In dieser Folge geht es um den CDU-Antrag zur „intelligenten Videobeobachtung in Oberhausen“, der ausführlich und hartnäckig wie noch kein anderer Antrag in der Wahlzeit 2020/25 debattiert wurde. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20240524b_Rat_20240513_03_Video_Hbf
Videoüberwachung – ein schwieriges Thema.
Wenn man den CDU-Antrag „Intelligente Videobeobachtung in Oberhausen“ (A/17/5146) mit den dazu gehörenden Änderungsanträgen der AfD (A/17/5271) und der SPD (A/17/5146-01) betrachtet, beschleicht einen das Gefühl, daß die beiden großen Fraktionen die problematische Sicherheitslage am Hauptbahnhof zu Profilierungsversuchen nutzen wollen.
So wies Frau Stehr (CDU) zu Beginn ihrer Antragsbegründung auf einen ähnlichen CDU-Antrag aus dem Jahre 2017 hin und bat die Verwaltung, „das objektive und subjektive Sicherheitsgefühl in unserer Stadt zu erhöhen“:
„Dafür gibt es verschiedene Maßnahmen. Unsere Idee, unser Vorschlag ist, daß in Zusammenarbeit mit der Polizei intelligente Videobeobachtung am Bahnhofsvorplatz in Alt-Oberhausen installiert wird. Ich glaube, ich muß an dieser Stelle nicht begründen, was uns einmal mehr dazu veranlaßt, diesen Antrag zu aktualisieren, noch mal zu stellen, nämlich die Gewalttaten, die uns alle massiv erschüttert haben hier am Bahnhofsvorplatz in der Stadt und indem sie die Einführung von Videobeobachtungssystemen an Kriminalitätsschwerpunkten im Stadtgebiet geprüft und nach der Beratung in die zuständigen Gremien gegebenenfalls umgesetzt wird.“
Sie betonte, das Thema ‚Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung‘ sei sehr wichtig und man wolle als Rat die Verantwortung übernehmen, um etwas zu gestalten. Zu den Änderungsanträgen wolle sie sich später äußern.
Der Stadtverordnete Noldus (AfD) legte zunächst die Ungenauigkeiten des CDU-Antrages zur „intelligenten Videoüberwachung“ offen. Dazu referierte er die wichtigsten Daten des im Antrag genannten Mannheimer Projektes:
- Projektstart Dezember 2018 mit a) Land Baden-Württemberg (Anpassungen des Polizeigesetzes), b) Fraunhofer-Institut Karlsruhe (Programmierung der Künstlichen Intelligenz), c) Stadt Mannheim (technische Infrastruktur).
- Kostenschätzung zu Projektbeginn für fünf Jahre (bis 2023) 900.000 Euro für die Stadt Mannheim und 700.000 Euro für das Land Baden-Württemberg.
- Juni 2023 Projektverlängerung bis Ende 2026 u.a. wegen fehlender Einsatzreife der KI.
- Stellungnahme des Innenministers Strobl am 17. 1. 2024 („noch nicht marktreif“, wissenschaftliche Auswertung Anfang 2027).
Daraus zog der Stadtverordnete die Schlußfolgerungen, daß es sich um ein völlig anderes technisches System jenseits der herkömmlichen Videoüberwachung handelte und der CDU-Antrag fälschlicherweise von einer marktreifen intelligenten Videobeobachtung ausgehe.
Der SPD-Antrag greife im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der Polizei zu kurz, weil es drei beteiligte Ebenen gebe, Land, Kommune und Forschung.
Die AfD lehne daher beide Anträge ab und schlage ihrerseits vor, dem Beispiel des Bürgermeisters von Kaiserslautern, der vor einer Woche Mannheim besucht habe, zu folgen. Der Strategie-Dezernent Güldenzopf sei die geeignete Persönlichkeit, die Informationen zum Projekt intelligenter Videoschutz zu beschaffen, um weitere Planungsschritte vorzubereiten.
Zum besseren Verständnis der Rede des Stadtverordneten Noldus sei folgender Hinweis gestattet: Bei der Prüfung des Antragsinhaltes der CDU war klar, daß bestimmte Inhalte mit dem Polizeigesetz nicht zu vereinbaren waren, weshalb ja beim Mannheimer Versuch parallel dazu das dort geltende Polizeigesetz des Landes Baden-Württemberg angepaßt wurde. In der Erwartung, daß die Stadtverordnete Bongers als gelernte Juristin dazu genug sagen würde, erfolgte eine Schwerpunktsetzung in der dreiminütigen Rede wie vorgenommen.
Die Antragsbegründung von Frau Bongers (SPD) kreiste im wesentlichen um inhaltliche Schwächen des CDU-Antrages und, wie erwartet, die rechtlichen Problemstellungen in bezug zum geltenden Polizeigesetz, politisch korrekt an „wir als Demokraten“ adressiert.
Unter Beachtung der rechtlichen Gegebenheiten sei der CDU-Antrag fachlich leider nicht in Ordnung. Die Annahme, „der Rat habe auch nur irgendeine Entscheidungskompetenz in Bezug auf die Installation von Videoüberwachung oder Videobeobachtung im öffentlichen Raum, ist komplett falsch.“
Unter Verweis auf das geltende Polizeigesetz stellte sie fest, der Antragsteller habe sich nicht ausreichend mit den rechtlichen Rahmenbedingungen befaßt. Das sei auch nicht so schlimm, denn sie seien ja Kommunalpolitiker; aber man müsse das gegenüber den Bürgern auch so benennen.
Dann kommt die Stadtverordnete doch nicht umhin, aus dem § 15a des Polizeigesetzes zu zitieren, wonach über die Videoüberwachung und die Videoaufzeichnung der jeweilige Behördenleiter – in Oberhausen die Polizeipräsidentin – entscheide. Dieser sogenannte Behördenvorbehalt sei „unabdingbar, egal wie sehr wir daran rütteln wollen, das funktioniert nicht.“
Auch die von ihr so genannte „KI-generierte Überwachung zu installieren“ sei ebenfalls nicht mit dem Polizeigesetz vereinbar. Daher empfehle sie, „die fachliche Diskussion im Polizeibeirat zusammen mit der Polizeipräsidentin führen, man könnte Dinge ansprechen, wie zum Beispiel die mobile Kameraüberwachung für einen kurzen Zeitraum, das wäre gedeckt über das Polizeigesetz in Nordrhein-Westfalen und wir könnten über weitere Maßnahmen diskutieren.“
Abschließend verweist sie darauf, daß der SPD-Antrag einem früheren Ratsbeschluß inhaltlich entspreche. Sie erwarte eine Zusammenarbeit, um eine Lösung zu finden, aber man dürfe den Bürgern nicht suggerieren, der Rat könne hier etwas entscheiden.
Die Debatte.
Herr Axt (GRÜNE) äußerte Verständnis für das Bestreben der CDU, „kurz nach diesen schrecklichen Vorfällen am Hauptbahnhof eine Reaktion“ zu zeigen, doch sei der Antrag unter zwei Gesichtspunkten handwerklich schlecht gemacht.
Die rechtliche Schwachstelle bestehe darin, daß der Bahnhofsvorplatz in Oberhausen kein Kriminalitätsschwerpunkt sei und von daher sei nach dem Polizeigesetz dort keine Videoüberwachung erlaubt. Im rechtlichen Sinne sei der Hauptbahnhof kein Kriminalitätsschwerpunkt.
Ferner würde aus der Einrichtung einer Videoüberwachung folgen, daß man Personal zur ständigen Überwachung der Monitore brauche und gleichzeitig müsse Personal für etwaige sofortige Einsätze bereit stehen.
Einen solchen Beschluß – der Ausdruck laute „wird installiert“ – könne der Rat nicht fassen. Von einem Prüfauftrag sei ausdrücklich nicht die Rede.
Inhaltlich sei der Antrag schlecht gemacht, weil der Modellversuch in Mannheim nicht als Beispiel tauge. Der Modellversuch laufe noch, sei irgendwann 2026 fertig, werde 2027 ausgewertet, habe aber bisher keine eindeutigen Ergebnisse geliefert:
„Die KI kann zum Beispiel Umarmen und Würgen nicht unterscheiden und auch Schlägereien müssen dieser KI, das klingt jetzt ein bißchen komisch, dieser KI erst beigebracht werden, damit diese Schlägereien als solche erkannt werden.“
Gefühlte Sicherheit sei nun mal zeit- und personenabhängig. Installierte Kameras gaukelten Sicherheit vor, die besser durch einen erhöhten Einsatz der Polizei und des KOD erreicht werde.
Der SPD-Änderungsantrag sei obsolet, stamme aus dem Jahre 2017 und gelte im Grunde immer noch. Das, was seinerzeit gefordert worden ist, sei nach seinem Wissen nicht umgesetzt worden.
Abschließend kritisierte Herr Axt, der SPD-Antrag sei bereits vor vier Wochen angekündigt worden, aber erst am Morgen oder am Mittag des Sitzungstages „ein bißchen spät“ eingereicht worden.
Aus dem längeren Redebeitrag des Stadtverordneten Hoff (FDP) waren zwei Dinge direkt zu den Antragsinhalten interessant:
Weder die Stadt Oberhausen noch deren Gremien seien in irgendeiner Weise gegenüber der Landesbehörde Polizei weisungsbefugt. Daher sei der im Antrag geforderte Handlungsauftrag, so überhaupt nicht durchsetzbar. Das hätten seine Vorredner Bongers und Axt ja näher ausgeführt.
Ferner müsse man sich bei dem Mannheimer Modell nochmals den gesamten Zeitrahmen des Projektes anschauen und er würde sagen, daß der dortige Modellversuch erst einmal abgeschlossen werden müßte.
„Der ist gerade erst verlängert worden, wurde jetzt schon gesagt“; eine indirekte Erwähnung des Stadtverordneten Noldus. Danach sprach der Stadtverordnete Hoff über den möglichen Zeithorizont der einzelnen Teilproblemlösungen und schlußfolgerte, die KI-gestützte Videobeobachtung sei für etwa fünf bis zehn Jahre eher ein Luftschloß.
Der Rückgriff auf die konventionelle Videobeobachtung erfordere einen intensiven Personaleinsatz; hier griff er das vom Stadtverordneten Axt genannte Problem mit eigenen Erläuterungen auf.
Und deswegen müßte man, wenn man hier eine Videobeobachtung möchte, auf die altbewährte Methode zurückgreifen und die würde massiv viele Stellen binden. Das sei teuer; man solle daher mit der Polizei sprechen, damit diese ihre Präsenz am Hauptbahnhof erhöhe.
Der SPD-Antrag, übrigens eigentlich schon Beschlußlage, stamme seines Wissens von der CDU; dieser Antrag sei komplett obsolet. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, daß der Polizeibeirat das kommunale Gremium sei, welches sich „mit den Anregungen und Wünschen der Bevölkerung und damit auch mit der Politik an die Polizei“ befassen könne, so dessen Geschäftsordnung.
Abschließend stellte Herr Hoff fest, daß die FDP beide Anträge ablehnen werde.
Frau Stehr (CDU) ließ sich lang und breit über den Vergleich des aktuellen SPD-Antrages mit dem CD-Antrag von 2017 aus, um dann festzustellen, schon damals habe man „dieses Thema besetzt“:
„Wir tun das übrigens immer wieder und zwar nicht, weil wir populistisch sein wollen, sondern weil das unsere Werte sind und ich glaube, das haben wir an vielen Stellen schon sehr deutlich gemacht, das steht in unserem Wahlprogramm, das kann jeder nachlesen und dafür setzen wir uns hier im Rat der Stadt Oberhausen auch ein.“
Danach wiederholte sie sich, nur mit anderen Worten, um abschließend zu bemerken, sie erwarte einen Dialog und einen gemeinsamen (Änderungs-) Antrag mit der SPD:
„Die Verwaltung wird gebeten, die objektive und subjektive Sicherheit im Stadtgebiet zu erhöhen. Ich glaube, das ist ein Antrag, das ist eine Bitte, ein Auftrag, den wir der Verwaltung der Stadt Oberhausen auch gegenüber äußern können und sollten. Das ist unser Verständnis. Indem sie erneut, das nehme ich gerne auf, mit der Polizei in einen Dialog darüber eintritt.
Erstens, an welchen Stellen auf Oberhausener Stadtgebiet die Einführung einer Videobeobachtung hilfreich und sinnvoll ist. Damit hätten wir unsere Idee nochmal aufgegriffen, würden euch aber auch entsprechend mitnehmen mit unserem Antrag. Und zweitens, die Installation einer Videobeobachtung am Bahnhofsvorplatz in Alt-Oberhausen prüft.“
Zu dieser Idee eines gemeinsamen Prüfungsauftrages an die Verwaltung nahm die Stadtverordnete Bongers (SPD) unmittelbar Stellung. Sie wiederholte, daß gesetzliche Bestimmungen dem CDU-Antrag entgegenstünden. Dieser würde dem Bürger etwas suggerieren, was der Rat nicht leisten könne:
„Das haben Sie ja gerade auch selber hier zugegeben. Und insofern frage ich mich immer noch, ja, wußten Sie es nicht oder haben Sie es bewußt so gemacht? Das brauchen wir jetzt hier gar nicht weiter thematisieren. Wichtig ist, daß wir hier als Demokraten eine gemeinsame Lösung finden.“
Dann lieferte sie eine Begründung dafür, warum ihre Fraktion den CDU-Antrag von 2017 nochmals eingebracht hatte, ohne dabei etwas von Belang zum Gegenstand der debattierten Sachverhalte zu erklären. Danach bat sie darum, den von ihrer Kollegin formulierten Beschlußvorschlag nochmals zu verlesen.
Herr Hoff (FDP) entwickelte in längeren Ausführungen das Problematische eines an Ort und Stelle formulierten Änderungsantrages, um dann etwas resigniert festzustellen, seine Idee, das Ganze zu schieben und in den Ausschüssen in Ruhe vorzuberaten, sei wohl nicht mehrheitsfähig.
Danach nannte er eine Formulierung, bei deren Aufnahme in den Beschlußtext die FDP dem CDU-Antrag zustimmen könne.
Herr Noldus (AfD) faßte dann den erreichten Stand der Debatte zusammen, um danach die Gründe aufzuführen, die für den AfD-Antrag sprachen; nämlich die Feststellung des augenblicklichen Sachstandes in Mannheim.
Hinweis: Zum zweiten Redebeitrag des Stadtverordneten Noldus (AfD) siehe Anlage 2.
Frau Stehr (CDU) kam nach einigen polemischen Spitzen in Richtung FDP auf die Bitte der Stadtverordneten Bongers (SPD) zurück und las vor:
„Die Verwaltung wird gebeten, die objektive und subjektive Sicherheit im Stadtgebiet zu erhöhen, indem sie erneut mit der Polizei in einen Dialog darüber eintritt, erstens an welchen Stellen auf Oberhausener Stadtgebiet die Einführung einer Videobeobachtung hilfreich und sinnvoll ist und zweitens die Installation einer Videobeobachtung am Bahnhofsvorplatz in Alt-Oberhausen prüft. Das Ergebnis ist, den zuständigen Gremien kurzfristig vorzulegen.“
Herr Flore (SPD) stellte nach einem längeren Wortbeitrag über den Polizeibeirat und seine Rolle im Beirat, über das Polizeigesetz und Motive des CDU-Antrages fest, man könne wohl dem vorgetragenen Änderungsantrag zustimmen.
Frau Opitz (GRÜNE) wollte auf die Unterschiede zwischen Videoaufzeichnung und Videoüberwachung hinweisen. Mit Aufzeichnungen könne man eventuell Täter ermitteln. Eine Videobeobachtung verhindere keine Straftat, denn bei einer Straftat sei die Polizei eben nicht eine Sekunde später vor Ort, weil sie vorher am Monitor saß. Eine Videobeobachtung verspreche keinen Erfolg, weil man nicht genug Personal habe und zweitens werde die Straftat nicht verhindert:
„Es müßten andere Maßnahmen erfolgen, die für eine Sicherheit sind und da müßte man tatsächlich erstmal ein Sicherheitskonzept, vielleicht gibt es das auch, ich habe keine Ahnung, erstellen durch den Polizeibeirat, wir sind da nicht so präsent.“
Frau Bongers (SPD) wollte, daß der Rechtsdezernent gleich über den Beschlußvorschlag schaut, um Klarheit über die Sicherheitskompetenz des Rates zu haben. Des weiteren halte sie eine Debatte über das Thema „Videoaufzeichnung, Videobeobachtung“ nicht für sinnvoll; das überlasse man besser den Experten der Polizei. Sie möchte in den Beschlußvorschlag den Begriff „geeignete Maßnahmen“ aus dem Polizeigesetz einbringen, um sich formal alle Möglichkeiten vorzubehalten.
Dann solle „die Polizeipräsidentin oder wer auch immer dafür verantwortlich ist, dann das nochmal genau prüfen und dann haben wir doch das, was wir wollen. Dann brauchen wir uns hier nicht streiten über Videoaufzeichnung und Videoüberwachung.“
In einem längeren Redebeitrag ließ Herr Hoff (FDP) schließlich durchblicken, daß er einen möglichst weitgefaßten Beschlußvorschlag möchte, dem dann die FDP ebenfalls zustimmen könnte.
Nach einem Hinweis des Oberbürgermeisters über die Zahl der Wortmeldungen nach der Geschäftsordnung kam Frau Stehr (CDU) nach einigen polemischen Anmerkungen in Richtung SPD auf den Punkt: Sie beantragte die Abstimmung über ihren Vorschlag eines gemeinsamen Änderungsantrages.
Frau Bongers (SPD) stellte fest, daß die SPD nicht dabei sei, den eigenen Antrag aufzuweichen, sondern zu konkretisieren. Sie schlug vor und begründete die Übernahme des Begriffes ‚Datenerhebung durch den offenen Einsatz optisch-technischer Mittel‘ aus dem Paragraphen 15a des Polizeigesetzes.
Der Oberbürgermeister versuchte eine Klärung:
„Zum Konkretisieren, das war in der Ziffer 1, an welchen Stellen auf Oberhausener Stadtgebiet der Einsatz optisch-technischer Mittel hilfreich und sinnvoll ist. Und zweitens, dann aber die Videobeobachtung ruhig lassen, die Installation einer Videobeobachtung am Bahnhofsvorplatz in Alt-Oberhausen zu prüfen.“
Frau Stehr (CDU) konnte mit der Übernahme des Begriffes nach § 15a Polizeigesetz leben; vorausgesetzt, daß man „ z.B. Videobeobachtung, Überwachung, Aufzeichnung“ dahinter setze.
Herr Noldus (AfD) kritisierte den Versuch, ad hoc irgendeine Formulierung als Kompromiß zu entwickeln:
„Ich muß doch einmal feststellen, die Debatte läuft etwas aus dem Ruder. Die Grundlage ist ein schlecht gemachter Antrag von der CDU. Das haben auch andere festgestellt. Und das wird jetzt zum Ausgangspunkt genommen für spontane Änderungsanträge. Ich stelle einmal fest, es entspricht einfach nicht der Komplexität des Themas, hier aus dem Stegreif irgendwelche Formulierungen hervorzuholen. Es entspricht auch nicht der Wichtigkeit des Themas Sicherheit.
So geht man also nicht mit den legitimen Sicherheitsinteressen der Oberhausener Bürger um, daß man hier einen schlecht gemachten Antrag zur Grundlage nimmt für spontane Änderungen. Das gehört sorgfältiger ausformuliert für den Rat einer Großstadt. Danke sehr!“
Herr Flore (SPD) konnte eine Gegenrede nicht unterlassen:
„Herr Oberbürgermeister, Sie gucken mich etwas ernst an, aber ich finde, das kann man so nicht stehen lassen. Wenn eine Partei, die heute ein Urteil bekommen hat von dem Oberverwaltungsgericht, dann das Urteil von Nordrhein-Westfalen, wenn die dann hier sagt, also das hier, was wir hier so diskutieren, das würde nicht den nötigen Ernst oder würde gegen die Sicherheit sprechen, ist schon einmal ein bißchen unverschämt. Zum anderen will ich noch einmal sagen, vielleicht haben Sie etwas falsch verstanden, der Kompromiß ist das absolute Wesen der Demokratie. Wenn wir hier Kompromisse schaffen, dann ist das gut für Oberhausen.
Wir regieren hier nicht durch, sondern wir finden den Kompromiß als demokratisches Mittel als das Wichtigste. Danke schön.“
Der Oberbürgermeister las die letzte Fassung des Kompromißvorschlages vor:
„Die Verwaltung wird gebeten, die objektive und subjektive Sicherheit im Stadtgebiet zu erhöhen, indem sie erneut mit der Polizei in einen Dialog darüber eintritt, erstens, an welchen Stellen auf Oberhausener Stadtgebiet der Einsatz optisch-technischer Mittel, wie zum Beispiel Videobeobachtung und Aufzeichnung, hilfreich und sinnvoll ist und zweitens, die Installation einer Videobeobachtung am Bahnhofsvorplatz in Alt-Oberhausen zu prüfen. Das Ergebnis ist den zuständigen Gremien kurzfristig vorzulegen.“
Herr Hoff (FDP) wollte hinter dem ‚Videobeobachtung‘ noch ‚oder andere geeignete Maßnahmen‘ einführen. Das sei der weitergehende Antrag, den er dann auch abstimmen lassen wollte.
Frau Stehr (CDU) zögerte auf eine entsprechende Frage des Oberbürgermeisters, die Änderung zu übernehmen, während Frau Bongers (SPD) darum bat, den Vorschlag des Kollegen Hoff doch zu überdenken:
Die Ergänzung ließe mehr Möglichkeiten in der Prüfung des Sachverhaltes zu. Man wolle doch die subjektive und objektive Sicherheit verbessern. Das stehe dem CDU-Antrag vom Inhalt überhaupt nicht entgegen und es sei ein Signal nach außen, „daß wir da an einem Strang ziehen für die Bürgerinnen und Bürger.“
Frau Stehr (CDU) stimmte dem Kompromißvorschlag zu.
Der Oberbürgermeister schlug folgende Schlußfassung vor:
„Die Verwaltung wird gebeten, die objektive und subjektive Sicherheit im Stadtgebiet zu erhöhen, indem sie erneut mit der Polizei in einen Dialog darüber eintritt, erstens, an welchen Stellen auf Oberhausener Stadtgebiet der Einsatz optisch-technischer Mittel gemäß § 15a Polizeigesetz NRW, wie z.B. Videobeobachtung und Aufzeichnung und weiterer geeigneter Maßnahmen, hilfreich und sinnvoll ist, und zweitens, die Installation einer Videobeobachtung am Bahnhofsvorplatz in Alt-Oberhausen zu prüfen. Das Ergebnis ist, den zuständigen Gremien kurzfristig vorzulegen.“
Dann stellte er eine allgemeine Übereinstimmung unter den Antragstellern fest und ließ abstimmen.
Der Rat beschloß den so geänderten CDU-Antrag gegen die Stimmen von GRÜNEN, AfD und LINKEN.
Danach fragte der Oberbürgermeister, ob die AfD weiter darauf bestehe, ihren Antrag zur Abstimmung zu stellen. Herr Kempkes (AfD) faßte seinen persönlichen Eindruck über die gesamte Debatte zusammen und bestand auf einer Abstimmung.
Der Rat lehnte den Antrag gegen die Stimmen der AfD ab.
Anlage 1:
Rede des Stadtverordneten Noldus (AfD) zu Punkt 22.5 der Tagesordnung „Antrag der CDU-Fraktion gemäß § 2 der Geschäftsordnung für den Rat der Stadt – intelligente Videobeobachtung in Oberhausen (A/17/5146)“ mit den dazu gehörenden Änderungsanträgen der AfD (A/17/5271) und der SPD (A/17/5146-01).
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete!
Der vorliegende CDU-Antrag behandelt das wichtige Thema Sicherheit. Leider enthält der Antrag einige Ungenauigkeiten, die auch Eingang in die öffentliche Debatte gefunden haben. Lassen Sie mich daher kurz die Kerndaten des Mannheimer Projektes „Intelligenter Videoschutz“ zusammentragen.
Projektstart war im Dezember 2018 mit folgenden Beteiligten: Das Land Baden-Württemberg überarbeitete das Polizeigesetz, um die juristischen Grundlagen für den praktischen Betrieb des Systems zu schaffen. Das Fraunhofer-Institut Karlsruhe war für die Programmierung der künstlichen Intelligenz und deren Weiterentwicklung verantwortlich. Die Stadt Mannheim besorgte den Ausbau der technischen Infrastruktur, Kameras und Glasfaserverkabelung.
Zum Projektbeginn wurden folgende Gesamtkosten bis Ende 2023, also für fünf Jahre, veranschlagt: Und zwar 900.000 Euro für die Stadt Mannheim und 700.000 Euro für das Land Baden-Württemberg. Im Juni 2023 war abzusehen, daß das ursprüngliche Ziel noch nicht erreicht werden konnte. Eine einsatzfähige KI mit der Fähigkeit, strafrechtlich relevante Bewegungen unter realen Bedingungen zu erkennen.
Daher wurde das Projekt bis Ende 2026 verlängert. In der Sitzung des baden-württembergischen Innenausschusses vom 17. 1. 2024 nahm Innenminister Strobl zum Projektstand wie folgt Stellung:
Das System intelligenter Videoschutz sei noch nicht in der Lage, Polizeibeamte zu ersetzen. Kurz gesagt, das System sei noch nicht marktreif. Und die wissenschaftliche Aufarbeitung des Projektes werde Anfang 2027 erfolgen.
Sie sehen also, daß es sich um ein technisch völlig anderes System handelt und dieses geht weit über eine herkömmliche Videobeobachtung hinaus.
Der CDU-Antrag geht von falschen Voraussetzungen aus und fordert eine intelligente Videobeobachtung am Hauptbahnhof, als wenn das System bereits marktreif wäre.
Der SPD-Antrag greift zu kurz, das ist diese Zusammenarbeit mit der Polizei, weil es drei beteiligte Ebenen gibt, Land, Kommune und Forschung. Wir lehnen daher beide Anträge ab.
Ich komme dann auch zum Schluß. Das Thema Sicherheit ist wichtig und erfordert gemeinsame politische Anstrengungen. Daher unser Änderungsantrag.
Der Bürgermeister von Kaiserslautern hat vor einer Woche Mannheim besucht, um sich an Ort und Stelle über das Projekt zu informieren. Wir halten den Strategie-Dezernenten Güldenzopf für die geeignete Persönlichkeit, die Informationen zum Projekt intelligenter Videoschutz zu beschaffen, um weitere Planungsschritte vorzubereiten. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Anlage 2:
Zweiter Redebeitrag des Stadtverordneten Noldus (AfD) zu Punkt 22.5 der Tagesordnung „Antrag der CDU-Fraktion gemäß § 2 der Geschäftsordnung für den Rat der Stadt – intelligente Videobeobachtung in Oberhausen (A/17/5146)“ mit den dazu gehörenden Änderungsanträgen der AfD (A/17/5271) und der SPD (A/17/5146-01).
Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete!
Ich finde es einmal positiv, daß hier eine angeregte Debatte stattfindet zu einem wichtigen Thema. Leider muß ich feststellen, ist die Debatte in Teilen etwas destruktiv. Destruktiv deshalb, weil wir von Frau Bongers, Herrn Axt und Herrn Hoff gehört haben, was alles nicht geht. Ihre juristischen Bedenken in allen Ehren.
Das Problem ist, – wir haben hier ein Problem, das wir lösen müssen. Und Sicherheit darf auch nicht zu einem Wahlkampfthema werden. Wenn Frau Stehr zum Beispiel darauf aufmerksam macht, daß 2017 die CDU bereits das Thema aufgebracht hat, sie hat das Thema gewissermaßen für sich gepachtet.
Oder Sie, Frau Bongers, Sie sprechen von den Demokraten. Das Thema Sicherheit ist zu wichtig, um es zu einem bloßen Wahlkampfthema zu machen. Und es geht hier um zwei ermordete Ukrainer als Anlaß, die diese Debatte gewissermaßen angestoßen hat, diese Ermordung.
Wir wollen keine Wahlkämpfe. Wir wollen auch eine Sachstandsdarlegung haben und haben gesagt, das Mannheimer Projekt Intelligenter Videoschutz war gewissermaßen der Aufhänger oder die Inspiration für den CDU-Antrag.
Und es geht darum, einen Sachstand in Mannheim festzustellen. Das ist unser Vorschlag. Noch einmal, es gibt, glaube ich, ein Mißverständnis, dann bin ich auch schon fertig, zwischen der konventionellen Videoüberwachung und der KI-gesteuerten Videoüberwachung. Herr Axt, Sie haben gesagt, man müßte viel Personal haben, damit die Monitore beobachtet werden können, die Polizei schnell eingreift.
Das ist die herkömmliche Videoüberwachung. Das Mannheimer Modell sieht vor, daß eben automatisiert wird. Das ist auch im CDU-Antrag ein bißchen durcheinandergegangen, weil in Punkt 1 geht es um intelligente Videobeobachtung. Das ist dann diese KI-gestützte Sache. Und Punkt 2, um diese herkömmliche Videoüberwachung, wie sie bereits existiert. Und ja, nochmal abschließend mein Vorschlag, unser Vorschlag, weiterhin eine Sachstandsentwicklung durchführen durch eine Kontaktaufnahme und Besuch in Mannheim. Danke sehr!“