer war der Zuschuß, der vom Kulturausschuß bewilligt werden mußte.

Die Überprüfung der Einzelposten des Angebotes von rocko e.V. werden wir noch vornehmen.

Wie ersichtlich, hat der Antragsteller Ensample weitere Förderanträge gestellt und als „Einnahmen“ vorweggenommen. Wir versuchen, eine Schneise durch den Förderdschungel zu schlagen.

Kulturrucksack.

Der „Kulturrucksack“ ist ein Programm der NRW-Kulturförderung. Im NRW-Haushaltsplan 2020 S. 123 heißt es zum „Kulturrucksack“:

„Mittel in Höhe von 2.813.611 EUR werden den mit Stichtag 31.12.2019 bereits am Förderprogramm „Kulturrucksack“ teilnehmenden Kommunen als fachbezogene Pauschale gemäß § 29 Haushaltsgesetz zum eigenverantwortlichen Mitteleinsatz zur Verfügung gestellt. Die teilnehmenden Kommunen legen dem MKW bis zum 28.02.2020 eine Planungsliste über die konkreten Projekte des Jahres 2020 vor. Die Auszahlung erfolgt zum 31.03.2020.

Die Pauschale wird den Kommunen ausschließlich zur Finanzierung aufgrund dieses Programms zusätzlich aufgenommener kultureller Angebote zur Verfügung gestellt, die die Kommunen kostenfrei oder ermäßigt für die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen in der Altersgruppe der 10- bis 14-jährigen im Rahmen des Förderprogramms „Kulturrucksack“ anbieten.

Die Verteilung auf die zum Stichtag 31.12.2019 am Programm teilnehmenden Kommunen richtet sich nach der Anzahl der Kinder und Jugendlichen in der Altersgruppe 10 bis unter 15 Jahren zum 31.12.2017 laut Statistik von IT.NRW. Es werden 4,40 € pro Kind bzw. Jugendlichem der o.a. Altersgruppe angesetzt.“

Im Haushaltsplan 2020 der Stadt Oberhausen waren seitens des Kulturbüros 43.000 € für den „Kulturrucksack“ angesetzt. Formal ist die Doppelförderung durch den Hinweis des Antragstellers gedeckt, daß sich die Angebote der Workshops an Kinder bzw. Jugendliche ab 12 Jahren richten.

Da das Kulturbüro den Antrag unterstützt, kann man davon ausgehen, daß die Förderung aus dem Etat „Kulturrucksack“ ebenfalls erfolgt.

LAG Tanz.

Es handelt sich wahrscheinlich um die Landesarbeitsgemeinschaft Tanz NRW e.V. mit Sitz in Dortmund, einer der Zusammenschlüsse der landeszentralen Träger der kulturellen Jugendarbeit. 2020 betrug der Etat 180.000 € für NRW.

Interessant sind folgende Erläuterungen auf der LAG-Tanz-Seite:10

„Wir fördern Tanzprojekte mit jungen Menschen im Alter von 6 bis 21 Jahren bzw. in begründeten Fällen bis 26 Jahren.

Den möglichen Tanzstilen sind keine Grenzen gesetzt, denn uns ist die Vermittlung einer tänzerischen Vielfalt wichtig: Urbane Stile, Ballett, Modern Dance, Zeitgenössischer Tanz, Volkstanz – alles ist möglich. Auch spartenübergreifende Konzepte wie Tanztheater, ‚Tanz und Musik‘ oder ‚Tanz und Video‘ sind förderwürdig.

Die Tanzprojekte sind in unterschiedlichen Formaten denkbar: Offene Angebote in Jugendzentren, regelmäßige wöchentliche Tanzangebote, Wochenend-Workshops oder Feriencamps, längerfristige themenbezogene Projekte, u.v.m.

Antragsteller*innen können Einzelpersonen oder gemeinnützige Einrichtungen sein – so zum Beispiel:

  • Tanzpädagog*innen, Tanzvermittler*innen und Tanzkünstler*innen

  • freie (gemeinnützige) Träger der Jugendbildung

  • freie (gemeinnützige) Kultureinrichtungen

  • allgemeinbildende Schulen (nur für außerunterrichtliche Projekte!)

Ausgeschlossen sind privatwirtschaftlich agierende Unternehmen wie z.B. private Tanzschulen…. Für reguläre Tanzprojekte übernehmen wir maximal 90 % der Kosten, die restlichen 10 % sind von Eigenmitteln zu finanzieren. In begründeten Fällen kann eine Abweichung von dieser Regelung getroffen werden. Die Förderbeträge bewegen sich zwischen 500 und 3.500 EUR je Projekt.

Für Tanzprojekte mit Geflüchteten übernehmen wir 100% der Kosten. Die Fördersumme kann bis zu 5.000 EUR betragen.“

Ob und in welcher Form Ensample eine Antragstellung vorgenommen hat, ist von hier nicht feststellbar. Es wäre interessant zu erfahren, ob die Bestimmungen zum Ausschluß „privatwirtschaftlich agierender Unternehmen“ gezogen hätten.

Förderfonds Interkultur Ruhr

Der Regionalverband Ruhr ist ein Zusammenschluß der Kommunen des Ruhrgebietes, um bestimmte Teilaufgaben überörtlich zu übernehmen. Der RVR besitzt eine Verbandsversammlung („Ruhrparlament“), in der auch AfD-Vertreter sitzen. Eine Regionaldirektorin ohne Gendersternchen, Frau Karola Geiß-Netthöfel (SPD), führt insgesamt vier Bereiche, die ihrerseits in Referate unterteilt sind. Den Bereich 1 führt sie selbst; dazu gehört das Referat 4 Kultur, Sport und Industriekultur. Die Referatsleitung 4 hat Frau Stefanie Reichart inne.

Innerhalb des Referates 4 bildet die sog. Interkulturelle Arbeit einen der Schwerpunkte. Ein RVR-Kulturausschuß entscheidet über Förderanträge, die beim Förderfonds Interkultur Ruhr jedes Jahr (ab 2016) eingehen. Zum Förderverfahren heißt es:11

„Förderanträge konnten ab dem 15.02.2022 jederzeit online eingereicht werden bis alle Mittel ausgeschöpft sind. Mitglieder der Jury des Förderfonds Interkultur Ruhr sind im Jahr 2022: Ella Steinmann (Agentin für Diversitätsentwicklung), Günfer Çölgeçen (Schauspielerin und Managerin für kulturelle Diversität) und Omar Mohamad (Kulturmanager und Autor).

Über Vorhaben bis zur einer Summe von 4.999 Euro entscheidet die Regionaldirektorin. Hierfür gelten keine besonderen Antragsfristen. Bitte beachten: Die Bearbeitungszeit beträgt in der Regel mehrere Wochen.

Über Vorhaben ab einer Fördersumme von 5.000 Euro entscheidet der Ausschuss für Kultur, Sport und Vielfalt (AKSV) des RVR in seinen Sitzungen. Die entsprechenden Sitzungen des Ausschusses finden voraussichtlich am 19.05. und 01.09.2022 statt. Anträge für die Sitzung am 19. Mai konnten bis einschließlich 15. März 2022 eingereicht werden. Weitere Fristen werden regelmäßig an dieser Stelle veröffentlicht.

+++ Die Mittel des Förderfonds Interkultur Ruhr 2022 sind ausgeschöpft. Wir bitten Sie daher, derzeit keine weiteren Anträge einzureichen. Für 2023 ist ein weiterer Förderzyklus vorgesehen.“

In der Sitzung am 19. 5. 2022 ist auch der Förderantrag zum Afro Lights Festival behandelt und positiv beschieden worden. Allerdings darf man sich darüber keinen Illusionen hingeben: Zum betreffenden Tagesordnungspunkt wurde eine Liste aufgerufen, die 15 Anträge auf Fördersummen ab 5.000 € aufwärts enthielt. Die Verwaltung hatte die Bewilligung bzw. Ablehnung bereits vorgemerkt. Die Liste wurde als Block einstimmig bewilligt.

Der dem Kulturausschuß des RVR vorliegende Antrag ist hier als Anlage beigefügt. Daraus ist ersichtlich, daß sich die Projektbeschreibung in zwei Punkten von dem Antrag B/17/2062-01 im Oberhausener Kulturausschuß unterscheidet:

Als Durchführungszeitraum ist der 3. bis 6. 8. 2022 genannt. Die Gesamtkosten betragen allerdings 43.100 €! Man vergleiche das mit den oben angegebenen Kosten in Höhe von 21564 €.

Trotz mehrfacher Nachfragen der AfD-Vertreterin im RVR-Kulturausschuß Andrea Pousset bei der Regionaldirektorin erhielt diese keine Auskünfte über die Beweggründe der Bewilligung. So bleibt uns nur der Verweis auf die Begründung der RVR-Verwaltung:

„Bewertung durch Referat 4/Jury:

Das Projekt ist auf Teilhabe und Solidarität ausgerichtet und unterstützt die Sichtbarkeit von Künstler*innen. Es kooperiert mit dem Büro für Interkultur der Stadt Oberhausen auf Augenhöhe.

Empfehlung/Beschlußvorschlag:

Die Verwaltung empfiehlt, nach eingehender Prüfung und unter Berücksichtigung der Förderkriterien, das Projekt mit 10.000 € zu fördern.“

Wer entscheidet was?

Die Jury bestand aus Ella Steinmann, Günfer Çölgeçen und Omar Mohamad. Frau Steinmann besitzt trotz ihres Namens unzweifelhaft einen Migrationshintergrund. Ausweislich ihres eigenen Facebook-Accounts hat sie in ihrem Leben noch nie gearbeitet, sondern nach einem Studium der Philosophie und Religionswissenschaften in Bochum in diversen „Projekten“ mitgewirkt: Projektreferentin im Bereich Kulturelle Bildung bei der Stiftung Mercator in Essen, ab 2016 Zukunftsakademie NRW, ein Verein für Diversität in Kunst, Kultur und Kultureller Bildung. Seit Juli 2019 ist sie Agentin für Diversitätsentwicklung im Rahmen des Programms „360° – Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft“ der Kulturstiftung des Bundes am Theater Oberhausen.

Das „Programm Interkultur Ruhr“ des RVR wird begleitet von den beiden Kuratoren Johanna-Yasirra Kluhs und Fabian Saavedra-Lara. Daneben begleitet ein siebenköpfiger Fachbeirat das Programm, bestehend aus:

Sineb El Masrar (Freie Autorin und Journalistin, Gründerin des Multikulturellen Frauenmagazins „Gazelle“, Prasanna Oommen (Freie Öffentlichkeitsarbeiterin und Moderatorin), Dietmar Osses (Leiter des LWL Industriemuseum Zeche Hannover), Vivian Perkovic (Freie Journalistin und Moderatorin), Ella Steinmann (Agentin für Diversitätsentwicklung am Theater Oberhausen), Apostolos Tsalastras (Kämmerer und Kulturbeigeordneter der Stadt Oberhausen) Prof. Dr. Haci-Halil Uslucan (Leiter des Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung).

Wer spielt welche Rolle?

Kehren wir zum Ausgangspunkt zurück und fragen uns, wer bei der Verbrennung von Steuergeldern welche Rolle spielt.

  1. Ein kommerzielles Unternehmen – eine Tanzschule – legt sich eine Internetseite zu, um als eine Art Künstlervermittlung (hier Ensample) aufzutreten. Eine Mitinhaberin der GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) besitzt als Mitarbeiterin im Kulturamt der Stadt Herne das notwendige Wissen und Verbindungen, um Förderanträge formal korrekt zu stellen.

  2. Der Vermittler stellt einen „Künstler“ zur Verfügung, der lediglich als Staffage dient, um den Förderantrag zu füllen. Damit ist dessen Zweck erfüllt. Ensample hat gar keine Absicht, sich als kommerzieller Anbieter zu etablieren und beschränkt sich als „zweites Standbein“ der Tanzschule auf den Zuverdienst durch das Abgreifen von Fördergeldern. Ensample hat es daher nicht nötig, den Künstler (hier: Kwame ‚Big Wave‘ Osei) angemessen zu präsentieren.

  3. Das Zentrum Altenberg als städtisch geförderte Einrichtung beherbergt den Dachverband SOVAT, der eine Vereinigung von Pseudovereinen darstellt. Die Vereine müssen „eingetragen“ sein, um juristisch handlungsfähig zu sein und formal als Anbieter von Dienstleistungen aufzutreten. Hier bietet rocko e.V. Räumlichkeiten sowie Material und Personal zur Durchführung einer Veranstaltung (hier: Afro Lights Festival) an.

    Die Internetseite von rocko e.V. läßt erkennen, daß der Verein nur auf dem Papier existiert. Nebenbei bemerkt, fördert der Verein angeblich „Rockmusik in und aus Oberhausen“ (Eigenwerbung). Dieser Zweck ist vorgeschoben: Wie sonst wäre das Angebot für das Festival zu erklären? Wie sonst wäre die leere Internetseite zu erklären?

    Der Zweck des Vereins besteht in der Erstellung von Angeboten mit willkürlich festgelegten Ausgaben. Die Ausgaben müssen hoch sein, damit sie die Einnahmen (die ihrerseits nur auf dem Papier stehen bzw. als bewilligte Förderanträge vorweggenommen werden) angemessen überschreiten.

    „Angemessen“ heißt, daß die Höhe den eigenen Etat des Kulturausschusses, über den dieser frei verfügt (ca. 50.000 €) , nicht sprengt. Die beantragte Summe muß sich im üblichen Rahmen bewegen, was durch eine Pseudorechnung besorgt wird. Es ist klar, daß das städtische Kulturbüro für den formal korrekten Ablauf sorgt und die Vorlage B/17/2062-01 auf den Weg bringt.

    Die Tatsache, daß es sich um Pseudorechnungen handelt, ist schon daraus ersichtlich, daß im Antrag beim RVR die Gesamtkosten mit 43.100 € angesetzt sind, im Oberhausener Kulturausschuß mit knapp 22.000 €.

    Eine Prüfung des Antrages durch den RVR-Kulturausschuß kann nicht erfolgen und soll auch gar nicht erfolgen. Schriftliche Anfragen der AfD-Vertreterin zur Bewilligungsempfehlung der RVR-Verwaltung blieben unbeantwortet. Die Abstimmung erfolgte als Block über 15 Anträge; eine Einzelabstimmung ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Das ganze Verfahren ist eine Pervertierung des Ausschußgedankens, wie er der Gemeindeordnung NRW zugrunde liegt.

    Das Zentrum Altenberg ist eine städtisch finanzierte Einrichtung, was rocko e.V. (im Vorstand: Sonja Bongers, SPD) nicht daran hindert, Miete zu verlangen. Auch dieser Posten dient der Erhöhung der Ausgabenseite, um die zusätzliche Förderung durch den Eigenetat des Kulturausschusses zu begründen. Das Zentrum Altenberg erhält zusätzlich durch SOVAT jährlich 30.000 € von der Stadt Oberhausen.

  4. Eine Jury empfiehlt beim RVR über die Annahme oder Ablehnung von Förderanträgen. Eines der Jurymitglieder ist Frau Ella Steinmann, Agentin für Diversitätsentwicklung am Theater Oberhausen). Frau Steinmann ist zugleich Mitglied im Fachbeirat des „Programms Interkultur Ruhr“; wie übrigens auch der Oberhausener Kulturdezernent Tsalastras (SPD).

    Beide können direkt Einfluß nehmen auf die Bewilligung von Anträgen. Zum Afro Lights Festival heißt es seitens Referat 4 und der Jury:

    „Das Projekt ist auf Teilhabe und Solidarität ausgerichtet und unterstützt die Sichtbarkeit von Künstler*innen. Es kooperiert mit dem Büro für Interkultur12 der Stadt Oberhausen auf Augenhöhe.“

    Wie man sieht, bescheinigt Frau Steinmann als „Jurymitglied“ – nicht als Angehörige des Stadttheaters Oberhausen – dem Antragsteller eine Kooperation „in Augenhöhe“ mit dem Kulturbüro; d. h. mit dem Kulturdezernenten Tsalastras.

Wie man den Kulturausschuß verarscht.

Dem Ausdruck „verarschen“ wohnt eine gewisse Derbheit inne, doch trifft dieser Ausdruck den Kern der Sache so gut, daß man ihn einfach verwenden muß.

In der Sitzung des Kulturausschusses am 24. 5. 2022 erklärte der Kulturdezernent Tsalastras, die Stadt fördere das Festival nur dann, wenn die anderen Anträge gebilligt würden. Es würde nicht so sein, daß durch die Nichtbewilligung eines Antrages weitere Forderungen an den Kulturausschuß herangetragen würden.

Es war die maßgeblich von Frau Wolter (CDU) vorgetragene Kritik an der Höhe einzelner Ausgabenposten im Antrag zum Afro Lights Festival, die einen Moment die allseits herrschende Harmonie im Kulturausschuß störte. Die noch nicht bewilligten Förderanträge, mit deren Einnahmen der Antragsteller offenbar fest rechnete, schienen die unliebsame Perspektive zu eröffnen, daß man möglicherweise im Nachgang noch einmal – als Kulturausschuß – zur Kasse gebeten würde.

Der Kulturdezernent stellte klar, daß die Stadt das Festival nur bei einer Bewilligung aller Anträge fördern würde. Die Mitglieder des Kulturausschusses verstanden das implizit so, daß im Fall des Falles die durch den Kulturausschuß bewilligten Gelder an den Ausschuß zurück gingen und mit der Bewilligung des Antrages B/17/2062-01 die Sache gewissermaßen erledigt sei.

Die Frage, was bei der Nichtbewilligung eines Förderantrages geschieht, offenbarte nur die Unkenntnis des Fragestellers über die bei der Kulturförderung wirksamen Mechanismen. Die Bewilligung sämtlicher durch den Veranstalter Ensample gestellten Anträge war für den Kulturdezernenten selbstverständlich. Und deshalb betrachten wir die Auskünfte – auf gut Deutsch – als Verarschung des Kulturausschusses.

Anlage: Bewilligter Ensample-Antrag beim RVR.

1Siehe dazu unseren Bericht über die Sitzung des Kulturausschusses: https://afd-oberhausen.de/aktuelles/2022/05/umstrittene-foerderungen-kulturausschuss-vom-24-5-2022/

7Frau Frankl-Groß erkennt offenbar einen eigenen Bedarf an weiteren Einnahmen.

12Das Büro für Interkultur der Stadt Oberhausen ist eine Stab[s]stelle des Kulturdezernats und unterstützt die interkulturelle Öffnung und Internationalisierung der Stadt Oberhausen in vielfältiger Weise. Dies geschieht im Rahmen der folgenden Arbeitsfelder: Internationale Beziehungen; Interkulturelle Kulturarbeit; Europa; Internationale Jugendbegegnungen MULTI; JugendKunstSchule. Siehe https://www.oberhausen.de/de/index/rathaus/verwaltung/finanzenkultur/buero_fuer_interkultur.php