In der letzten Zeit hat sich die AfD-Fraktion in mehrfacher Hinsicht mit dem Thema „Gewalt an Schulen“ beschäftigt und sich um Aufklärung bemüht. Das stößt auf wenig Gegenliebe. Von E. Noldus.

Der Text als pdf-Datei: 20230604b_Gewalt_Schule_III

Eine Antwort auf eine nicht gestellte Frage.

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage (siehe K/17/3035-01 vom 17. 1. 2023 und K/17/3158-01 vom 24. 2. 2023) der AfD-Stadtverordneten Kempkes hatte die Verwaltung mitgeteilt, daß der Anteil ausländischer Schüler an Oberhausener Schulen vom Schuljahr 2015/16 bis zum Schuljahr 2022/23 von 10,7% auf 19,7% gestiegen sei.

Allerdings hatte der Stadtverordnete Kempkes ausdrücklich nach dem Migrationshintergrund gefragt. Aus den wenig differenzierten Zahlen im Datenkompass Bildung 2022 (Seite 5) und im Oberhausener Bildungsreport 2022 (S. 16-17) geht nun hervor, daß der Anteil nichtdeutscher Schüler (also mit Migrationshintergrund) im Bereich von 52 bis 55 Prozent liegt. Genauer läßt sich das wegen der Aufbereitung des Materials nicht sagen. Dort findet man übrigens auch die Definition dessen, was für die Statistik unter einem Migrationshintergrund zu verstehen ist.

Die Antwort der Verwaltung begnügte sich überdies mit der Angabe von Prozentzahlen, die keinerlei Rückschlüsse auf die absolute Zahlenentwicklung zulassen.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes Meidinger hat unter Berufung auf PISA-Begleitstudien bei einer Migrantenquote von 35% einen überproportionalen Leistungsabfall konstatiert.1 Auf die Frage, ob die Verwaltung diese Auffassung teile und welche Gegenmaßnahmen sie ggf. ergreifen wolle, um den Leistungsabfall zu minimieren, lautete die Antwort:

„Es ist für die Stadt Oberhausen nicht ersichtlich, auf welcher fachlichen Expertise die Einschätzung von Herrn Meidinger beruhen [Orig.].“

Der Publizist Ahmad Mansour hat sich verschiedentlich den mit der Zuwanderung verbundenen Problemen gewidmet. Einer seiner jüngsten Beiträge war der Anfrage als Link beigefügt.2 Eine Stellungnahme zu Problemen im Schulbereich aufgrund unterschiedlicher Wertvorstellungen einer heterogenen Schülerschaft wollte die Stadtverwaltung nicht abgeben und wies lediglich auf § 34 SchulG NRW hin.

Witziges und Nichtssagendes vom Beigeordneten Schmidt.

Eine Kleine Anfrage des Stadtverordneten Lange (K/17/3085-01 vom 30. 1. 2023 mit der Antwort K/17/3297-01 vom 28. 3. 2023) bezog sich auf die Vandalismusserie einer ausländischen Jugendbande, die im Spätherbst 2022 aufgeklärt werden konnte. Auf die Frage nach dem Migrationshintergrund der augenblicklich in Oberhausen erfaßten Intensivtäter antwortete der Beigeordnete Schmidt:

„Da in der Anfrage keine Definition des angefragten Kriteriums ‚Migrationshintergrund‘ erfolgt ist und diesem Kriterium keine rechtsverbindliche Definition zu Grunde liegt, kann eine Beantwortung nicht erfolgen. Aufgrund der unklaren Definitionslage wird es auch seitens des Intensivtäterprogramms nicht erfasst.“

Wir empfehlen dem Beigeordneten die Durchsicht des von der Stadt herausgegebenen und oben zitierten Schrifttums.

Aber dieser Beigeordnete kann nicht nur witzige Antworten geben; auch Nichtssagendes gehört zu seinem Repertoire. Auf eine Kleine Anfrage der AfD-Bezirksvertreterin Both (K/17/3204 vom 27. 2. 2023 mit der Antwort K/17/3460-01 vom 28. 4. 2023) ging hervor, daß der Stadtverwaltung die Zahl der Fälle von Gewalt gegen Lehrer bzw. Schüler der Jahre 2010 bis 2022 nicht bekannt ist, zu den Tatverdächtigen keine Angaben machen kann und die Zahl der von den Schulen erstatteten Anzeigen nicht kennt.

Lediglich die Frage nach den Präventionsmaßnahmen wußte der Beigeordnete Schmidt in 92 Zeilen zu erörtern. Immerhin!

Im Dschungel der Zuständigkeiten.

Aus der Drucksache 18/4332 als Antwort der Landesregierung vom 15. 5. 2023 auf eine Kleine Anfrage der AfD-Landtagsabgeordneten Clemens und Wagner vom 5. 4. 2023 gehen die Zahlen auf Landesebene hervor. Demnach betrug die Zahl der erfaßten Straftaten im Jahr 2022 24513 mit dem Tatort Schule („Tatörtlichkeit Schule“) und 9030 Fälle im Schulzusammenhang („Ereignis Schule“), wobei durch die teilweise doppelte Erfassung aufgrund der statistischen Richtlinien die Addition der Zahlen vom Gesamtwert abweicht. Die Einzelheiten kann man der Polizeilichen Kriminalstatistik 2022 entnehmen.

Der Vollständigkeit sei noch eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsabgeordneten Seitz und Miazga und die Antwort der Bundesregierung vom 9. 3. 2023 erwähnt (Drucksachen Nr. 20/5742 und 20/5939). Daraus geht hervor, daß nach der föderalen Ordnung des Grundgesetzes die Länder für die Schulen zuständig sind. Daher kann die Bundesregierung keine Fragen beantworten, die sich auf die Zahl der Vorfälle oder deren Erfassung beziehen.

Wir bemerken dazu, daß die Stadtverwaltung nur (!) bei der Beantwortung der AfD-Anfragen dazu neigt, den Kontext der Fragestellungen wegzulassen. Damit geht oft ein wesentlicher Verlust an Informationsgehalt einher. Eine diesbezügliche Beschwerde des Stadtverordneten Noldus ist von der Stadtverwaltung seinerzeit zurückgewiesen worden.3 Wir verweisen hierzu auf die Gepflogenheiten der Bundestags- bzw. Landtagsverwaltung .

Wie man Kleine Anfragen auch beantworten kann.

Auf der Internetseite der AfD Bottrop sind Anfragen an die dortige Stadtverwaltung zu Gewaltvorfällen an Schulen einsehbar.4 Aus der Antwort der Stadtverwaltung Bottrop ist ersichtlich, daß es sich bei Gewaltvorfällen um innerschulische Vorgänge handelt, die nicht in die Entscheidungszuständigkeit der Stadt als Schulträger liegen:

„Die Zuständigkeit des Schulträgers liegt beim nichtlehrenden Personal, bei der Bereitstellung von Schulraum und bei den finanziellen Mitteln für Ausstattung und Lehrmittel. Für Angelegenheiten der Lehrkräfte sind die schulformspezifischen Schulaufsichten der Bezirksregierung [hier:] Münster zuständig. Aus diesem Grunde wurde Ihre Anfrage dorthin weitergeleitet.“

Vorangegangen war eine Umfrage der Verwaltung bei den Bottroper Schulen, da der Verwaltung selbst keine Zahlen über Vorfälle vorlagen. Die Einzelheiten kann man unter dem angegebenen Link einsehen. Hier erwähnen wir den Vorgang nur, um aufzuzeigen, wie man Anfragen ordentlich beantworten kann.

Zu dem komplexen Thema „Gewalt gegen Lehrkräfte“ hat die Bezirksregierung Münster eine gleichnamige Broschüre verfaßt, die von der Landesregierung allgemein empfohlen wird. Abschließend verweisen wir auf einen Artikel in der Jüdischen Allgemeinen vom 30. 5. 2023, der die Forderung des Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung Felix Klein zum Gegenstand hat, antisemitische Vorfälle an Schulen meldepflichtig zu machen: „Dann kommt keiner in Versuchung, etwas unter den Teppich zu kehren.“

Die Rolle der Presse.

Leider werden die Bemühungen der AfD-Ratsfraktion, dem gesellschaftlich problematischen Vorgang einer zunehmenden Verrohung auf die Spur zu kommen und das Mitleid der Leitmedien für die seelischen Nöte der Intensivtäter (das soziale Umfeld, „Diskriminierungserfahrungen“ usw.) umzubiegen, um die Opfer in den Blick zu bekommen, nicht richtig angenommen. Denn es besteht ein unbestreitbarer Zusammenhang zwischen dem Verfall des Bildungssystems („Brennpunktschulen“) und der ungeregelten Zuwanderung in die Sozialsysteme.

Es ist bereits dargelegt worden, wie schwierig für die AfD-Ratsfraktion es gewesen ist, von privater Seite an sie herangetragene Schilderungen von Gewaltvorfällen zum Gegenstand einer öffentlichen Debatte zu machen. Die Zuverlässigkeit der Informationen und auch die Interessen der Opfer waren dabei zu berücksichtigen.

Der WAZ-Redakteur Loth hat in einem größeren Bericht zu „beweisen“ versucht, daß sich die von uns geschilderten Fälle so nicht zugetragen haben.5 Die Methode, irreführende Behauptungen und Unwahrheiten über die AfD in Artikeln hinter einer Bezahlschranke zu verbergen, hat schon Tradition. Die Lokalredaktion ist einer Debatte feige ausgewichen, als sie einen kurzen Leserbrief des Stadtverordneten Noldus nicht veröffentlichte. Denn es stand die unangenehme Frage im Raum, warum ein Vorfall bagatellisiert wurde, der für die Betroffene immer noch Konsequenzen hat.

Unter dem Titel „Die Sicht des Opfers“ haben wir vor einiger Zeit – am 19. März – die Mail einer Lehrerin vom 2. 3. 2023 an ihre Klasse 5 veröffentlicht; erst anonym und dann später mit dem Hinweis auf die Friedrich-Ebert-Realschule. Die Betroffene hatte den Grund ihrer Abwesenheit wie folgt erklärt:

„Aber um allen Spekulationen entgegen zu wirken, handelt es sich in meinem Fall um einen dienstlichen Einsatz in der Schule, bei dem ich in eine (verbale) Bedrohung mit einem Messer geraten bin. Dieser Vorfall hat mir dermaßen den Boden unter den Füßen weggezogen, dass ich derzeit leider mein Dienstgeschäft nicht wieder aufnehmen kann.“

Danach drückte sie ihre Hoffnung aus, möglichst bald – frühestens nach Ostern – wieder zurückzukehren.

In unserem Artikel vom 21. 4. 2023 datierten wir den Vorfall selbst auf „ca. Februar“ und schrieben, an der Friedrich-Ebert-Realschule sei eine Lehrerin verbal und mit einem Messer bedroht worden. In der WAZ präsentierte Dominik Loth am 26. April die Ergebnisse seiner Nachfragen bei der Bezirksregierung Düsseldorf unter dem Tenor, die drei geschilderten Vorfälle hätten sich nicht so zugetragen. Speziell zu dem in der Mail geschilderten Vorfall heißt es:

Schüler hätten eine Lehrkraft darüber informiert, daß ein Mitschüler ein Messer mitführe. „Die Lehrkraft stellte den Schüler daraufhin zur Rede. Einige Schüler beobachteten das Gespräch. Von einem Schüler wurde die Lehrerin daraufhin verbal bedroht.“ Es habe, so die Bezirksregierung, keine Bedrohung der Lehrerin mit einem Messer gegeben, die Bedrohung sei rein verbal gewesen.

In einem Leserbrief vom 2. Mai, der – natürlich – weder abgedruckt noch sonstwie verarbeitet wurde, hieß es:

„Wir bedauern, daß Herr Loth pauschal feststellt, unsere Darlegungen stimmten nicht, zumal er im Schmachtendorfer Fall keine Informationen bekam.

Im „Fall“ der Theodor-Heuß-Realschule haben wir durch den Hinweis auf das Zeugenalter und den Konjunktiv einen gewissen Vorbehalt [über die Genauigkeit der Schilderung des Vorgangs] zum Ausdruck gebracht.

Bei der „lediglich verbalen Bedrohung“ blendet die WAZ die Perspektive des Opfers aus. Warum?“

Aus der Sicht der Lehrerin bestand unmittelbar die Möglichkeit, daß der verbalen Drohung ein Angriff mit dem mitgeführten Messer folgte. Nicht umsonst hört man bei Fahndungsmeldungen nach Bewaffneten die Aufforderung der Polizei, die Person nicht anzusprechen. Die Lehrerin hat es trotzdem getan, um die übrigen Schüler zu schützen. Das Risiko war so groß, daß sie danach nicht mehr in der Lage war, ihren Unterricht weiter abzuhalten.

Bis heute ist die betroffene Lehrerin noch nicht in den Schuldienst zurückgekehrt. Die „rein verbale Bedrohung“ ist in einem bürokratischen Sinne korrekt. Herrn Loth war die Mail bekannt; und es zeugt von einem bemerkenswerten Mangel an Empathie, an Mitgefühl, wenn er die psychischen Folgen für das Opfer ignorierte, nur um der AfD eine „Falschinformation“ unterzuschieben.

Der Ist-Zustand.

Anläßlich des Gewaltvorfalls an der Gesamtschule Osterfeld, über den die WAZ am 22. 6. 2023 berichtet hatte, wurde deutlich, daß Gewalt an Schulen ein Tabu darstellt: „Welche Schlüsse Schulleiter Weibels-Balthaus aus dem Vorfall zieht, ist geheim. Bekannt ist dieser Redaktion aber, dass es eine Mail an die Lehrerschaft gab, die daran erinnert, dass Verschwiegenheit über alle schulischen Angelegenheiten zu wahren sei.“

Am 25. 6. 2023 beschwerte sich Herr Weibels-Balthaus „als Schulleiter, als Vorsitzender des Lehrerrates, als Ansprechpartnerinnen für Gleichstellungsfragen, als Schülersprecherin und als Vorsitzende der Schulpflegschaft der Gesamtschule Osterfeld. Wir ärgern uns maßlos über die Darstellung unserer Schule in der Öffentlichkeit.

Der Artikel macht eine sachlich falsche Aussage, um in voyeuristischer Weise Täter und Opfer zu stilisieren und die Menschen bloßzustellen. Wir stellen fest, dass es die Rechtspflicht des Schulleiters ist, nicht mit der Öffentlichkeit zu sprechen, wenn es um den Schutz der Mitglieder der Schulgemeinde geht. Solche Auskünfte erteilt nur die Pressestelle der Bezirksregierung.“

Nirgends ein Wort über das Opfer, nirgends ein Wort des Bedauerns über die Tat, nirgends ein Wort der Solidarität für das Opfer.

Es kann nicht Aufgabe der Politik sein, Ekelgefühle zum Ausdruck zu bringen.

Festzustellen ist, daß der gegenwärtige Zustand es den Schulen erlaubt, Vorfälle jeder Art planmäßig zu vertuschen. Die Opfer werden durch das System zum Schweigen verurteilt, wenn sie nicht gerade einen prominenten und unangreifbaren Fürsprecher wie den Antisemitismus-Beauftragten des Bundes haben.

Für die Stadtverwaltung Oberhausen läßt sich sagen, daß sie kein Interesse hat, an den bestehenden Zuständen etwas zu ändern. Die Bemühungen der AfD um Aufklärung und Stellungnahmen laufen ins Leere; allerdings zu einem gewissen Preis.

Der Beigeordnete Schmidt schreckte nicht davor zurück, sich der Lächerlichkeit preiszugeben, als er auf die Anfrage des AfD-Stadtverordneten Lange nach der Herkunft der erfaßten Intensivtäter in Oberhausen schrieb:

„Da in der Anfrage keine Definition des angefragten Kriteriums ‚Migrationshintergrund‘ erfolgt ist und diesem Kriterium keine rechtsverbindliche Definition zu Grunde liegt, kann eine Beantwortung nicht erfolgen. Aufgrund der unklaren Definitionslage wird es auch seitens des Intensivtäterprogramms nicht erfasst.“

Man braucht das Kriterium nicht zu erfassen; die Menschen wissen auch so Bescheid.



5Unseren Bericht findet man unter dem 21. 4. 2023: https://afd-oberhausen.de/aktuelles/2023/04/schulen-und-gewalt-ein-tabu/ Der WAZ-Bericht vom 26. 4. 2023 von Dominik Loth ist hinter einer Bezahlschranke verborgen.