Die letzte Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) am 19. September gab wichtige Hinweise auf das zu erwartende Abstimmungsverhalten in der kommenden Ratssitzung. Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Themen. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20220922b_HFA_20220919
Ein falscher Weg der Wirtschaftsförderung.
Der erste Sitzungsteil bestand hauptsächlich daraus, Jahresabschlüsse städtischer Betriebe bzw. der Sparkasse zur Kenntnis zu nehmen bzw. formal zu billigen, was durchgehend ohne Diskussionen erfolgte. In Punkt 10 der Tagesordnung ging es um eine neue Planstelle im Rahmen einer Konzeptionsentwicklung für die Neugründung von Unternehmen in Oberhausen (Vorlage B/17/2386-01).
Aus den Wortbeiträgen der SPD-Vertreter Bongers (Fraktionsvorsitzende) und Prohl ging hervor, daß sie eine Unterstützung von Firmengründungen in Oberhausen für durchaus notwendig hielten. Allerdings sei die Notwendigkeit dieser Stelle angesichts des bereits bestehenden vielfältigen Angebots zweifelhaft und außerdem sei die Finanzierung der Stelle nicht geklärt.
Stadtkämmerer Tsalastras (SPD) erklärtet, man könne den Etat zur Wirtschaftsförderung wegen des HSK nicht ohne weiteres erhöhen. Man müsse sich mit der Verwaltung zusammensetzen, um abzuklären, woher das Geld kommt. Entweder von der OWT (Oberhausener Wirtschafts- und Tourismusförderung GmbH) oder in Form von Fördermitteln.
Genau an diesem Punkt setzte die Kritik der GRÜNEN ein. Deren Vertreter, Herr Axt, wollte einer neuen Stelle nur zustimmen, wenn diese gefördert würde. Man wolle nicht, daß die Stelle zunächst mit Fördergeldern geschaffen wird und später mit städtischen Mitteln finanziert werden muß. Auch seine Kollegin Opitz bemängelte die fehlenden Finanzierungsvorschläge.
Die Fraktionsvorsitzende Stehr (CDU) ließ deutlich erkennen, daß ihre Fraktion der Vorlage zustimmen werde. Die Vorlage sei klug in zwei Teile unterteilt. Die Argumentation in 1 für die Einrichtung einer neuen Stelle sei sehr überzeugend und unter 2 sei ein Fördervorbehalt genannt. Wenn man Firmengründungen in Oberhausen wolle, müsse man etwas dafür tun. Sie wunderte sich über die an die Fördergelder als Vorbedingung geknüpfte Zustimmung der SPD. Die SPD habe schließlich regelmäßig Anträge eingebracht, ohne auf deren Finanzierung einzugehen. Wo also sei das Problem?
Wie nicht anders zu erwarten, unterblieb die Abstimmung. Die AfD wird auf jeden Fall gegen die Vorlage stimmen, da eine Wirtschaftsförderung nicht darin bestehen kann, neue Verwaltungsstellen – egal, ob gefördert oder nicht – zu fördern, zumal es bereits ein breites Angebot an Anlaufstellen für Firmengründer gibt (die sämtlich in der Vorlage aufgeführt werden).
Ob die Forderung von Frau Bongers, bis zur Ratssitzung am 26. September müsse die Finanzierung geklärt sein, aus ihrer Sicht erfüllt sein wird, wird man dann anhand des Abstimmungsverhaltens sehen.
Immer wieder neue Stellen…
Die Zustimmung zu überplanmäßigen Investitionen im Theater Oberhausen (B/17/2378-01) und der geplante Förderantrag beim BKM Bundesprogramm „KulturInvest“ – „Theater Oberhausen – Next Level nachhaltig“. (B/17/2395-01) erfolgte jeweils einstimmig gegen die Stimme der AfD. Beide Vorlagen hatten bereits dem Kulturausschuß am 6. September vorgelegen.1
Ebenfalls gegen die Stimme der AfD wurde ein „außerplanmäßiges Zahlungsbudget (B/17/2410-01)“ unter TOP 16 für die geplante Laufstrecke am Kanal bewilligt.
Hingegen einstimmig bewilligt wurden alle außerplanmäßigen Ausgaben, die im Zusammenhang mit der Überführung der ukrainischen Flüchtlinge in die Grundsicherung (Hartz IV) standen bzw. überplanmäßig für die Kinderbetreuung dieser Gruppe notwendig wurden (Vorlagen B/17/2390-01 unter TOP 13 und 2507-01 unter TOP 20).
Bei der „Neueinrichtung von zwei Vollzeitstellen im Bereich 4-5/ Integrierte Stadtentwicklung und Statistik im Rahmen des Förderprogramms „Modellprojekte Smart Cities: Stadtentwicklung und Digitalisierung“ des BMI (B/17/2518-01)“ gab es eine kurze, aber aufschlußreiche Szene. Frau Opitz (GRÜNE) sagte mit einem leicht sarkastischen Unterton, sie freue sich immer, wenn Menschen bei der Stadt Oberhausen Arbeit finden. Allerdings: Was sollen die Stellen dieser Vorlage leisten?
Strategiedezernent Güldenzopf erläuterte, diese beiden Stellen sollen „das Technische in die Stadtentwicklung“ bringen. Das Stellenprofil sehe primär „Stadtentwicklung“ und als sekundäres Merkmal „IT-Kenntnisse“ vor. Insgesamt habe man seinerzeit sechs neue Stellen mit einer Förderquote von 90 Prozent beschlossen. Vier Stellen alle im IT-Bereich seien schon besetzt (eine davon ab dem 1. 10. 2022). Jetzt kämen die beiden letzten Stellen dazu.
In der HFA-Sitzung am 23. 3. 2020 war eine Mitteilung der Stadtverwaltung des Inhaltes, daß man sich für die Teilnahme am „Modellprojekt Smart Cities“ bewerben wolle, gebilligt worden. An diese Vorlage B/17/5569-01 schlossen sich sporadisch weitere Mitteilungen an, ohne daß daraus Kostenaufstellungen und dergleichen erkennbar gewesen wären. Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, wie durch scheinbar unverfängliche Schritte Mechanismen in Gang gesetzt werden, die dann Folgen zeitigen, über die man sich vorher nicht im klaren gewesen ist.
Es ist selbstverständlich, daß die AfD dieser Vorlage (als einzige) nicht zustimmte, ebenso wenig der Einrichtung einer „Planstelle „Fördermanagement für den Kulturbereich im Dezernat 1/Finanzen und Kultur“ (B/17/2373-01)“ im nächsten Punkt der Tagesordnung.2
Dauerthema „Ratssaal“.
Unter Punkt 24 der Tagesordnung ging es um die „überplanmäßige Bereitstellung investiver Mittel (B/17/2505-01) für den Umbau des Ratssaales.
Herr Real (SPD) fragt danach, ob das Hochschnellen der Bausummer von 0,5 auf 7 Millionen € vergaberechtlich eventuell problematisch sei. Er möchte eine genauere Aufstellung dessen, zu welchen Teilen die allgemeine Preissteigerung und die „unvorhergesehenen Maßnahmen“ Ursache der Kostenexplosion sei. Erfolgt die Vergabe der Aufträge „freihändig“ oder gibt es Vorschriften, daß der Rat zustimmen müsse.
Herr Jehn betont, daß das Vergaberecht eingehalten worden ist. Die Prüfung dessen sei durch die SBO erfolgt. Für Aufträge über 20.000 € erfolge die Vergabe durch das Rechnungsprüfungsamt, ab 200.000 € sei ein Ratsbeschluß erforderlich. Zu den „unvorhergesehenen Maßnahmen“ gehören jene, die durch die statischen Mängel (Bodendicke in der Mitte 5 cm, zum Rand hin 8 cm) notwendig geworden sind. Bei den zusätzlichen Kosten sei das Vergaberecht eingehalten worden. Ferner müsse man berücksichtigen, daß Verträge nur noch mit einer Preisgleitklausel abgeschlossen werden.3
„Stand heute“ seien keine weiteren Kosten absehbar. Man werde in den nächsten Monaten sehen, ob das so bliebe.
Der Oberbürgermeister erläutert: Die angesprochenen 500.000 € waren vor 5 oder 6 Jahren ein Thema. Damals seien die Kosten nur für die (rollstuhlgerechte) Barrierefreiheit kalkuliert worden. Ständig seien sowohl der Ältestenrat als auch der Rat über den Fortgang der Arbeiten unterrichtet worden. Es sei also alles bekannt gewesen.
Herr Jehn gibt noch zu bedenken, daß man im denkmalgeschützten Bereich arbeite. Auf der einen Seite erhalte man durch den Denkmalschutz zusätzliche Fördergelder; auf der anderen Seite seien dadurch immer neue Umarbeitungen notwendig.
In einem WAZ-Artikel am 20. September hat Redakteur Szymaniak den Inhalt der Diskussionim wesentlichen richtig wiedergegeben und die nach und nach geäußerten Zusatzwünsche der Politiker als zusätzliche Kostentreiber bezeichnet. Die AfD hat jedenfalls mit diesen Dingen nichts zu tun; und auch Herr Bruckhoff stimmte schließlich für die Bewilligung.
Schulbibliothekskonzepte, Freibad und Gebühren.
Zum Bereich „Schulbilbiothekskonzept“ konkurrieren, wie schon im Kulturausschuß am 6. September erkennbar, zwei Anträge von CDU und SPD miteinander. Letzterer wird zweifellos in der nächsten Ratssitzung beschlossen werden, da sich SPD, GRÜNE, LINKE und BOB dafür ausgesprochen haben. Interessant ist nur die Frage, ob durch einen gemeinsamen Änderungsantrag die Elefantenhochzeit SPD-CDU die bisherigen Differenzen ausräumt oder ob die CDU Rückgrat beweist und auch im Rat an ihrem Antrag festhält und ihn nicht zurückzieht.
CDU, AfD und FDP haben sich gegen den SPD-Antrag ausgesprochen. Aus AfD-Sicht ist der SPD-Antrag ideologisch überfrachtet und bringt u. a. eine Verpflichtung zu jährlichen Berichten mit sich, die nur unnötigen Verwaltungsaufwand bedeuten.
Interessant wird das Verhalten der FDP beim Antrag der LINKEN auf Errichtung eines Freibades sein (A/17/2303-01). Nach einer Begründung des Antrages durch den LINKEN-Fraktionsvorsitzenden stellte Herr Hoff (FDP) fest, daß niemand gegen ein Freibad in Oberhausen sei. Aber der LINKE-Antrag sei eben kein Prüfauftrag; man müsse das Projekt aber prüfen im Hinblick auf den Geldbedarf, den Materialaufwand und den Ort. Herr Kempkes (AfD) ergänzte, eben deshalb habe man seitens der AfD einen Prüfauftrag an die Verwaltung gestellt.
Wie zu erwarten war, stimmten nur die LINKEN für ihren Antrag. In der Ratssitzung wird man sehen, ob Herr Hoff seiner hier bekundeten Linie folgt und für den AfD-Antrag stimmt, der ja, ganz im Sinne Herrn Hoffs, eine Prüfung durch die Verwaltung fordert.
Im Sitzungsabschnitt „Berichte“ gab es nur Kenntnisnahmen ohne Wortbeiträge. Lediglich beim TOP 27.4 „Gebührenanpassung bei Trauungen (M/17/2442-01)“ fragte Herr Karacelik (LINKE) nach, warum keine Beschlußfassung notwendig sei. Dezernent Jehn erläuterte, es gebe umfangreiche Tabellen in der vom Land herausgegebenen Gebührenordnung. Diese Gebühren seien vorgegeben und deshalb sei eine Beschlußfassung nicht vorgesehen. Damit endete der öffentliche Teil.
Anmerkungen:
1Siehe den Sitzungsbericht unter https://afd-oberhausen.de/aktuelles/2022/09/aus-dem-kulturausschuss-6-9-2022-verwaltungsvorlagen-und-sachzwaenge/
2Am 6. 9. 2022 im Kulturausschuß besprochen; zur Stellungnahme der AfD dort siehe https://afd-oberhausen.de/aktuelles/2022/09/aus-dem-kulturausschuss-6-9-2022-verwaltungsvorlagen-und-sachzwaenge/
3Die Preisgleitklausel erlaubt es dem Lieferanten, die gestiegenen Selbstkosten auf den ursprünglich vereinbarten Lieferpreis aufzuschlagen.