Die Nachfrage besteht, Einnahmen würde man auch erzielen – aber die Verwaltung übt sich in erbitterter Abwehr des Neuen. Der Umgang mit alternativen Bestattungsformen wird zum politischen Eiertanz und entblößt hochbezahltes Versagertum. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20230312b_Friedhofsentwicklung
Am 24. 10. 2022 hatte die AfD-Ratsfraktion unter der Nummer A/17/2679-01 den Antrag gestellt, alternative Bestattungsmöglichkeiten auf Oberhausener Gebiet zu prüfen. Konkret war an Baumbestattungen im Bereich des Königshardter Nordfriedhofes an der Falkestraße gedacht.
Dabei wird eine Urne neben einem Baum in den Boden gelassen. Eine Grabpflege findet nicht statt, aber die Grabstelle kann individuell gekennzeichnet und damit von Angehörigen besucht werden. Der Wald dient als Ort der Ruhe und des Gedenkens an die Verstorbenen.
In der Sitzung des Umweltausschusses am 2. 11. 2022 wurde dieser Antrag inhaltlich nicht diskutiert. Dezernent Jehn erklärte lediglich, daß alternative Bestattungsformen bereits im „Friedhofsentwicklungsplan“ vorgesehen seien. Andere Ausschußmitglieder drängten den AfD-Vertreter, den Antrag zurückzuziehen, was dieser natürlich nicht tat.
In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 7. 11. 2022 wiederholte sich das Trauerspiel. Auch hier sprach Dezernent Jehn von dem Friedhofsentwicklungsplan, was den SPD-Vertreter Flore zur Bemerkung veranlaßte, das Konzept werde von der Stadt erstellt. Die AfD solle daher ihren Antrag zurückziehen. Das erfolgte nicht; und wieder wurde der AfD-Antrag von allen anderen abgelehnt.
In der Ratssitzung am 14. 11. 2022 begründete der Stadtverordneten Noldus eingehend den Antrag und wies mit Bezug zum Friedhofsentwicklungskonzept auf folgende Sachverhalte hin:
- Zwischen September 2018 und Dezember 2019 hatte die Gemeindeprüfanstalt in ihrem Bericht für 2019 die Skizze für ein Friedhofsentwicklungskonzept auf immerhin 30 Seiten geliefert. Der Bericht wurde den Fachgremien ab Mai 2020 bekannt gegeben.
- Erst im April 2021 wurde die Erstellung eines Friedhofskonzeptes beschlossen.
- Anläßlich der Verabschiedung der Friedhofssatzung im September 2021 stellte die Verwaltung die Grundzüge ihres Friedhofsentwicklungsplans vor. Als Vorlage diente offenbar der Bericht der Gemeindeprüfanstalt von 2019.
- Im Dezember 2021 billigte der Rat in diesem Zusammenhang außerplanmäßige Aufwendungen in Höhe von 70.000 € (siehe M/17/1403-01). Das Geld ging an ein externes Fachbüro, welches ein Konzept erstellen sollte.
Abschließend stellte der Stadtverordnete die Frage, wofür eigentlich das Geld gezahlt wurde, hatte doch seinerzeit die Gemeindeprüfungsanstalt die Grundlagenarbeit bereits geleistet.
Selbstredend lehnte auch der Rat ohne jegliche Debatte den Antrag gegen die Stimmen der AfD ab. Dabei ging es noch nicht einmal um einen konkreten Beschluß, sondern lediglich um eine Prüfung des Sachverhaltes.
Vor einer Woche – am 6. 3. 2023 – wurde ein Zwischenbericht zum Friedhofsentwicklungsplan im Technischen Rathaus Sterkrade vorgestellt. Laut Auskunft des anwesenden AfD-Vertreters erklärte der Vortragende:
Eine Baumbestattung als „Friedwald oder Ruheforst“ komme für die Stadt nicht in Betracht, da es sich um rein private Konzepte (mit rechtlich geschützten Bezeichnungen) handele. Allerdings sei ein „Bestattungswald“ in Betracht zu ziehen, was dasselbe wäre wie ein Friedwald oder Ruheforst mit dem Unterschied, daß ein Bestattungswald von einer Kommune verwaltet werde.
Die an den Nordfriedhof angrenzende Waldfläche sei optimal für einen Bestattungswald; allerdings stünde diese unter Naturschutz und daher als Bestattungswald nicht zu Verfügung. Auf die Nachfrage, ob sich nicht ein anderes Waldstück eignen würde, erklärte der Beigeordnet Jehn, die Stadt plane keinen weiteren Friedhof. Mit den bestehenden fünf städtischen Friedhöfen sei die Nachfrage abgedeckt.
Allerdings sei zukünftig eine Umgestaltung der städtischen Friedhöfe geplant, so daß dann Baumbestattungen möglich seien. Der vollständige Bericht würde dem Umweltausschuß vorgelegt werden.
Das Argument „Naturschutz“ ist ein Scheinargument, denn die fragliche Fläche war in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (für den Rat der Stadt) am 3. 5. 2021 Gegenstand einer intensiven Debatte. Anläßlich der Vorlage B/17/0550-01 „Aufstellungsbeschluß zum Bebauungsplan 753 Falkestraße“ vom 14. 4. 2021 befürwortete u.a. die CDU die Erschließung des Waldstückes als Wohngebiet. Mit den Stimmen von SPD, GRÜNEN, LINKEN und AfD wurde das Vorhaben verhindert.
Damit fällt auch das Argument des Dezernenten Jehn mit den fünf Friedhöfen in sich zusammen. Wenn angeblich die Umgestaltung der städtischen Friedhöfe für Baubestattungen geplant ist, dann stellt sich doch automatisch die Frage, was denn gegen die von der AfD vorgeschlagene Nutzung des bewaldeten Nordfriedhof-Areals spricht. Warum Abwarten und 70.000 € für Konzepte ausgeben?
Immerhin wissen wir jetzt, daß der AfD-Antrag die rechtlich geschützten Bezeichnungen „Friedwald“ bzw. „Ruheforst“ mißbräuchlich benutzte und dank des Friedhofsentwicklungsplans zumindest dieses Problem durch Verwendung des einwandfreien Terminus „Bestattungswald“ ausgeräumt ist.