Die Wirkungen einer langjährigen mit Halb- und Unwahrheiten gespickten Berichterstattung der Presse über die AfD werden aus dem nachfolgenden Fall ersichtlich. Ein Musicus verrennt sich geradezu in eine aberwitzige Idee. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20230326b_Opfer_der_Presse
Am 12. 6. 2021 erschien in der WAZ-Lokalausgabe ein Kommentar von Peter Szymaniak „Wer Probleme ignoriert, handelt im Umgang mit der AfD falsch“.
Anlaß waren AfD-Anträge in der Bezirksvertretung Alt-Oberhausen gewesen, die sich um Parkbänke und Mülleimer an Hundewiesen oder um Einzelmaßnahmen auf der Knappenhalde drehten. Auch diese, eigentlich unpolitischen Anträge waren in der Bezirksvertretung stets ohne Debatten abgelehnt worden. Das wiederum hatte WAZ-Leser dazu bewogen, jenes Abstimmungsverhalten zu kritisieren – natürlich stets mit dem Hinweis verbunden, im übrigen nichts mit der AfD zu tun zu haben.
Der Stadtverordnete Noldus (AfD) benannte einige besonders unschöne Anspielungen im Szymaniak-Kommentar und betonte zudem, die Ratsfraktion werde sich nicht davon abhalten lassen, mit ihren begrenzten Mitteln sachliche Arbeit für Oberhausen zu leisten und sich dem Votum der Wähler stellen (veröffentlicht in der WAZ am 18. 6. 2021).
Das wiederum rief einen Musiker – nennen wir ihn Musicus – auf den Plan, der einen mit Beleidigungen gespickten Leserbrief zur anschließenden Debatte beitrug. Herr Noldus erlaubte sich, nach der Auflistung der Beleidigungen
- egomanes Gegreine;
- peinliches Gestammel;
- eine Partei, die die Chuzpe hat;
- faschistoides Gebrüll;
- Aufjaulen der Betroffenen
zu kommentieren:
„Der Verfasser dieser Zeilen gesteht, peinlich berührt gewesen zu sein. Einmal wegen der WAZ-Lokalredaktion, die eine derart unsachliche Zuschrift überhaupt veröffentlicht hat, anstatt sie dahin zu befördern, wo sie hingehört. Zum anderen von dem ‚Prof.‘ im Antwortschreiben, weil akademische Meriten offenbar nicht vor Niveaulosigkeit schützen.“
Vorangegangen war eine Bitte an den Herrn Professor, sein Schreiben im Wortlaut veröffentlichen zu dürfen. Die Antwort – ohne Anrede und ohne Grußformel – hatte in einer Drohung mit dem Rechtsanwalt bestanden.
Nach einer Dokumentation der gesamten Debatte auf dieser Internetseite am 8. 7. 2021 lief am 21. 7. 2021 das Schreiben eines Oberhausener Rechtsanwaltes bei der Fraktion ein mit der Feststellung, sein Mandant hätte inzwischen die auszugsweisen Zitate auf der AfD-Internetseite entdeckt:
„Wir fordern Sie hiermit auf, bei Vermeidung von Weiterungen dafür zu sorgen, dass jeder Hinweis auf unseren Mandanten von der AfD-Internetseite gelöscht wird.
Unser Mandant möchte in keinerlei Zusammenhang mit ihnen oder Ihrer Organisation gebracht werden. Aus diesem Grunde bitten wir, die Ausführungen unseres Mandanten von Ihrer Internetseite sofort zurückzuziehen.“
Die Fristsetzung (10 Tage) war mit der Drohung einer Unterlassungsklage beim Landgericht und einer Honorarforderung des Rechtsanwaltes des Musicus in Höhe von 280 € verbunden.
Der eigene Rechtsanwalt wies die Gegenseite mit einem Schreiben vom 2. 8. 2021 darauf hin, daß sich der Anspruch des Musicus nicht gegen die Ratsfraktion, sondern gegen den AfD-Kreisverband zu richten habe. Die Begründung dafür ersparen wir uns an dieser Stelle.
Für eine kurze Zeit – bis zum Abschluß der rechtlichen Prüfung – wurde der beanstandete Leserbrief von der Seite genommen, was die Gegenseite am 6. 8. 2021 feststellte und auf der o.g. Honorarforderung bestand.
Mit Schreiben vom 11. 8. 2021 wies der AfD-Rechtsbeistand nochmals auf den Sachverhalt hin und kündigte an, Beschwerde bei der Anwaltskammer einzulegen, falls die Forderungen weiterhin an die Ratsfraktion gerichtet seien.
Dem Mahnbescheid der Gegenseite widersprach der Kreisverband am 1. 9. 2021. Einige Tage zuvor war die juristische Prüfung des Sachverhaltes durch den eigenen Rechtsbeistand abgeschlossen worden. Irgendwelche Verstöße konnten nicht festgestellt werden, weshalb die Freischaltung des Beitrages erfolgte. Zugleich beglich der Kreisverband die eigenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von ebenfalls 280 €.
Auf Betreiben der Gegenseite erließ das hiesige Amtsgericht eine Anordnung, in welcher der Streitwert auf 3500 € festgelegt wurde und der Hinweis erfolgte, daß weiterhin die Zuständigkeit des Amtsgerichts Düsseldorf gegeben sein dürfte, da eine Urheberrechtsverletzung, begangen durch Herrn Noldus, geltend gemacht worden war.
Mit dem Schreiben vom 31. 1. 2022 informierte das Amtsgericht Oberhausen den Kreisverband über den weiteren Verlauf des schriftlichen Vorverfahrens und die dabei zu beachtenden Fristen. Als Anlage war das Schreiben der Gegenseite vom 11. 1. 2022 an das Amtsgericht mit folgenden Forderungen beigefügt:
- Der Beklagte sollte den Leserbrief des Musicus von der Internetseite der AfD entfernen.
- Der Beklagte sollte ein Schmerzensgeld zahlen, dessen Höhe das Gericht festlegen sollte.
- Die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 280 € sollte der Beklagte ebenfalls zahlen.
In der Begründung wurde behauptet, der Stadtverordnete Noldus hätte den Leserbrief des Klägers auf die Internetseite gesetzt. Weiter unten hieß es in dem Schreiben, der Beklagte habe aus dem Leserbrief zitiert (was den Sachverhalt besser wiedergibt).
Mit der Klage wolle der Beklagte verhindern, in einen Zusammenhang mit der AfD gebracht zu werden. „Der Kläger fühlt sich davon diskriminiert, in der Öffentlichkeit herabgesetzt und befürchtet zudem, dass man ihn möglicherweise mit Ideen, Zielen oder ganz allgemein dem Gedankengut der AfD in Verbindung setzen könnte.“
Der Beklagte habe sich mit der Veröffentlichung des Leserbriefes über den erklärten Willen des Klägers hinweggesetzt und dieser fordere ein „symbolisches aber empfindliches“ Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 €:
„Der Kläger will sich an diesem Betrag nicht bereichern. Der Beklagte soll aber wissen, dass er nicht ohne Folgen aus fremden Schreiben zitieren kann und darf.“
Allerdings zog die Gegenseite mit ihrem Schreiben vom 31. 1. 2022 an das Amtsgericht die Forderung zurück, die Sache an das Amtsgericht Duisburg zu verweisen, und anerkannte die Entscheidung des hiesigen Amtsgerichtes an.
Ferner wurde der Vorwurf der Urheberrechtsverletzung abgeschwächt:
„Bei dem Leserbrief handelt es sich nicht um eine urheberrechtlich geschützte Äußerung, sondern um einen Leserbrief zu einem politischen Randereignis. Der Verfasser beansprucht für diese Äußerung keinen Urheberrechtsschutz. Im Gegenteil, für eine Verbreitung seiner politischen Meinung wäre er durchaus dankbar.“
Danach wurde allerdings die Behauptung der Veröffentlichung des Leserbriefes aufrecht erhalten.
Mit dem Beschluß vom 9. 2. 2022 teilte das Amtsgericht Oberhausen die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Düsseldorf an, zumal der Kläger in seinem letzten Absatz die Behauptung der Urheberrechtsverletzung aufrecht erhalten habe.
Mit der Klageerwiderung vom 16. 3. 2022 beantragte der Beklagte, die Klage abzuweisen, zumal der Vorwurf der Urheberrechtsverletzung mit dem Schreiben des Klägers vom 31. 1. 2022 zurückgezogen worden sei. Entgegen dem Versuch des Klägers, diesen Eindruck zu vermitteln, sei der Leserbrief eben nicht vollständig wiedergegeben worden, sondern nur in Auszügen:
„Diese Auszüge wiederum waren Gegenstand einer Betrachtung. Art und Umfang der Wiedergabe sind geradezu Musterfall des § 51 UrhG und daher auch gegen den ausdrücklichen Willen des Klägers zulässig gewesen.“
Die Persönlichkeitsrechte des Klägers seien nicht verletzt worden, da dieser selbst mit seinem Leserbrief die Öffentlichkeit gesucht habe.
„Dass sich der Beklagte in seiner eigenen Stellungnahme mit Wortwahl und Inhalt der Philippika des Klägers auseinandersetzt, hat dieser sowieso hinzunehmen. Insbesondere ist auch der Vorwurf der „Niveaulosigkeit“ angesichts der eigenen Wortwahl des Klägers zulässig.
Die Vorstellung, man könne den Kläger mit den Zielen der AfD in Verbindung bringen, die er in dem erwähnten Leserbrief auf unflätigste Weise beschimpft hat, ist abwegig.“
Am 20. 4. 2022 antwortete die Gegenseite zu Händen des Amtsgerichts Düsseldorf, wobei besonders der Schlußteil bemerkenswert erscheint:
„Es ging dem Beklagten lediglich darum, den Kläger herabzuwürdigen.
Dadurch hat er sein Persönlichkeitsrecht verletzt und ist entsprechend zu einem Schmerzensgeld zu verurteilen und dasselbe gilt für die Kosten der Abmahnung.
Was die urheberrechtliche Seite der Angelegenheit betrifft, so sind wir nach wie vor der Meinung, dass es hier nicht um Urheberrechte geht, sondern allein um die Tatsache, auf die der Kläger auch hingewiesen hat, dass er nicht mit der AfD oder einer ihrer Unterorganisationen im Zusammenhang gebracht werden will. Allein die Herstellung dieses Zusammenhangs ist eine Persönlichkeitsstörung für den Kläger.
Dieser empfindet es jedenfalls so.“
Wir haben in diesen Darlegungen einen kleinen Einblick in die Psyche des Musicus zu erblicken. Nach einem mit Beschimpfungen gespickten Leserbrief beleidigt also der Stadtverordnete Noldus den Musicus, indem jener die Beleidigungen auf der Internetseite des AfD-Kreisverbandes öffentlich macht. Diese Umkehrung des Sachverhaltes in der Selbstwahrnehmung des Klägers erhält selbst dann keine Risse, als der Anwalt sich offenbar erstmals Anfang Januar 2022 mit dem Sachverhalt eingehend beschäftigt und erkennen muß, daß der Vorwurf der Urheberrechtsverletzung unhaltbar ist. Nun kann dessen Taktik eigentlich nur daraus bestehen, die eigene Position zu vernebeln und seinem Mandanten weitere Kosten zu ersparen. Allein, dieser läßt es darauf ankommen.
Am 18. 10. 2022 erging der Beschluß des Amtsgerichts Düsseldorf, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen, nachdem dieser die Klage zurückgenommen hatte (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Der Streitwert wurde auf 3.500,00 EUR festgesetzt.
Die Verhandlung bestand in einer kurzen Darlegung des Richters, warum die Klage keinerlei Aussicht auf Erfolg haben dürfte.
Kurz darauf stellte der Anwalt des Klägers der Gegenseite eine Kostennote in Höhe von 850 € zu. Insgesamt dürfte den Musicus die ganze Angelegenheit etwa 2.400 € gekostet haben. Seitdem ist er als Leserbriefschreiber nicht mehr in Erscheinung getreten.