Von der Lokalpresse vollständig verschwiegen wurde der AfD-Antrag zur „Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber und Geduldete“. Wir dokumentieren die Debatte. Von E. Noldus.
Der Text als pdf-Datei: 20240412b_Rat_20240318_6_Bezahlkarte
Zum Antragsinhalt.
Der Beschlußvorschlag des Antrages A/17/4537-01 lautete:
„Der Rat der Stadt beschließt die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber und Geduldete.“
Die Begründung lautete:
„Solange die noch amtierende Bundesregierung keine wirksamen Maßnahmen zur Eindämmung unkontrollierter Masseneinwanderung in unseren Staat einleitet und die längst überfällige Remigration abgelehnter Asylbewerber organisiert, kann nur über eine personengebundene, lokal gültige Bezahlkarte eine weitere, unseren Mitbürgern nicht mehr vermittelbare mißbräuchliche Belastung unserer Sozialsysteme eingedämmt werden.
Eine weitere Begründung erfolgt mündlich.“
Die Debatte.
Der Stadtv. Kempkes (AfD) erinnerte einleitend an die vorangegangene Debatte im Haupt- und Finanzausschuß vom 11. März (wir berichteten). Der Antrag sei bewußt sehr allgemein gehalten, um eventuelle Maßnahmen der Verwaltung weder einzuschränken noch vorwegzunehmen. Er setze nur politische Leitlinien und lasse der Verwaltungen alle Freiheiten, ein Konzept zur Umsetzung zu entwickeln.
Der Oberbürgermeister habe sich in der Presse für die Einführung einer solchen Karte ausgesprochen, in den kommunalen Gremien aber nichts zum Thema beigetragen. Vermutlich deshalb, weil der Antrag von der falschen Partei getragen werde. Auch liege kein Änderungs- Ergänzungs- oder Alternativantrag vor. Man habe sich wohl, wie immer, darauf verständigt, hier ohne Debatte, möglichst schnell und unauffällig diesen Antrag abzuräumen.
Zur Rede des Stadtverordneten Kempkes siehe Anlage 1.
Danach sprach Herr Karacelik (LINKE) zu den „Damen und Herren der demokratischen Fraktionen“:
„Es ist erschütternd zu erleben, wie sich die Rechten erdreisten, ihrem Rassismus ein weiteres Mal freien Lauf zu lassen. Dabei belassen sie es diesmal nicht bei ihren plumpen Hetzparolen, sondern wollen ihren Rassismus in Gesetze gießen. Dabei bedienen sie sich in ihrem Antrag des Begriffes „Remigration“, sprich: Massenabschiebung oder Deportation, der im Zuge des Potsdamer Geheimtreffens von inzwischen Ex-CDUlern, der Werteunion, AfD, sogenannten Identitären und weiteren Faschisten vermehrt gebraucht wurde.“
Was danach folgte, war ein typisches Beispiel für das intellektuelle Niveau, welches diesem illustren Vertreter der SED-Nachfolgepartei, selbsternannter Repräsentant von zwei Milliarden Muslimen, ein von niemandem bestrittenes Alleinstellungsmerkmal im Rat verleiht.
Nach dieser Rede wies der Oberbürgermeister den Stadtverordneten unter Bezugnahme auf eine Passage in der Rede darauf hin, er lege Wert auf die Feststellung, daß es zwischen ihm und der AfD keinerlei politische Allianz gebe. Es sei ihm wichtig, das zu betonen.
Dezernent Motschull erklärte, er möchte seine Ausführungen aus dem Sozialausschuß und aus dem HFA nicht wiederholen. Innerhalb der letzten Woche habe sich dahingehend nichts geändert. Es gebe immer noch keine Entscheidungsgrundlage für die Einführung einer Bezahlkarte. Das sei sowohl technisch, inhaltlich, aber auch rechtlich nicht geklärt. Im Gegensatz zu einigen wenigen Landkreisen im Osten des Landes, darauf weise man hier ganz bewußt hin, gehe es nur, wenn überhaupt, um eine einheitliche Lösung in NRW gehe. Vielleicht auch bundesweit; das sei alles noch in der Entwicklung. Das Vergabeverfahren werde Ende September abgeschlossen sein. Er wiederhole nochmals: Zum heutigen Tage sei der Antrag nicht entscheidungsreif. Er spare sich die Frage, ob der Antragsteller den Antrag zurücknehme.
Danach sprach der Stadtv. Noldus (AfD) zum Antrag unter besonderer Berücksichtigung der vom Dezernenten vorgetragenen Behauptungen. Er verwies auf den Migrationsgipfel im Kanzleramt am 6. 11. 2023 und auf den Kabinettsbeschluß vom 1. 3. 2024 zur Einführung der Bezahlkarte. Aus der Pressemitteilung der Bundesregierung zum Kabinettsbeschluß gehe hervor, daß die bisherige Praxis auch die Schlepperkriminalität finanziere.
Für seine Rede hatte der LINKEN-Vertreter an denjenigen Stellen den Beifall seiner linksgrünen Gesinnungsgenossen unter den selbsternannten Demokraten des Rates erhalten, in denen es um den angeblich rassistischen Inhalt des Antrages ging. Herr Noldus forderte an einer Stelle Herrn Karacelik auf, seine Anklagerede direkt an den Bundeskanzler zu schicken und ergänzte, zu Frau Bongers bzw. zur SPD-Fraktion gewandt:
„Dann wissen Sie Bescheid – auch er [der Bundeskanzler] ist ein Rassist, wenn Sie Ihrem Kollegen folgen.“
Herr Noldus erinnerte an die Ablehnung des Aufnahmestopps für Ukrainer im September 2022 durch die AfD-Fraktion. Damals habe Dezernent Motschull das Signal gesendet, man schlage Frauen und Kindern, die vor einem Krieg flüchten, die Türe vor der Nase zu. Heute sende er das Signal, nichts gegen die organisierte Kriminalität zu tun. Ferner trete er als politisch neutraler Verwaltungsbeamter auf. Letztere erwerben ihre Qualifikationen an Verwaltungshochschulen, der Dezernent habe seine Qualifikationen auf SPD-Parteitagen erworben.
Zur Rede des Stadtverordneten Noldus siehe Anlage 2.
Der Oberbürgermeister erteilte dem Dezernenten Motschull, der seines Wissens nach im Besitz von zwei juristische Staatsexamina sei, das Wort.
Dezernent Motschull erklärte, das sei das einzige, was er zu diesen lächerlichen Ausführungen feststellen möchte. Er sei tatsächlich auf vielen Parteitagen und auch Klausurtagungen gewesen. Dort fahre er immer noch hin und obwohl das Klausurtagungen seien, habe er dort nicht eine Klausur geschrieben. Er sei auch nicht mündlich geprüft worden. Er sei geprüft worden beim ersten Mal beim OLG Düsseldorf, beim zweiten Staatsexamen sogar im Justizministerium. Da sei auch keiner von der SPD dabei gewesen. Vielleicht wäre es ihm leichter gefallen, aber er habe es trotzdem geschafft.
Nachdem der pflichtschuldige Beifall der selbsternannten Demokraten abgeklungen war, stellte der Stadtv. Noldus die Ausführungen des Dezernenten richtig. Er habe die berufliche Qualifikation des Dezernenten Motschull, seines Wissens nach unter anderem Fachanwalt für Arbeitsrecht, in keinster Weise erwähnt und auch nicht in Zweifel gezogen. Es gehe darum, daß er als Dezernent Parteipolitiker sei und als solcher parteipolitische Entscheidungen treffe. Und wenn er juristisch argumentiere, sei es letztlich nur eine politische Entscheidung, die er in dieser Form ausdrücke. Das sei ganz einfach so.
Dezernent Motschull: Insbesondere, was dem Rat mit Blick auf die AfD-Fraktion an lustigen Bemerkungen im nächsten Jahr bevorstehe. Das Gegenteil sei der Fall. Das sei keine Parteipolitik, die man „hier oben“ mache. Sondern alle, die dort säßen, insbesondere der Oberbürgermeister, unterlägen dem sogenannten Neutralitätsgebot. Und wenn man sie, er benutze diesen flapsigen Ausdruck, dabei erwischte, daß man dem nicht nachkomme, könne man Vorhaltungen machen, aber sonst bitte nicht.
Herr Lütte (BOB) erklärte zum AfD-Antrag, er habe sich ihn genau angeschaut. Er empfinde ihn als absolut dummes Zeug. Bund und Land würden vorher vielleicht die Grundlagen schaffen; was solle die Stadt vorher damit tun. Und was Herr Motschull alles von sich gegeben habe [so sein gebrauchter Ausdruck], könne er nur begrüßen.
Frau Opitz (GRÜNE) erklärte, sie sortiere die rechten Flaschen [auf ihrem Tisch] erst einmal nach links. Man habe sich schon im Sozialausschuß zu diesem unsäglichen Antrag geäußert. Sie bzw. die Fraktion seien leicht entsetzt, daß diese Diskussion, wo es darum gehe, wie über Menschen geschrieben werde, zu einer Diskussion ausarte, die an die Verwaltung gerichtet sei. Das sei Augenwischerei, um abzulenken, was in der Begründung stehe.
Die Begründung ist die Sprache der Rechtsextremisten; Herr Karacelik habe in seiner Rede dazu viel Richtiges gesagt, so wie die LINKE das im Sozialausschuß getan habe und wo man sich ergänzend ausgesprochen habe. Die GRÜNEN würden diese Sprache nicht unterstützen und den Antrag ablehnen.
Der Rat lehnte den Antrag gegen die Stimmen der AfD ab.
Wir möchten nur ergänzen, daß in der Sitzung des Sozialausschusses am 5. März (wir berichteten) die AfD-Vertreterin Mumm mehrfach massiv bedrängt wurde, diesen Antrag zurückzuziehen.
Anlage 1
Rede des Stadtverordneten Kempkes (AfD) zu TOP 19.1 „Antrag der AfD-Ratsfraktion Oberhausen/Rhld. gemäß § 2 der Geschäftsordnung des Rates der Stadt Oberhausen: Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber und Geduldete. (A/17/4537-01).“
Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!
Die Aspekte, warum eine Bezahlkarte nicht gegen die Menschenwürde verstößt und daß ein kommunal finanzierter Finanzmittelabfluß als verdeckte Entwicklungshilfe die Einführung einer solchen Karte sinnvoll erscheinen lassen, habe ich bereits im Haupt- und Finanzausschuß thematisiert. Zur Erinnerung, noch einmal die Größenordnung:
Der Entwicklungshilfe des Bundes in Höhe von 11 Mrd. Euro stehen 6 Mrd. Euro aus kommunalen Haushalten kommend, gegenüber. Auch diese unausgewogenen Geldströme fordern zur Handlung auf und Oberhausen kann einen wirkungsvollen Beitrag zur Eindämmung von Zweckentfremdung sozial motivierter Zahlungen leisten.
Ja, zur Einführung einer Bezahlkarte wird derzeit viel debattiert, jedoch steht keine einzige derzeitige Regelung des Bundes oder des Landes einer solchen Maßnahme auf kommunaler Ebene entgegen.
Unser Antrag ist sehr allgemein gehalten und soll die daraus eventuell resultierenden Maßnahmen der Verwaltung weder einschränken noch vorweg nehmen. Der Antrag setzt hier nur politische Leitlinien und läßt der Verwaltungen alle Freiheiten, ein Konzept zur Umsetzung zu entwickeln. Hier und heute soll eine Grundsatzentscheidung getroffen werden, nicht mehr und nicht weniger!
In der Debatte thematisierte die Verwaltung Schwierigkeiten, ein solches Vorhaben umzusetzen. Jedoch können andere Gemeinden in Deutschland, die willens und fähig waren, eine solche Bezahlkarte einzuführen, übrigens mit steigender Tendenz und nicht nur im Osten, hier Vorbild sein.
Kein Vorbild in der bisherigen Debatte in Oberhausen war bisher Herr Oberbürgermeister Schranz. Während er sich scheinbar mutig klar und aussagekräftig in der Presse für die Einführung einer solchen Karte aussprach, trug er bisher nichts zum Thema in den kommunalen Gremien bei. Auf die versuchte Profilierung als „Macher“, der suggeriert, die Erwartungshaltung mehrheitlicher Bevölkerungskreise umsetzen zu wollen, erfolgte bisher eine Nichtunterstützung des vorliegenden Antrages.
Der Unterschied zwischen angestrebtem Image, Herr Oberbürgermeister Schranz, und tatsächlich erzeugten Realitäten zeigt sich auch hier wieder einmal. Denn Ihre Passivität in der Debatte begründet sich auch dadurch, daß dieser Antrag von der scheinbar „falschen“ Partei getragen wird und sich die selbsternannten Demokraten einer konstruktiven Debatte im Interesse der Oberhausener Bürger verweigern.
Auch deshalb liegt zu diesem Antrag hier kein Änderungs- Ergänzungs- oder Alternativantrag vor. Schweigen im Walde! Man hat sich, wie immer, darauf verständigt, hier ohne Debatte, möglichst schnell und unauffällig diesen Antrag abzuräumen.
Sie, meine Damen und Herren werden hier schweigend folgen!
Danke schön, denn wenigstens in diesem Punkt zeigen Sie eine Haltung!
Anlage 2
Rede des Stadtverordneten Noldus (AfD) zum Tagesordnungspunkt 19.1 „Antrag der AfD-Ratsfraktion Oberhausen/Rhld. gemäß § 2 der Geschäftsordnung des Rates der Stadt Oberhausen: Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber und Geduldete. (A/17/4537-01)“.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete!
Eine Bemerkung zu Anfang: Auch wir, Herr Kollege Karacelik, legen Wert auf die Feststellung, daß wir mit Herrn Oberbürgermeister Schranz politisch nicht zusammen arbeiten.
Am 6. November 2023 gab es eine Konferenz im Bundeskanzleramt mit den Ministerpräsidenten der Länder. Es ging um die Einigung über ein Maßnahmenpaket – Zitat „zur Entlastung der Kommunen und Begrenzung der irregulären Migration“. Es fand unter anderem ein Beschluß statt zur Einführung der Bezahlkarte.
Am 1. März, also vor etwa zwei Wochen, gab es dazu einen Kabinettsbeschluß. Eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes mit dem Ziel, die Aufnahme der Bezahlkarten in den Leistungskatalog zu ermöglichen. Die Pressemitteilung der Bundesregierung brachte dazu folgenden Wortlaut:
„Der Vorteil von Bezahlkarten ist, daß die dort zur Verfügung gestellte Summe nur im Inland ausgegeben werden kann. Dafür also, wofür die Leistungen gedacht sind: für das Leben der Geflüchteten hier.
Gelder für Schlepper oder Überweisungen in das Herkunftsland zu nutzen, ist so nicht möglich.“
[An Herrn Karacelik gewandt:] Ihre Anklagerede können Sie ja direkt an den Bundeskanzler Scholz schicken!
[Zu Frau Bongers (SPD) gewandt:] Dann wissen Sie Bescheid – auch er ist ein Rassist, wenn Sie Ihrem Kollegen folgen.
Die Bundesregierung teilt also mit: Die bisherige Praxis finanziert organisierte Schlepperkriminalität. Und genau deshalb ziehen wir diesen Antrag nicht zurück.
Ich erinnere an eine Pressemitteilung der AfD vom 16. September 2022:Wir haben damals dem Aufnahmestopp für Ukrainer als einzige Fraktion im Stadtrat widersprochen. Damals war das ein Signal an Frauen und Kinder, die vor dem Krieg geflüchtet sind. Und heute ist dieser Antrag ein Signal an die organisierte Kriminalität.
Dezernent Motschull sendet leider andere Signale:
Zum Aufnahmestopp September 2022 war das Signal: Man schlägt Frauen und Kindern, die vor einem Krieg flüchten, die Türe vor der Nase zu.
Und heute das Signal: Wir haben nichts gegen die Finanzierung von organisierter Schlepperkriminalität.
Ein letzter Punkt:
Der Dezernent Motschull hat sowohl im Sozialausschuß als auch im Haupt- und Finanzausschuß das hohe Lied des politisch neutralen Verwaltungsbeamten gesungen.
Nun, der Dezernent Motschull ist kein Verwaltungsbeamter. Verwaltungsbeamte erwerben ihre Qualifikationen unter anderem an den Verwaltungshochschulen. Herr Motschull hat seine Qualifikationen auf SPD-Parteitagen erworben.
Er ist nur ein Genosse, der seinen Willen zum Nichtstun hinter juristischen Argumenten verschleiert.
Vielen Dank!